Volkswagen: Nun wankt der Platzhirsch

Lange schien sich der größte Autobauer des Kontinents dem Abwärtssog zu entziehen, während der Rest der Branche am Ächzen war. Die Zulassungszahlen in ganz Europa sind unterirdisch, nach den ganzen Abwrackprämien und der daraus resultierten Nachfragekompremierung auch nicht unbedingt unerwartet. Einige Automobilkonzerne haben die Zahlen noch eine Weile via so genanntem „Channel-Stuffing“ geschönt, doch auch an der Stelle ist natürlich irgendwann die Grenze erreicht. Nun veröffentlichte Zahlen von VW geben Anlass zur Sorge, der Gewinneinbruch ist dramatisch.


Der Volkswagenkonzern gehört zu den drei weltgrößten Autoherstellern und strebt weiter nach der Krone. Erst kürzlich teilte das Unternehmen mit, dass man den Wachstumskurs nicht halten könne und nun in Richtung von China und Brasilien blickt. Diese Rechnung jedoch sollte man nicht ohne den Wirt machen, an dieser Stelle haben sich schon ganz andere Konzerne eine blutige Nase geholt.

Die Chefetage dürfte recht hektisch auf dem Stuhl hin und her gerutscht sein, als man darüber debattierte, wie man die neuesten Zahlen am besten präsentiert. Zu verkaufen ist gut, aber Aktionäre interessiert leider nur der Gewinn, das wissen natürlich auch die Verantwortlichen.

Im ersten Quartal brach das Ergebnis nach Steuern um sagenhafte 38,2 % zum Vorjahr ein, auch wenn sogar mehr Autos ausgeliefert wurden, als im Vorjahreszeitraum. Bei 4,2 Millionen ausgelieferten Fahrzeugen – hier spricht man sehr wahrscheinlich absichtlich nicht von „verkauften“ – sank der Umsatz um 1,6 % auf 46,6 Milliarden Euro. Für die Märkte war das in dem schweren Umfeld noch ein Grund zum Feiern und so legte die Aktie trotz der enttäuschenden Zahlen um fast 3 % zu.

Wie lange sich der Konzern noch mit Maßnahmen, die einem Hütchenspiel gleichen, dem allgemeinen Abwärtssog entziehen kann, ist nicht klar abschätzbar, jedoch sollte man sich durchaus auf weitere schlechte Nachrichten aus Wolfsburg einstellen. Martin Winterkorn hat zumindest den Vorjahresgewinn als Ziel angepeilt, ob jedoch diese 11,5 Milliarden Euro zu erzielen sind, wird sich noch zeigen.

Ein sehr deutliches Bild, wie es um die Automobilbranche in Europa steht, zeigt ein Chart von Querschuesse.de

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Volkswagen selbst gab an, „man könne sich dem intensiven Wettbewerb und den daraus resultierenden Belastungen nicht vollständig entziehen.“ Man sollte jedoch bei dem „Licht am Ende des Tunnels“ überprüfen, ob es sich nicht um einen „entgegenkommenden Zug“ handelt. Wie so häufig greift auch an dieser Stelle wieder die besterforschte Naturwissenschaft der Welt, die Mathematik. Natürlich konnte VW Mithilfe von Porsche und einigen Kniffen noch eine Weile glänzen, vielleicht aber hätte man besser daran getan, sich auf die schweren Zeiten vorzubereiten, anstatt die Anleger mit einer Flasche Honigmilch – heimlich mit Wodka gestreckt – zu beruhigen. Die Taktik „Lullaby“ ist sehr gefährlich und könnte sich in Kürze mit fatalen Konsequenzen rächen. Reiner Absatz kann kein Unternehmen auf Dauer zufriedenstellen, vor allem, wenn man auf derart großem Fuße lebt wie VW.

Carpe diem

Bildquelle: Wikipedia – High Contrast


9 Responses to Volkswagen: Nun wankt der Platzhirsch

  1. zeitzeuge sagt:

    Stellt Euch vor, dass ein hersteller aus dem fernen Osten Autos anbietet, die nur 1/3 bei gleicher ausstattung Kosten, und darauf eine Garantie auf 7 jahre ohne Kilometerbegrenzung gibt, inklusive Wartung in diesen 7 Jahren.

    Vielleicht wird vor diesem Hintergrund einiges klarer.

  2. Nullrunde sagt:

    Wer soll den auch die ganzen Autos in Europa / Deutschland kaufen ???
    Etwa die Millionen Geringverdiener mit 5 bis 8 EUR Stundenlohn, die Arbeitslosen ? Die Normalverdiener, die zusehen müssen das Sie noch die Miete und die ständig steigenden Energiepreise und Abgaben aufbringen können ??

    Aber das weiß VW selbst auch, daher sind für die deutschen Autobauer, auch allgemein, nur noch die Märkte in Asien/USA und Südamerika, wirklich relevant. Dort werden auch reihenweise neue Autofarbriken aus dem Boden gestampft.

  3. EuroTanic sagt:

    Seit 150 Jahren hat sich das Prinzip des Verbrennungsmotors nicht verändert. Was soll das für eine Technik sein? Was reden die von Innovationen? Das Prinzip des PKWs ist so wie es ist vollkommen überholt. Daran ändert auch nichts der Hybridmotor, der Elektromotor, der ja Strom erhält, der auch durch Primärenergie erzeugt werden muss…
    Wirklich Neuerungen müssen her.

  4. Tester sagt:

    Hallo EuroTanic,

    Lass es dir von einem Motorenentwickler sagen – wenn man keine Ahnung hat, sollte man… den Rest kennst ja. Was du sagst ist leider totaler Unfug. Es gab und gibt unzählige Innovationen unter der Haube, nur nimmt sie ein Laie (was 99% der Kunden/Fahrer nun mal sind) einfach nicht wahr.

    Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit und Technik rein gehen, nur um den Verbrauch um magere 2-3% runter zu kriegen.

  5. Tester sagt:

    Klar, das würde ich auch machen, wenn ich versuche, mich in einen neuen Markt rein zu drücken. Aber die zahlen dafür drauf, das ist der Preis dieser Politik. Langfristig nicht zu halten, auch nicht für Asiaten.

  6. motman sagt:

    Hallo Tester,

    dein Kommentar ist typisch für denjenigen, der damit auch sein Geld verdient! Und du verdienst bestimmt nicht schlecht, oder?
    Ist es das denn wirklich wert? 2-3% (PROZENT!!!) weniger Verbrauch für ein vollgestopftes Auto, bei dem der „Laie“ nicht mal mehr in der Lage ist eine Glühbirne zu wechseln und deshalb teures und größtenteils hart verdientes Geld in einer Werkstatt lassen darf?
    Irgendwann ist jeder Markt gesättigt und ich kenne keinen der zwei oder drei Autos zeitgleich fahren geschweige denn sich das überhaupt leisten kann. Und auch auf eine weitere Abwrackprämie wird Otto Normalverbraucher hoffentlich nicht mehr reinfallen. Die war eh nur für ein bestimmtes Klientel interessant, ist aber ein anderes Thema.
    In diesem Sinne wünsche ich dir guten Appetit beim Verspeisen von Ventildeckeldichtungen, denn soweit wird es kommen :-).

  7. Tester sagt:

    Was für ein kindischer Kommentar 😀 Du ich habe schon immer mit Technik mein Geld verdient, mit der Firmenpolitik habe ich absolut nichts zu tun, höchstens wenn sie mich einschränkt in meinem Wirkungsradius dank irgendwelchen Verordnungen etc. Was meine Bezahlung damit zu tun haben soll verstehe ich jetzt nicht ganz, die war früher und wäre auch jetzt ziemlich identisch, ob ich Autos oder Kühlschranke oder Verstärker oder PC-Komponenten entwickle. Der neidische Unterton sagt nur aus, dass du ein perfektes Opfer der hegelschen Dialektik der Eliten bist, ohne es überhaupt wahr zu nehmen.

    Du glaubst doch nicht im ernst dass es die Hersteller sind, die neue Features in den Autos wollen? Es sind IMMER die Kunden und zwar die, die sich Oberklasse-Kisten kaufen. Das ganze regnet dann langsam runter in kleinere Modelle, weil es dann jeder Idiot auch haben will. Sprich, wir alle sind mehr oder weniger selber schuld.

    Von der anderen Seite, die da draussen keiner kennt und wahr nimmt, ein riesiger Druck kommt vor allem von der „grünen“ Gesetzgebung in diversesten Ländern, vor allem USA und EU, aber auch z.B. Korea mit eigenen sachen usw.

    In diesem Sinne, ich hoffe ich konnte dir zu etwas besserem SACHLICHEN Verständnis verhelfen. Was deinen Glauben bzgl. „leben-wie-Made-in-Speck“ in meiner Branche betrifft, da kann ich nur lachen XD Das gilt für die Vorstände, wenn ich Handys machen würde oder Software für iPhones, würde ich deutlich mehr verdienen. Darum ging es mir aber nie, sonst wäre ich Anwalt oder Politiker geworden.

  8. die aktuelle Kamera sagt:

    HYBRID, darin sehe ich die Zukunft.
    50 Kilometer mit dem Elektromotor fahren, danach springt der Vergaser an (also kurze Strecken mit E-Kraft, danach der Verbrennungsmotor).

    Ich fahre (fiktiv) neuerdings hauptsächlich unter 50 Km pro Tag und würde mich freuen mein Fahrzeug am Abend an die Steckdose anzuschließen, um morgen wieder loszufahren.

    Wenn mein Fahrzeug dann noch durch Wind, Wasser oder Solarkraft gespeist wird, umso besser.

    Atomkraft ist eine Lüge, niemand kann die Kosten berechnen, die durch Lagerung dieses Mülls entstehen. Auch die Risiken sind exorbitant!

    Offensichtlich wird jetzt bei den Großen so kalkuliert und entsprechende Modelle werden vorbereitet.

  9. die aktuelle Kamera sagt:

    Aber dies ist nur eine Ohrfeige an alle Manager (Vweh), meine Fresse das ist doch nicht schwer zu begreifen!

    BWL in Detroit gemacht?

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