Die Wirtschaft im Sinkflug, die Börse feiert

Gestern war von den Nachrichten her eigentlich eher ein schwarzer Tag. Der Börse im Freudentaumel konnte das natürlich nichts anhaben. Wenn ein Sentiment-Indikator angibt dass die Einkaufsmanager bester Stimmung sind, geht das Börsenthermometer durch die Decke, wenn die Realdaten dann zeigen das daraus nichts wird, wen juckt es? Wann wird das große Erwachen kommen und die Realität mit voller Wucht in das Tagesbewußtsein eindringen? Eines ist offensichtlich, einen Grund zum feiern gibt es eigentlich nicht.


Es ist erstaunlich, wie faktenresistent sich der Markt gestaltet, realitätsfremder geht es eigentlich kaum. Der Dow erklimmt neue Höchststände und auch der Rest fährt im Schlepptau mit. Es wird ja auch nicht die Wirtschaft gefeiert, sondern die extrem lockere Geldpolitik. Ein Blick auf die Wirtschaft macht eher einen düsteren Eindruck.

Der Musterschüler der EU-Rettungsorgie steht schweren Zeiten gegenüber. Irland hat sich konsequent gegen die Plünderung durch die Troikaforderungen gewehrt und doch wird Ende 2013 die Luft dünn. Dann nämlich läuft das 68 Milliarden schwere Rettungsprogramm der EU aus und man soll sich an den Kapitalmärkten wieder selbst refinanzieren. Ob das gelingen wird, vor allem in der bis dahin ausufernden Krise ganz Europas, darf bezweifelt werden. Immerhin besteht ja noch die Möglichkeit, sich wie im Januar 2011 über die Emergency Liquidity Assistance (ELA-Kredite) selbst zu finanzieren. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit könnte der EZB-Rat das zwar untersagen, aber das hat er bisher noch nicht gemacht. Wirft man einen Blick auf die Mitglieder des EZB-Rats, erscheint das auch eher unwahrscheinlich, denn dort gibt es ja noch weitere Aspiranten für diesen Taschenspielertrick.

In der Welt gibt es zu Irland einen Interessanten Artikel unter dem Titel: „Die Troika hinterläßt in Irland nur Ruinen

Frankreich

Gestern gab es dann auch wieder schlechte Nachrichten vom größten Sorgenkind in Europa, Frankreich. Die Arbeitslosenquote erreicht den Höchststand, die Nachricht. Die symbolische Grenze von 10 % wurde überschritten und das trotz der bekannten „Begradigungen“. Über einige weitere Wirtschaftsdaten hatten wir vor einigen Tagen bereits berichtet. Immerhin „erwartet“ die Europäische Kommission für 2013 noch ein „moderates Wachstum“ von 0,1 % und wie das mit diesen Erwartungen ist, kennen wir ja bereits.

Immerhin kommt in dem Beitrag der Welt auch ein pessimistischer „Experte“ zu Wort, dieser Verkündet:

„Wirtschaftskrise: Arbeitslosigkeit in Frankreich auf Rekordstand
Die heute veröffentlichten Zahlen scheinen darauf hinzudeuten, dass sich die vor ungefähr zwei Jahren begonnene Tendenz fortsetzen wird“, urteilt er. Seiner Meinung nach dürfte die Arbeitslosenquote in diesem Jahr auf 11,5 Prozent steigen.[1]

Wie in weiten Teilen Europas, steigt auch die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich auf immer neue Höchststände, mit 25,7% der schlimmste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen, jedoch noch gering im Vergleich mit Spanien oder Griechenland.

USA

Bei den USA reicht es zu einem Dreizeiler, die US-Wirtschaft ist zum Ende 2012 so stark gesunken wie seit vier Jahren nicht, aber „dürfte“ zu Beginn des laufenden Jahres wieder mehr Fahrt aufgenommen haben, postuliert Reuters.[2] Das ist genau jenes Sentiment, welches im oberen Teil des Artikels angesprochen wird. Die Realdaten sind zwar eine Katastrophe, aber „vermutlich, gefühlt, nach Meinung von Experten“ wird nun alles besser. Wie kreativ man dann zu Werke gehen kann, wenn die Daten einfach nicht aus der Kabine kommen wollen, zeigt der Armutsbericht für Deutschland.

Deutschland

Auch für uns gab es gestern schlechte Nachrichten. Die Industrie schwächelt entgegen der Meinung befragter Ökonomen. Besonders rasant abwärts ging es mit Aufträgen in der Europäischen Union. Wer kann schließlich auch als Ökonom damit rechnen, dass entgegen der „Softindikatoren“ die schuldengeplagten Staaten nicht weiter mittels Pump auf Einkaufstour gehen? Reuters schrieb dazu:

Fehlstart ins Jahr -Industriefirmen brechen Aufträge weg
Insbesondere die schuldengeplagten Staaten der Euro-Zone bestellten deutlich weniger Waren „Made in Germany“. Der Umfang an Großaufträgen fiel zudem stark unterdurchschnittlich aus.
[…]
Besonders deutlich gingen die Orders aus der Euro-Zone mit 4,1 Prozent zurück.
[…]
Der Markit-Einkaufsmanager-Index für die deutsche Industrie signalisiert allerdings, dass diese im Februar wieder leicht gewachsen ist. Der Ifo-Geschäftsklima-Index hat sich vier Monate in Folge aufgehellt.[3]

Da sind sie wieder unsere Sentiments. Offensichtlich haben die „Einkaufsmanager“ nichts von der Studie gelesen, dass Pessimisten länger leben, andererseits ist der Berufsoptimismus deren Job, also verständlich. Für diesen Artikel wählte ich einige exemplarische Nachrichten von gestern aus um zu zeigen, das eigentlich nicht wirklich alles in Butter ist. Dem Dow-Jones oder Dax können solche Fakten natürlich nichts anhaben, den 8000er nimmt man heute im Dax aus vollem Lauf. Vermutlich fragen Sie sich, wann wird diese Rally ein Ende haben und da kann ich Ihnen nur sagen, das frage ich mich auch. Seit die Realität nichts mehr mit den Märkten am Hut hat, ist es ein Gestocher im Nebel. Eines ist sicher, irgendwo muss das viele Geld hin und man will Profite erwirtschaften, daher gilt nur eine Regel: Nichts ist unmöglich.

Carpe diem

[1] http://www.welt.de/wirtschaft/article114224061/Arbeitslosigkeit-in-Frankreich-auf-Rekordstand.html
[2] http://de.reuters.com/article/economicsNews/idDEBEE92603P20130307
[3] http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE92603020130307


15 Responses to Die Wirtschaft im Sinkflug, die Börse feiert

  1. Janu sagt:

    Zumindest daß der US-Aktienmarkt steigt, ist absolut logisch: Jeden Tag pumpt die FED 4 Milliarden Dollar in die Börse!
    Siehe die beiden Videos auf http://investmentwatchblog.com/bidermans-daily-edge-why-stocks-are-rising-even-as-economy-slumps/ .

  2. Jens Blecker sagt:

    New York’s Homelessness Worst Since The Great Depression
    (New Yorks Obdachlosenzahlen: Die schlimmsten seit der großen Depression)

    http://www.zerohedge.com/news/2013-03-05/new-yorks-homelessness-worst-great-depression

  3. Schwarzblut sagt:

    Naja, ersetze Erde durch Wirtschaft und Raumschiff durch Börse, dann kommts hin 😉
    http://www.youtube.com/watch?v=Ql4kaofJ02c

    Wie gesagt, ich hab den Verdacht das der Börsenhöhenflug mit Nordkorea zusammen hängt…denn was würden die Börsen bei einen Waffengang in Nordkorea, vermutlich einhergehend mit nuklearer Explosion machen?
    Ins Bodenlose fallen da die Eliten die ganzen Gewinne mitnehmen werden und die Kleinanleger somit alles verlieren werden…die Eliten werden dann in Gold und Silber anlegen…Aktionmarkt am Boden, Edelmetallevöllig losgelöst vom Rest…

    Hab bei der ganzen Scheiße momentan echt ein ungutes Gefühl…

  4. Konjunktion sagt:

    Passend dazu auch der „positive“ FED-Stresstest für amerikanische Banken:

    http://konjunktion.info/2013/03/fed-stresstest-krahen-unter-sich/

    Oder das „tolle“ Allzeithoch des Dow Jones in Kombination mit der Druckerpresse:

    http://konjunktion.info/2013/03/liquiditatsdruck-und-das-allzeithoch-des-dow-jones/

    VG

  5. […] viaDie Wirtschaft im Sinkflug, die Börse feiert | IKNews. […]

  6. Frank H. sagt:

    Kann man das Szenario unter „Helikopterpiloten“ Ben und Draghi in Aktion zusammenfassen?

  7. Gutmensch sagt:

    In der Luftfahrt gibt es eine Eiserne Regel:
    Runter kommen sie alle wider.
    Nur wer hat außer den Piloten noch einen Fallschirm?

    Mich wundert es nicht, dass die Börsen gerade so gut dastehen.
    Wenn schlechte Zeiten aufziehen, floriert zu Beginn doch immer das Glücksspiel.
    Später gibt sich das dann ganz von selbst.

    Wenn die Superreichen alle ihre Schäfchen im Trockenen haben, dann werden sie das Kartenhaus schon zusammenbrechen lassen.

  8. EuroTanic sagt:

    Weiss jemand welche „Firma“ die „Börsensoftware“ geschrieben hat, überwacht und wartet?

  9. Gutmensch sagt:

    Das ist eine gute und berechtigte Frage.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgend ein Unternehmen so einen Auftrag bekommt, nur weil sie gut Programmieren können.
    Dazu gehört auch die „richtige Einstellung“.
    Ich glaube nicht, dass die Hochfinanz sowas aus der Hand gibt.
    Für sowas haben die bestimmt ihre eigenen Superloyalen Schergen.

  10. Wachtraum sagt:

    @EuroTanic

    Wahrscheinlich die selben Programmierer die sich um die Wahlkisten kümmern. 😉

  11. wir lassen uns hier schon mal gar nicht „blenden“

    der rest ist gerechnete dividende – versprochen in der zukunft versteht sich natürlich 😉

  12. Ehrliche Haut sagt:

    Börse ist nicht gleich Wirtschaft…

    „Lustig“ ist folgendes:
    Wer wissen will, wie es der Wirtschaft tatsächlich geht, der schaue einfach die Rekrutierungszahlen z.B. der U.S. Army an.

    Geht es der Wirtschaft schlecht, freut sich die U.S Army.

    Die U.S. Army hat seit langem wieder mehr Bewerber als sie braucht.
    Zwar wurden die Standards geändert:
    Höchstalter wurde heraufgesetzt, keine unbeschränkte Aufenthaltserlaubnis auf der Green Card mehr notwendig – ABER den Durchbruch für die Rekrutierungszahlen schaffen Kriegspause und vor allem die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse.

    Man muss nur wissen, wohin man schauen muss, dann weiß man, wie es unabhängig von Bürsengtue und ähnlichem Gedings tatsächlich um die Welt und Wirtschaft bestellt ist.

    Ich verfolge den weltweiten Militarismus seit Jahren und sage – da kommt was auf uns zu UND ich freue mich darauf, dann hat das ganze ignorante Gehabe endlich ein Ende. Eine Säuberung tut Not – wer nicht hören will der fühlt. Und mich will niemand – warum soll ich den Rest haben wollen? Ich ernte ständig Tritte in den Arsch – und warum soll es den Anderen besser ergehen als mir? Ihr ignoriert mich, ihr scheißt auf mich und ich scheiße auf den Rest – wie der Hund aufs Straßenpflaster. Recht so!! Ich sehne mich geradezu nach einer Atombombe, die mir die Russen auf den Kopf schmeißen und wenn ich dann exkarniert bin, trete ich als erstes Jesus Christus in den Arsch und danach dem Rest der heiligen Trinität Gottes UND ich weiß wovon ich rede! Ihr habt keine Ahnung wer oder was Gott ist und was es bedeutet absolut zu lieben.
    Satan und dem Nachfolher Luzifers trete ich nicht in den Allerwertesten, die haben Gott lediglich beim Wort genommen und entsprechend der Beweisführung Gottes „herausgefordert“ und was macht die heilige Trinität Gottes?
    Die Hierarchie zur Rechten bescheißt genauso wie die Hierarchie zur Linken, denn wenn die Wahrheit Gottes herauskommt, dann spielt kein Mensch mehr mit. So wie ich auch nicht mehr – nur dass Euch das zu hoch ist und Ihr nicht kapiert was hier für ein Spiel zwischen der Hierarchie zur Linken und Hierarchie zur Rechten gespielt wird. Die Menschen, sorry -Mensch-Menschen, sind der Spielball und das Objekt hinsichtlich der Frage:
    Hat Gott recht oder hat Gott sich in der eigenen Erkenntnis über das Leben geirrt?
    Diese Frage wird nun auf dem Rücken der Menschen ausgetragen – seit Anbeginn, mit der Begründung der Polarität ist diese Beweisführung Gottes lediglich ABSOLUT geworden – den Preis bezahlt die Menschheit.

    Aber mich will ja niemand, das heißt, DOCH! Die heilige Trinität Gottes will mich und QUI BONO? Mir oder der heiligen Trinität Gottes?
    Aha – ich bin in Euren Augen durchgeknallt c’est la vie.
    Wer nicht begreift, der wird jäh eingeholt werden – von der Wahrheit natürlich. Aber die wollt ja selbst ihr nicht, weil Ihr mich nicht wollt. Nur Ignoranz erwartet mich – wetten?

  13. Pappnase sagt:

    Wenigstens „Einem“ kann man derzeit ewiges Wachstum bescheinigen, dem DAX.

    Die Sektkorken werden schon in Frankfurt knallen, wenn der „neue“ Record verkündet werden kann.
    Da bleiben noch nicht mal Hühneraugen zu.

    Der gute alte Wilhelm Busch wird aber recht behalten:

    Aber wehe,wehe, wenn ich auf das Ende sehe ….
    Das Doping machts.

  14. sacht mal – wer macht hier eigentlich die ganzen dislikes rein – Spielverderber? (Y)

  15. Janu sagt:

    Eine derart langanhaltende Rally hatten wir zuletzt 1996.

    Wie bei Ausbruch der Börsen- und dann Weltwirtschaftskrise 1929 wird auch jetzt wieder wie wahnsinnig AUF KREDIT spekuliert: http://www.counterpunch.org/2013/03/12/dow-sets-record-on-feds-qe/ .

    Die FED gibt den Banken monatlich Kredit in Höhe von $ 83 Mio. für die Börsen-Zockerei heraus (Siehe: http://investmentwatchblog.com/bidermans-daily-edge-why-stocks-are-rising-even-as-economy-slumps/ ).
    .

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