Mit einem Hauch von Nichts

Mein Trip nach Berlin hatte einiges für mich zu bieten. Mein Sohn begleitete mich und so entschloss ich mich, entgegen meiner üblichen Gewohnheiten einmal in einem Hostel zu buchen. Diesen wird nachgesagt, jugendfreundlicher zu sein. Meine Erinnerungen an Hostels waren sehr vernebelt und ich dachte mir, so schlimm kann es schon nicht werden. Ein Irrtum wie sich herausstellte. Noch heute habe ich mit den Nachwirkungen dieser Nacht zu kämpfen.


Wer aufgrund der ßberschrift nun denkt, es hätte sich ein Model mit einem Negligé auf unser Zimmer verirrt, dem kann ich sagen, nein das war es nicht.

Nach einem schönen Bummel durch die Hauptstadt und einem fast mitternächtlichen Burger von Hamburger Heaven, machten wir uns auf, um die Nachtruhe zu genißen. Am nächsten Tag wollten wir ja ausgeruht sein.

Zur kurzen Erklärung, daheim habe ich zwei wundervolle Daunenkissen in der Benutzung, soviel nur kurz vorweg. Der Hauch von nichts bezog sich auf das Kissen, welches ca 2-3 cm dick war und diese 2-3 cm waren auch noch knüppelhart. Wollte ich wenigstens eine Annäherung an meine übliche Schlafposition erreichen, musste ich also den Hauch von nichts solange falten, bis er die Größe eines Bierdeckels hatte. Dann war es nur noch marginal von einem Betonklotz zu unterscheiden. Gott sei dank war die Temperatur draußen bereits über der 10°C Marke denn auch die Decke war eigentlich eher ein Bezug mit einem übergroßen Handtuch darin.

Nachdem wir also mit ausgefeilter Origami-Technik das Kissen irgendwie zurecht gefaltet bekamen und uns mental auf eine nicht ganz bequeme Nachtruhe einstellten, begann der Horror eigentlich erst richtig.

Gefühlt würde ich sagen, das gesamte Partyvolk Europas hatte sich in diesem Hostel eingefunden, um die Osterferien ordentlich abzufeiern. Aus welchen Etagen die Bassröhre hämmerte, war nicht zu ergründen, jedoch drang das dumpfe hämmern des Basses bis in die letzte Ecke unserer Körper.
Einen positiven Effekt hatte das Ganze, mein Sohn verstand nun endlich, warum wir ihn Nach 22.00 Uhr bitten den Bass von seinem Teufel-Boxensystem runter zu drehen.

Irgendwann gegen 3.00 Uhr geplagt von Sodbrennen, sah ich das letzte mal auf die Uhr, danach litt ich einfach schweigend und Zeitlos weiter, ich hatte das Durchhaltevermögen der Partykids eindeutig unterschätzt.

Da um 9.00 Uhr der Interviewtermin war und wir noch Technik aufbauen mussten, war der Wecker auf 7.00 Uhr gestellt. Als er klingelte, war das wie tausend Nadelstiche direkt ins Hirn, aber was hilft es, ich musste aufstehen. Ein Blick in den Spiegel offenbarte mir, ich hatte mich nicht geirrt, das war kein Traum. Ich sah aus wie ein Klebstoff schnüffelndes Monchhichi.

Da ich üblicherweise in Hotels nächtige, hatte ich logischerweise weder Duschgel noch einen Fön dabei, Hostels sind da etwas…sagen wir einfach rudimentärer ausgestattet 😉
Zumindest bekamen wir beim Check In jeder ein Handtuch an der Rezeption, so war zumindest eine heiße Dusche drin.

Platt wie Hupe machten wir uns auf den Weg und selbst mein Sohn der kurze Nächte wesentlich besser verkraftet als ich, machte keinen wirklich fitten Eindruck.

Nun kommt es richtig dicke. Wir schleppten das Equipment in die Location und begannen mit dem Aufbau. Pünktlich kurz vor 9.00 uhr war alles fertig. Es wurde 9.00, kein Richard Sulík in Sicht, es wurde 10.00 Uhr und auch hier war der Hauch von Nichts zu spüren. Ich durchforstet mein Mobil nach der Nummer von Herrn Sulík, Fehlanzeige, offenbar hatte ich seine Nummer nie gespeichert.

Da ich ein Mensch der Tat bin, rief ich die slowakische Botschaft an, seine Partei in Bratislava etc, überall Fehlanzeige. Dann kam ich auf die Glorreiche Idee ihm eine Email zu schicken, über das Kontaktformular seiner Webseite. Gegen 10.30 Uhr klingelte dann mein Telefon und Herr Sulík war dran. Was ich dann zu hören bekam, werden Sie nicht glauben.

„Herr Blecker, ich bin doch am 10.Mai in Berlin, das hatte ich Ihnen doch in der ersten Mail mitgeteilt.“ Ich war also einen ganzen Monat zu früh dran, dass nennt man dann wohl „überpünkltich“ 😀

Da ich für die Dokumentation etliche Termine habe, bin ich da offensichtlich ein wenig durcheinander gekommen, was soll es, das Beste draus machen, war meine Devise. Gesagt getan, so habe ich noch Daniel Neun von Radio-Utopie angerufen und ein durchaus interessantes Interview geführt, so dass der Besuch in Berlin nicht mit einem kompletten Hauch von Nichts endete, hier noch einmal Danke an Daniel für die spontane Zusage.

Auf dem Rückweg hatten wir dann noch kurz eine Sperrung auf der A2, ungefähr 200m vor uns landete ein Rettungshubschrauber, um Insassen eines KFZ zur Hilfe zu eilen, welches von der Autobahn auf direktem Luftwege bis in zwei Bäume gekracht war. Nach einer verhältnismäßig kurzen Unterbrechung ging es dann weiter Richtung Heimat.

Auf das Interview mit Herrn Sulík werden Sie sich also noch ca einen Monat gedulden müssen, meine lieben Leser. Geduld ist eine Tugend 😀

Carpe diem


10 Responses to Mit einem Hauch von Nichts

  1. kaphorn sagt:

    gegen sodbrennen hilft kaisernatron, ideal auch als deo…:-)

  2. Lucy Sky sagt:

    @Jens
    Trotz dem du mir sehr leid tust, habe ich mich doch beim Lesen deines Abenteuers ausgesprochen koestlich amuesiert! Schoen geschrieben!

  3. Frank H. sagt:

    Manchmal lohnt es sich GZSZ zu schauen. *lol*
    Weil eine Zeit lang spielten diverse Szenen und Folgen auch in einem Hostel. *ggggggg*
    Lerneffekt: Paaaaaaaaaartiiiiiiiiiiiiiiiiiie

    Nunja, learn it by test it.

    Angenhemen Schlaf auf heimischer Nachtstatt.

  4. Evey sagt:

    Oh mein Gott, ich muss immernoch lachen.
    Man sollte sich ja nicht auf Kosten Anderer amüsieren, aber dass wir das nun tun, daran bist du sicher nicht ganz unbeabssichtigt, mit schuld. Toll geschrieben, wirklich. Mach doch solche Reisen bitte öfter, dann haben wir hier zwischen den ganzen ernshaften Themen mal was zu lachen.
    Ich hoffe, dass ihr diesen Trip überlebt habt und unsere Hauptstadt öfter besuchen kommt. Eigentlich ist sie doch ganz schön oder?

  5. Jens Blecker sagt:

    Ich muss gestehen, obwohl ich mich fühle wie ein ausgelutschter Sack voll Reis, muss ich selber auch lachen, wenn ich es jetzt mit einem gewissen Abstand lese 😉 Daher kein Problem 😀

  6. Apophyllit sagt:

    Frei nach Douglas Adams: Unterschätze nie die Bedeutung eines guten Handtuchs. Das kann man wauch zusammenknuddeln und als Kissen verwenden.

    Da ich öfter auf Geschäftsreisen unterwegs bin, weiß ich, welch lausigen Standard manche Hotels offenbaren. Es ist ein einziges Grauen, die Fassade ist vielleicht noch schön gestaltet, doch sobald man unten an der Rezeption eingecheckt hat und sich damit einverstanden erklärt, alles brav zu zahlen, erwischt einem oben im Zimmer nur zu oft das kalte Grauen.

    Jens, Deinen Artikel fand ich sehr kurzweilig, jetzt verstehe ich noch mehr, was Du alles erleiden musst, damit wir hier spannende Artikel zu lesen bekommen. Ich finde, es wird allerhöchste Zeit, ein Konto für Dich einzurichten. 🙂

    Und dass Du Dich im Monat geirrt hast kann bei dem, was Du um die Ohren hast, schnell passieren. Ich wünsche Dir jetzt eine erholsame Zeit – und freue mich natürlich trotzdem wieder auf den nächsten Artikel. 🙂

  7. Uriel sagt:

    Oh Mann…armes Tuk Tuk!
    Nimm ersma ne Mütze Schlaf Cheffe 😉

  8. Mr Mindcontrol sagt:

    Also im Augenblick ist Berlin Mitte eine einzige Baustelle wo sich in den nächtsten Jahren nichts ändern wird, auch Straßenbau ist immer noch schlimm.
    Berlin ist seehr unterschiedlich, ist aber als Weltstadt im Vergleich insegesamt sehr grün.
    Tja, die Touristen, wenn ich als Einheimischer Berliner mit dem Fahrrad durch Mitte fahre komme ich mir fast vor wie ein Affe im Zoo. 😉 Kreuzberg hat auch eine Kampagne gegen den Tourismus gestartet mit Aufklebern wo das Herz von „I love Berlin“ durchgestrichen ist.
    Selbst im Wedding sehe ich junge Briten beim Einkaufen von Bier!

  9. Newsticker2012 sagt:

    @Cheffe

    Lass mal wieder alle 5 grade sein…trocken wie immer.
    Aber auch ein Herr Sulik erinnert sich gern an dich…beim richtigem Termin 😉

  10. Irmonen sagt:

    erinnert mich an meine Nachtdienste, da ist das Kissen im Dienstarztzimmer auch so hauchdünn und das Problem kenne ich – muss mir mal ein Origamie Buch kaufen, guter Tipp!

    ich habe da schon mal meinen Mantel gefaltet druntergelegt, dickere Jacke ginge auch, oder gleich alles was man so zum Anziehen hat….als Tipp fürs nächste mal.

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