Gabriels Mitgliederbefragung und Merkels Probleme

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat in dieser Woche ein klares Zeichen gegen eine Große Koalition gesetzt. Die SPD-Mitglieder sollen über eine etwaige Koalition mit der Union entscheiden. Das Votum der Basis dürfte eindeutig ausfallen: Die Rolle als Steigbügelhalter für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden die Mitglieder der Sozialdemokraten ihrer Partei nicht angedeihen lassen wollen.

Der Aufruhr bei den massenmedialen Meinungsmachern war dieser Tage enorm: Die SPD verweigert sich einer Großen Koalition? Undenkbar! Tollkühn! Ein Angriff auf die Demokratie!

Nun, da sich die Wogen geglättet haben, lohnt sich ein Blick darauf, was in den vergangenen Tagen eigentlich passiert ist. Die SPD und zum Teil auch die Grünen befinden sich in einer politischen Zwickmühle. Hätten sie Koalitionsgespräche mit der Union abgelehnt und es auf Neuwahlen ankommen lassen, wäre ihnen der Zorn des trägen Michels sicher gewesen. Immerhin hat der sich daran gewöhnt, alle vier Jahre an die Wahlurne zu treten und sein Stimmchen einzuwerfen. Neuwahlen? Nein, die mag die deutsche Bevölkerung nicht. Selbst dann nicht, wenn zu befürchten steht, das ihre Stimmen im Zuge von diversen Wahlpannen gar nicht gezählt werden.

Mit dem Merkel-Wahlverein Union will die SPD jedenfalls nicht koalieren: Zu nah sind die bitteren Erfahrungen, die die Sozis unter der Ägide Merkels gesammelt haben. Während die Grünen derzeit vornehmlich mit sich selbst beschäftigt sind, wird die SPD seitens der Union stets an ihre staatspolitische Verantwortung erinnert. Das das nicht so recht zünden mag, dürfte einigen Strippenziehern  vor lauter Wut die Röte ins Gesicht treiben. Aber es nutzt nichts: Der störrische Esel SPD will sich, von einigen Ausnahmen abgesehen, partout nicht in die Rolle des Mehrheitsbeschaffers drängen beziehungsweise vor Merkels Karren spannen lassen. Der Esel weiß nämlich, wohin die Reise geht, und weil er das weiß, will er sich diese Reise lieber von der viel bequemeren Oppositionsbank aus ansehen.

Gleichzeitig muss die Führung um Parteichef Gabriel aber auch Vorsorge für den Fall treffen, dass es tatsächlich zu Neuwahlen kommt. Die SPD darf nicht als bockiger Verlierer erscheinen, der Merkel aus Trotz die Stimmen verweigert. Eine elegante, weil demokratische Lösung wurde gefunden: Gabriel und Co. verhandeln und lassen sich im Nachgang das Ergebnis von der Parteibasis mandatieren. Vorausgesetzt, es kommt zu einer Einigung. Nun ist das mit der Demokratie ja so eine Sache: Sie gebiert manchmal Dinge, die seitens der Herrschenden so gar nicht erwünscht sind. Der SPD-Mitgliederentscheid wird da ein gutes Beispiel sein, schließlich steht nicht zu vermuten, dass sich die Basis, die sich nur allzu gut an die Schmach bei der Wahl 2009 erinnert, tatsächlich mehrheitlich für eine Koalition mit Merkel ausspricht.

Die Volte der SPD-Führung ist ein großes Problem für  Merkel. Unsere Laborleiterin hatte sich schon alles zurecht gelegt, mit der Mehrheit einer Großen Koalition kann man schließlich so gut wie alles ändern, insbesondere natürlich das Grundgesetz. Nun jedoch, da der Timer der Gabrielschen Zeitbombe unaufhörlich tickt, wird die Luft für Merkel, die sich einer linken Mehrheit im Bundestag gegenüber sieht, zusehends dünner, was eine Regierungsbildung angeht. Mit seiner Aussage, Merkel habe sich zu Tode gesiegt, könnte Jürgen Trittin von den Grünen am Wahlsonntag so unrecht nicht haben. Die Optionen für Merkel sind so überschaubar wie unkomfortabel: Eine Minderheitsregierung hat die Kanzlerin abgelehnt, sie wolle „stabile Verhältnisse“.

Damit scheidet eine Koalition mit den Grünen eigentlich aus, aber man kennt Merkel ja nun schon ein bisschen: Der Machterhalt ist der Bewohnerin der Waschmaschine zu Berlin wichtiger als ihr Geschwätz von gestern. Dennoch sind die Grünen nicht erste Wahl, was allein schon durch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat begründet ist. Noch dazu sind die Grünen für den bajuwarischen Löwen Horst Seehofer (CSU) ein rotes Tuch. Die Schwesterpartei, die manches Mal wie ein geistig nicht ganz auf der Höhe befindlicher Cousin daherkommt, macht die Koalitionsfindung für Merkel also auch nicht einfacher.

Und die SPD? Die alte Tante dürfte sich sehr teuer machen, ehe sie mit Merkel ins Koalitionsbett geht. So teuer, dass der politische Preis für Merkel zu hoch ist. Steuererhöhungen, wie sie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Testballon hat aufsteigen lassen, um selbigen wenig später wieder vom Himmel zu schießen, sind der CDU schlechterdings nicht vermittelbar. Betreuungsgeld, Pkw-Maut und das Ehegattensplitting sind weitere Streitthemen, die sich so leicht nicht abräumen lassen werden.

Unbequeme Tage für Merkel, die sie so wohl eher nicht vermutet hat, als ihr das unfassbar hohe Wahlergebnis für ihre Union übermittelt wurde. Niemand will mit Mutti, aber keiner traut sich, das so klar zu artikulieren, aus Angst, dass der Wähler im Falle einer erneuten Wahl ihm dies um die Ohren haut.

Insofern ist die Entscheidung für einen Mitgliederentscheid ein durchaus cleverer Schachzug: Die SPD-Spitze kann ihre Hände im Falle eines negativen Votums in Unschuld waschen und Merkel und ihre Lakaien können einen derartigen Ausweis an innerparteilicher Demokratie nicht schlecht machen, ohne sich dabei als Gegner des Demokratischen zu outen, wie es die CDU-Vizechefin Julia Klöckner am Wochenende getan hat, als sie im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ und im Zusammenhang mit der Befragung der SPD-Basis von „Trickserei“ sprach. Der „große Triumph“ von Merkel bei der Bundestagswahl, der uns von den Hauptstrommedien fortwährend eingetrichtert wird, könnte sich folglich als Pyrrhussieg entpuppen. Nicht nur für Merkel, sondern auch für all jene, die  auf stabile Verhältnisse im politischen Deutschland gesetzt haben, um ihre Agenda durchsetzen zu können.


10 Responses to Gabriels Mitgliederbefragung und Merkels Probleme

  1. Conclave sagt:

    …Leider nicht mal ansatzweise richtig. Alles schon vorgeplant!!

  2. NeueZukunft sagt:

    Ganz kann ich Deinen Schlussfolgerungen nicht folgen. Warum sollte der Michel sauer wegen der Neuwahl als solches sein. Eher danach, weil dann die FDP und die AFD zu Lasten der CDU wieder in den BT einziehen könnte.

    Mit den Grünen kann sie auf keinen Fall. Das würde sie wahrscheinlich die meisten Stimmen kosten. Sofern die Parteien zuweit auseinander sind.
    Dem Geplänkel mit der SPD traue ich jedoch auch noch nicht so ganz. Auf der einen Seite ist das die einzige (von den Parteien akzeptierte) Lösung. Die Andere Variante wäre eben rrg… Aber darauf können wir lange warten. Mit den Linken darf man ja nich…
    Ich denk mal die SPD wird durch ihre Sture Haltung sogar etwas Aufwind bekommen, weil sie den Wählern zeigt, dass sie doch keine solche Umfallerin ist und auch in der Lage ist Stärke zu zeigen.
    Wir dürfen auf jeden Fall gespannt sein.

  3. BeyondTheVoid sagt:

    Gegner der Demokratie sind sie alle miteinander. Das haben mehrere Koalitionen der letzten Jahrzehnte klar gezeigt. Die tun nur so, um den Eindruck zu erwecken, tatsächlich haben diese Schwindler spätestens seit dem Maastrichvertrag unser aller Freiheit schrittweise immer weiter eingeschränkt und seit dem 11. September 2001 hat sich das massiv beschleunigt. K.A.Schachtschneider sagt über den Maastrichtvertrag 1992 daß dieser damals schon als Staatsstreich angelegt war. Und Kohl hat diesen Vertrag durchgeboxt. Anders kann man es nicht nennen. Auch der Lissabonvertrag 2009 und der ESM 2012 sind gleichermaßen solche Staatsstreiche. Schon Adenauer hat damals dem Erfinder der EU, Walter Hallstein, geholfen. Im Buch gibt es ein Photo mit Adenauer und Hallstein in trauter Zweisamkeit bei der Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957. Hallstein war ein prominenter Jurist im 3. Reich. Dieser Adenauer wusste sehr genau, wen er vor sich hat. Und Globke im Kanzleramt war keinen Deut besser. Alle haben sie spätestens seit Gründung der BRD 1949 nichts Besseres zu tun gehabt, als auf deren baldige Unterwanderung und Demontage hinzuwirken. Vergleicht mal wieviele Grundrechte wir allein seit 1992 aufgeweicht bekommen haben, da wird man blaß.

    Ich habe das lange Jahre beobachtet und kenne meine Pappenheimer ganz genau. Deshalb bin ich mir sicher, nach jeder Wahl passieren vier Jahre lang ständig Katastrophen für die persönliche Freiheit und dieses mal wird es nicht anders sein. Die Geschichte lehrt uns, daß sie sich wiederholt.

    Übrigens, die Kriegsverbrecher der IG-Farben haben die CDU erfunden. Sie haben Kohl und dieser daraufhin das Murksel ins Amt gehievt. Beide sind Bilderberger. Das Gleiche mit Schäuble aber der ist trotzdem nicht bei Bilderberg, obwohl er sich so benimmt. Die IG-Farben haben die Nazis finanziert, ohne das wären die damals gänzlich untergegangen und dort geblieben. Daraufhin hat ein SS-Offizier, Prinz Bernhardt der Niederlande Bilderberg gegründet. Das Ganze ist ein einziger riesengroßer Filz.

    Das nenne ich aufschlußreich.

    Movement of Life
    http://www.movement-of-life.org/pdf/mol_course_presentation.pdf

    Was Sie schon immer über die „Brüsseler EU” wissen wollten, aber Ihnen niemand zu sagen wagt!
    http://www.relay-of-life.org/de/chapter.html
    (Als PDF besser lesbar)

    http://www.nazi-roots-of-brussels-eu.org/

    Und Ja, ich wiederhole mich. Es muß aber getan werden. Aus einem ganz einfachen Grund. Es werden solange IG-Farben Rechtsnachfolger ins Amt gewählt, wie noch noch nicht alle Wahlberechtigten davon Kenntnis haben, was sie da eigentlich tun. Genau so lange werden auch Befehle aus Brüssel den Kontinent überfluten.

    Das ist einfach nicht richtig, es hat nichts mit Demokratie zu tun. Demokratie muß neu errichtet werden. Im Moment gibt es davon zu wenig. Das muss besser werden!

  4. @ SEB

    „Neuwahlen? Nein, die mag die deutsche Bevölkerung nicht. Selbst dann nicht, wenn zu befürchten steht, das ihre Stimmen im Zuge von diversen Wahlpannen gar nicht gezählt werden.“

    Interessanter Ansatz…
    Obwohl die Stimmen evt. garnicht gezählt werden, wollen sie trotzdem nicht wählen ?

    Also wollen die womöglich, dass alles so bleibt, aber persönlich nicht verantwortlich sein… ?

    Könnte passen….

    Ansonsten teile ich die Befürchtungen von „NeueZukunft“

  5. „Und Ja, ich wiederhole mich.“

    Von mir aus gerne wieder, immer dann, wenns passt.
    Und danke für die informativen Links.

    Ich hab da vielleicht auch was für dich, falls noch nicht gelesen..

    http://lupocattivoblog.com/2013/08/26/die-ehre-des-deutschen-volkes-sollte-wiederhergestellt-werden/#comment-51348

    ..nicht nur diesen Kommentar von „Daisy“ fand ich, wie auch „Nemo Vult“, grandios; sondern auch die Folgenden sehr, sehr…… aufschlussreich.?
    Naja, Du schreibst ja, dass du deine Pappenheimer kennst; also viel Spass damit 🙂

  6. BeyondTheVoid sagt:

    Du bist übrigens einer der Wenigen die sich freuen, wenn ich mich wiederhole. Freut mich ja, wenn ich helfen konnte. Und wenn es gefällt ist ja noch besser. Wenn dir die Links gefallen, würdest du sie bitte an alle Interessierten weitergeben.

  7. @ Moderation

    Ich weiss ja, dass hier nicht der erwünschte Ort ist, sowas zu diskutieren, also fasse ich mich kurz, ok ?

    @ BeyondTheVoid

    Jo; danke.
    Dieses fiel mir auf :

    „Eines ist äußerst merkwürdig. Die Jahrgänge die diese Zeit selbst erlebt haben, wollen nichts darüber hören. Da wird Zeitung gelesen, die EU gelobt und die CDU gewählt, was das Zeug hält. Dieses ganze Zeug wird wesentlich stärker verteidigt als das letzte Hemd. Ohne eine sachliche Begründung nennen zu können, die einer genauen Betrachtung standhält.“

    Hast Du schon mal in Erwägung gezogen, dass die immer noch den „glorreichen“ Ideen vergangener Zeiten anhängen, die sie zwar öffentlich nicht mehr äussern dürfen, ihnen aber trotzdem näher sind als das letzte Hemd oder die eigenen Kinder ?

    Zum Beispiel diese hier

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsziele_im_Ersten_Weltkrieg#Kreuznacher_Kriegszielkonferenz

    aus einer Zeit, von der die „patriotischen Geschichtsinterpreten“ behaupten, Deutschland hätte ja nur friedlich Handel treiben wollen mit der Welt… 🙂

    https://de.wikipedia.org/wiki/Septemberprogramm#Inhalt

    Dieses vergleichend mit der heutigen Situation der imperialistischen USA und der des „kleinen Bruders“ in Europa sehe ich frappante Ähnlichkeiten.
    Zwar nicht unter deutscher Führung, aber wer weiss….
    ..es ist ja die Idee, die zählt.

    Hier mach‘ ich besser Schluss und verkneif‘ mir Worte wie „Faxchisten“, „Endxieg“ oder „umerzogene Antideutsche“ und auch Prognosen über plötzliches Relativieren massenmörderischer Anschläge durch besagte Klientel (zB Bologna 1980), wenn sich erweisen sollte, dass ihre „Brüder im Geiste“ es waren.

    @ Mod
    ich hab‘ mich also zurückgehalten;
    das bitte ich zu bedenken vor spontaner Löschung 😉

  8. Zartbitter sagt:

    Ich wil ja nicht maulen, aber ich bleibe bei meiner Meinung zu den Wahlen.

    Bestes Beispiel ist und bleibt die fünf Sterne Hoffnung Italiens. Was sondert so ein Beppo heute über Wahlmündigkeit und Eurobonds ab?

    Da bleibt einem das Lachen ganz woanders stecken als im Hals.

    Aber eine Professoren Partei die muss unbedingt in den BT, aha.
    Weil die ja gegen den Euro ist.. Nein, ist sie NICHT.

  9. Meinst Du mich ?

    Also wenn du dies

    „Aber eine Professoren Partei die muss unbedingt in den BT, aha.“

    aus meinen Worten herausliest, hab ich mich entweder falsch ausgedrückt oder NeueZukunft missverstanden.

    Ich bin höchst zufrieden damit, dass die fdp das 18tbeste Ergebnis ihrer Geschichte feiern kann und auch die afd weniger Sitze hat als mein Moped !

    Bitte keine Neuwahlen !

    Zu Beppo kann ich nix sagen…

Schreibe einen Kommentar

Kursanbieter: L&S RT, FXCM