Geschichte der Woche: Das rosa Tütchen

Als ich eines Tages wie immer traurig durch den Park schlenderte und mich auf einer Parkbank nieder ließ, um über alles nachzudenken, was in meinem Leben schief läuft, setzte sich ein kleines fröhliches Mädchen zu mir.
Sie bemerkte meine Stimmung und fragte: „Warum bist Du so traurig?“


„Ach“ sagte ich „ Ich habe keine Freunde im Leben. Alle sind gegen mich. Alles läuft schief. Ich habe kein Glück und weiß nicht wie es weiter gehen soll.“

„ Hmm,“ meinte das Mädchen „ wo hast Du denn Dein rosa Tütchen. Zeig es mir mal.“

„Was für ein rosa Tütchen“ fragte ich sie verwundert.

„ Ich habe nur ein schwarzes Tütchen.“

Wortlos reichte ich es ihr. Vorsichtig öffnete sie mit ihren zarten kleinen Fingern den Verschluß und sah in mein schwarzes Tütchen hinein.

Ich merkte wie sie erschrak. „ Es ist ja voller Albträume, voller Unglück und schlimmer Erlebnisse!“

„ Was soll ich machen? Es ist eben so. Daran kann ich doch nichts ändern!“

„ Hier nimm,“ meinte das Mädchen und reichte mir ein rosa Tütchen. „ Sieh hinein!“

Mit etwas zitternden Händen öffnete ich das rosa Tütchen und konnte sehen, dass es voll war mit Erinnerungen an schöne Momente des Lebens.

Und das, obwohl das Mädchen noch jung an Menschenjahren war.

„Wo ist Dein schwarzes Tütchen?“ fragte ich neugierig.

„Das werfe ich jede Woche in den Müll und kümmere mich nicht weiter darum,“ sagte sie.
„Für mich besteht der Sinn des Lebens darin, mein rosa Tütchen im Laufe des Lebens voll zu bekommen. Da stopfe ich so viel wie möglich hinein. Und wenn ich Lust dazu habe, oder ich beginne traurig zu werden, dann öffne ich mein rosa Tütchen und schau hinein. Dann geht es mir sofort wieder besser.
Wenn ich einmal alt bin und mein Ende kommt, dann habe ich immer noch mein rosa Tütchen. Es wird voll sein, bis oben hin und ich kann sagen, ja ich hatte etwas vom Leben. Mein Leben hatte einen Sinn!“

Noch während ich verwundert über ihre Worte nachdachte, gab sie mir einen Kuss auf die Wange und war verschwunden.

Neben mir auf der Bank lag ein rosa Tütchen.

Ich öffnete es zaghaft und warf einen Blick hinein. Es war fast leer, bis auf einen zärtlichen Kuss, den ich von dem Mädchen auf der Parkbank bekommen hatte. Bei dem Gedanken daran musste ich schmunzeln und mir wurde warm um´s Herz.

Glücklich machte ich mich auf den Heimweg, nicht vergessend, am nächsten Papierkorb, mich meines schwarzen Tütchen zu entledeigen.

Carpe diem


4 Responses to Geschichte der Woche: Das rosa Tütchen

  1. crazydiver sagt:

    Danke Jens, auch für den „Brief von Fred“…

  2. Frei-Denker sagt:

    Sehr schöne Geschichte, auch einen Dank von mir!

  3. Evey sagt:

    Eine wirklich süße Geschichte mit großartiger Botschaft. Ich habe auch ein rosa Tütchen, aber manchmal finde ich auch nur das schwarze. Meist abends wenn man nicht schlafen kann, dann drängt es sich förmlich auf. Aber morgens ist das schwarze Tütchen dann meist weg.
    Vielen Dank.

  4. Troubadix sagt:

    Das ist eine Super-Geschichte. Kommt gerade recht zu einer Zeit wo alles schief läuft. Diese Geschichte hilft nicht aufzugeben und weiterzumachen um wieder Erinnerungen zu bekommen für das rosa Tütchen

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