Derivate: Ein explosives Geschäft

Liebe Leserinnen, liebe Leser, haben wir jetzt eine Währungs- oder Schuldenkrise? Und was ist mit Aktien ? ßber diesenSachverhalt streiten aktuell viele Experten der Finanzbranche. Viele haben ihre eigene Erklärungen und viele steigen durch diesen Wirrwarr, aus Daten und Fakten, auch nicht mehr durch und machen sich einfach keine Gedanken (dies halte ich im übrigen für das Schlechteste, was man machen kann und sollte). Reduzieren Sie sich auf die wesentlichen Punkte.


Gastartikel von Michael Struckmann

Hier einmal meine einfache Sichtweise zu den aktuellen und möglichen Auswirkungen auf die Finanzwelt:

Ich sehe die Krise (bei den Währungen und Schulden) eher, wie das Zifferblatt einer Uhr, welche anzeigt, was die Stunde geschlagen hat. Fünf vor oder fünf nach Zwölf ?

Doch blickt man etwas genauer hinter die Kulissen und beherzigt immer wieder den alten Spruch ß? follow the moneyß? stößt man sehr schnell auf einen anderen Auslöser für die sogenannte aktuelle und oder zukünftige Währungs- bzw. Schuldenkrise.
Sozusagen das Uhrwerk, welches die Zeiger in Bewegung setzt und zeigt wie spät es ist. Es sind die Zinsen (auch mit seinem Zinsesszinseffekts) mit dem weltweiten Zins- und Rentenmarkt.

Doch warum könnte der Zinsmarkt, der Auslöser auch für die nächste Krise werden? (ß?follow the moneyß?) Schauen wir uns dazu die weltweiten Marktkapitalisierungen, in sehr verkürzter Form an. Größter Posten lt. aktueller Statistik sind die Derivate (unter www.biz.org) mit ca. 601 Billionen USD. Nur mal in Zahlen ausgedrückt: 601.000.000.000.000 USD. Von dieser Summe entfallen alleine ca. 465 Billionen USD auf den Unterbegriff: ß?interest rate contractsß? (Optionen, Swaps etc.) sprich Zinsprodukte und Zinswetten. Mir ist schon bewusst, das ein Großteil reine Tauschgeschäfte (Swaps) von ß?nurß? Zinszahlungen sind, ohne das Nominalkapital bewegt wird.

Zweitgrößter Posten in der weltweiten Statistik sind die Rentenwerte (auch Zinsprodukte): Hierschwanken die Werte zwischen 83 und 95 Billionen USD (je nach Quelle und Datum).

Danach kommt sehr lange nichts…. (auch keine Aktien, Gold und was Sie wollen)

Aus diesen Fakten wird sehr schnell deutlich, aus welcher Ecke die nächste Finanzkrise startet oder sich fortsetzt (nicht aus der Währungs- oder Aktienseite) sondern vom Zinsmarkt!
Was passiert, wenn diese riesige Masse erst mal in Bewegung kommt, trotz der darin enthaltenen gegenläufigen Geschäfte?

Verführt durch die niedrigen und fallenden Zinsen wurde diese Schuldenkrise erst möglich und verstärkt. Doch was passiert, wenn die Zinsen wirklich steigen und die ganzen Derivatgeschäfte eingelöst werden müssen ? Bzw. der Zinsstrom sich umkehrt ? Denn ein Teil der Zinsen ist schon von den Finanzinstituten vereinnahmt und ausgegeben…. Es wurden nicht nur die Boni von Spitzenbanker bezahlt, sondern zum Teil Abschreibungen auf faule Wertpapieranlagen retuschiert. Wo sollen jetzt die Finanzinstitute das Geld herbekommen um diese zukünftigen Zinsverpflichtungen auszubezahlen?

Das nachfolgende Schaubild zeigt die deutsche Umlaufrendite, welche seit Anfang der 80 er Jahre sinkt. Alle Marktteilnehmer sprechen seit langer Zeit von erwarteten steigenden Zinsen und eine Absicherung gegen diese. Sprich mit einfachen Swap- oder Optionsgeschäften. Teils werden diese
Geschäfte von den Verbänden und den Aufsichtsbehörden auch eingefordert. Ein weiterer Vorteil ist, das wenig bzw. kein Eigenkapital notwendig ist. Als kritischer Mitbürger muss man sich dann die Frage stellen: ß?Wer geht denn hier die Gegengeschäfte ein ? ß? Sprich, wer kassiert die aktuellen
Versicherungsprämien.

Quelle : www.captimizer.de

Es trifft seit langem eine zu große Geldmenge (welche realwirtschaftlich nicht notwendig ist und nur die Schulden- und Währungskrise verstärkt) auf ein zu geringes Angebot (angefeuert von den Zentralbanken und Regierungen) an sicheren Rentenpapieren. Steigende Nachfrage erhöht die Preise für solche Rentenpapiere und dadurch sinken die Zinsen (die Rendite fällt weiter) auf der Suche nach dem vermeintlich risikolosen Zins.
Besagter Effekt trifft natürlich nur auf ß?erstklassigeß? Schuldner zu. Es wird zusätzlich von vermeintlich unsicheren in sichere Wertpapiere getauscht. Teils auch unter staatlichem Zwang, da von Finanzinstitutionen ein Mindestrating (Qualität) eingehalten werden muss, oder diese
Wertpapiere mit sehr viel weniger Eigenkapital unterlegt werden müssen.

Ein Käufer von Rentenpapieren möchte immer sein Risiko richtig und vernünftig bezahlt haben.
Doch was ist heutzutage richtig? Vermeintlich schlechte Schuldneranleihen werden in (vielleicht auch vermeintlich) gute Anleihen getauscht.

Die Auswirkung, es herrscht ein Ungleichgewicht am Markt für Zinsen. Aber ist es wirklich ein Ungleichgewicht? Oder weisen die Finanzmärkte, den verschiedenen Produkten einfach nur die richtigen Preise zu? Und hiermit kommen selbstverständlich auch die Währungs- und Aktienmärkte zusätzlich in Bewegung.

Es gibt noch größere Bewegungen an den internationalen Finanzmärkten und die Verunsicherung der Marktteilnehmer wird auch stark erhöht.

Zur weiteren Verdeutlichung, möchte ich noch mal kurz auf das Beispiel Zinsswap (da dies der größte Markt mit rund 364 Billionen USD Volumen ist) und deren Funktionsweise für Sie eingehen:

Beispiel:
Bank A möchte sich (oder muss oder soll sich) gegen Zinssteigerungen absichern. Sie schließt mit Bank B einen Festzinszahler Swap ab. Beispielsweise über 5 Mio. ß? nominal, 5 Jahre Laufzeit und auf den 6 Monatseuribor (ein europäischer 6 Monatszinssatz, für den variablen Teil).
D.H. Bank A zahlt halbjährlich und 5 jahrelang einen festgelegten Zins (z.B. 3 %) an Bank B (bezogen auf 5 Mio. ß? nominal, ergibt dies eine jährliche Zahlung von 150.000 ß?)
Bank B zahlt halbjährlich und 5 jahrelang einen variablen Zins (den 6 Monatseuribor z.B. 1,5 %) an Bank A (bezogen auf 5 Mio. ß?, nominal). Also im ersten Jahr 75.000 ß?.

Die Konditionen sind jeweils unter den Teilnehmern frei verhandelbar und werden individuell geregelt. Wichtig hierbei ist, das die Nominalbeträge (in diesem Beispiel 5 Mio. ß?) nicht gezahlt und bewegt werden. Es gibt nur Zinszahlungen.

Dieses Beispiel zeigt, das Bank A im ersten Jahr einen Nachteil (Verlust von 75.000 ß?) von 1,5 % erleidet. Jetzt die spannende Frage: ß?Wo muss der 6 Monatseuribor im nächsten Jahr liegen damit Bank A keinen Gesamtverlust machtßß Richtig bei 3 % (1,5% vom neuen Jahr und 1,5 % Nachteil vom alten Jahr, ohne Zinseszins). Der kurzfristige 6 Monatseuribor (Zins) muss lediglich um 100 % steigen. Doch wie wahrscheinlich ist dies in einer sich abschwächenden Wirtschaft und bei sehr hohen Staats- und Privatschulden?

Hier wird sehr deutlich wie utopisch diese Geschäfte sind, denn wann steigt ein kurzfristiger Zins um 100% innerhalb eines Jahres. In den nächsten weiteren 3 Jahren wird diese Differenz noch viel größer und noch größer, wenn der Zinseszins mit berücksichtigt wird.

Spannend und erschreckend zugleich ist dann nur, wann welcher Teilnehmer zuerst aufgeben muss (weil er z.B. nicht mehr liquide ist). Beziehungsweise nicht mehr in der Lage ist zu existieren und vom Staat (und seinen Steuerzahlern) wiedermal gestützt werden muss.
Denken Sie bitte hierbei immer an die o.g. Summen, dann können Sie hoffentlich abschätzen, was das für Auswirkungen haben kann. Griechenland ist dagegen winzig klein.

Mal schauen, wer das als erster herausfinden wird? Frei nach dem Motto: Der Zinscrash kommt als Zinskomplott und wird als Zinscountdown angezählt. Die Bücher sind in richtiger Form, übrigens sehr gut!

Eine Alternative, der Zins bleibt über Jahrzehnte (wie in Japan) extrem niedrig. Damit ist das Problem zwar nicht behoben, wird aber in die Zukunft verschoben. Das Problem, die Summen für Derivategeschäfte könnten bis dahin weiter steigen und die Situation, in der Zukunft noch
schlimmer machen.

Die Frage nachdem Zeitpunkt kann hier nicht beantwortet werden. Es soll sich nur jeder selber fragen: ß?Wie lange Finanzinstitute vernünftig verdienen können, bei so extrem niedrigen Zinsenßß

Zumal bei niedrigen Zinsen mehr Geld bewegt werden muss (wenn ein bestimmter Währungsbetrag, als Existenzgrundlage, benötigt wird) als bei hohen Zinsen. Das Tempo wird erhöht und die Lage verschlimmert.

Warum lässt man den Finanzmarkt nicht einfach seine Arbeit machen und versucht sich krampfhaft gegen ihn zu stellen? Die Menschen werden früher oder später sich für das ß?guteß? Geld entscheiden, auch gegen Interventionen am Finanzmarkt.

Carpe Diem
© Ihr Michael Struckmann
Kontakt: strucki17@googlemail.com


7 Responses to Derivate: Ein explosives Geschäft

  1. mouldstar sagt:

    diesen artikel find ich auch sehr gut.
    Bankencrash? Ja bitte!
    http://www.buergerstimme.com/Design2/2011-10/bankencrash-ja-bitte/

  2. Was religiöse Menschen verstehen

    „Im Grunde ist Politik nichts anderes als der Kampf zwischen den Zinsbeziehern, den Nutznießern des Geld- und Bodenmonopols, einerseits und den Werktätigen, die den Zins bezahlen müssen, andererseits.“

    Otto Valentin („Warum alle bisherige Politik versagen musste“, 1949)

    Im Jahr 2007 fehlten allein in der Bundesrepublik Deutschland 38 Millionen (noch) arbeitenden Menschen (Zinsverlierer) im Durchschnitt 1200 Euro monatlich an ihrem vollen Arbeitsertrag, um für 4 Millionen Geld-, Sachkapital- oder Bodenbesitzer (Zinsgewinner) mit höchst ungleicher Verteilung ein (leistungsloses) Kapitaleinkommen von insgesamt 550 Milliarden Euro zu erarbeiten. Wie es der (halbwegs zivilisierten) Menschheit gelingen konnte, nach dem 2. Weltkrieg (letzte umfassende Sachkapitalzerstörung, um den Zinsfuß hochzuhalten) noch so lange zu überleben, ist überraschend, nicht die „Finanzkrise“ (beginnende globale Liquiditätsfalle nach J. M. Keynes, klassisch: Armageddon).

    Die Beendigung der „Finanzkrise“ durch den eigentlichen Beginn der menschlichen Zivilisation (Natürliche Wirtschaftsordnung) ist keine Frage der Politik, sondern der Religion, weil nur religiöse Menschen (Untertanen) ihre (sinnfreie) Existenz ß? von einem (zwangsläufigen) Krieg bis zum nächsten ß? in einer kapitalistischen Marktwirtschaft (Zinsgeld-ßkonomie, zivilisatorisches Mittelalter) ertragen können. Denn sie wissen weder, wozu es Politik und Religion überhaupt gibt, noch können sie die Worte in den Klammern verstehen und wollen sie auch gar nicht erst verstehen. Das Einzige, was sie eventuell schon jetzt verstehen, ist, dass der Krieg nur solange der Vater aller Dinge sein konnte, wie es noch keine Nuklearwaffen gab:

    http://opium-des-volkes.blogspot.com/2011/08/die-7-plagen.html

  3. Der 4. Weg sagt:

    Es ist gut, dass die Menschen so langsam gegen diese Tricksereien anrennen.

  4. zeitzeuge sagt:

    selbst bei einem moderaten Unterschied von 1% ergibt sich ein Versicherungsverlust von 6 Billionen im Jahr.

    Es ist aber ein Buchverlust für die Bank A

    Wer genau ist die Bank B ßßßß

    Die Macht im gleichen Zeitraum einen Buchgewinn von 6 Billionen !!

  5. Frank H. sagt:

    @2. Dein beissender Kommentar gefällt mir. d^^b

  6. badhofer sagt:

    Auf einem Planeten, der selbst nicht wächst, führt ein System, das auf Wachstum aufgebaut ist, früher oder später in allen Bereichen in eine fundamentale Krise.

  7. […] Derivate: Ein explosives Geschäft – Liebe Leserinnen, liebe Leser, haben wir jetzt eine Währungs- oder Schuldenkrise? Und was ist mit Aktien ? ßber diesenSachverhalt streiten aktuell viele Experten der Finanzbranche. Viele haben ihre eigene Erklärungen und viele steigen durch diesen Wirrwarr, aus Daten und Fakten, auch nicht mehr durch und machen sich einfach keine Gedanken (dies halte ich im übrigen für das Schlechteste, was man machen kann und sollte). Reduzieren Sie sich auf die wesentlichen Punkte. (infokriegernews.de) […]

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