Rastplatz Wissensgesellschaft

Es gibt Rastplätze, die besuchen wir gerne – z.B. auf einer Urlaubsfahrt um ein Picknick-Päuschen ein zu legen – und es gibt Rastplätze, da wollen wir uns nur schnell von einem „Druck“ erleichtern um diesen schnell wieder hinter uns zu lassen.


Gastbeitrag von Roland Forberger

Nun gibt es in unserer Gesellschaft auch solche Rastplätze. Die Wissensgesellschaft ist so einer, von dem ich hier berichten möchte. Für diejenigen, die nur wenig Zeit haben, genügt dabei folgender Erfahrungswert:

die Wissensgesellschaft bringt unserer Gesellschaft rein gar nichts,
solange wir nicht lernen zu Handeln!

Die Wissensgesellschaft darf also nur ein gesellschaftlicher Lagerplatz sein, aber nie das Ziel der Reise. Warum? Weil wir dann nur wissen (was wir Wissen) aber noch lange nicht handeln. Klaus North hat hierzu ein sehr anschauliches Bild erstellt, die sog. Wissenstreppe. Hier ein Bild aus meiner Wissensmanagement-Vorlesung von 2003:

Wissenstreppe

Damit ist eigentlich alles gesagt und es dürfte in dem Kontext „Wissen“ auch die am häufigsten zitierte Treppe sein. Diese möchte ich ihnen gerne als Eselsbrücke schmackhaft machen. Denken Sie immer an diese Treppe, wenn sie etwas Lernen. Solange sie nicht zum Handeln kommen, also auch Können und Wollen (!), brauchen sie es nicht lernen. Zumindest nicht aus Sicht der Gesellschaft und die bezahlt ihre Schul-, Uni- und was noch alles Ausbildung!

Da mir dies so wichtig ist, schreibe ich jetzt noch ein Beispiel dazu:
Sind sie nicht auch beeindruckt von Menschen, die sich unheimlich viel merken können? Wissen sie, was sie tun müssen, um das “Unheimliche” zu etwas “Heimlichen” zu machen? Genau, sie müssen diese Menschen einfach nur fragen, wie sie es tun. Wenn sie das tun, bekommen sie zu ca. 80% die Antwort, dass sie sich eine Geschichte dazu merken. Sie packen also nicht irgendeinen Koffer sondern sie erzählen sich eine Geschichte WIE sie diesen Koffer packen – andere gehen durch einen Raum und greifen die Dinge etc.

Es ist immer eine (Bilder-)Geschichte, an die es sich erinnern lässt und damit an das, was damit verknüpft ist. So nun wissen sie, wie es funktioniert. Sie können noch paar Bücher dazu lesen, dann wird es klarer und die Anleitung gibt es auch meist noch gratis dazu. Das Wesentliche ist aber, tun sie es auch? Wenden Sie das Wissen auch an? Und da sind wir wieder beim Wollen – ich behaupte, das sie es nicht tun und auch Gründe finden. z.B. ich bin viel zu unkreativ und kann mir keine Geschichte ausdenken (das wäre ja kein Problem, denn das kann man ja üben). Das kostet mich viel zu viel Zeit, da schreibe ich es lieber auf etc. Alle diese Argumente sind Scheinargumente und nichts Wert. Diese bringen sie nicht weiter, denn nur wenn sie es tun, kommen sie auf der Wissenstreppe weiter! Also fangen sie an. Gehen sie bei sich durch die Wohnung und sammeln sie Gegenstände ein die hier herum liegen und sprechen sie laut. Mit ausreichend Übung geht das dann auch leise und mit beliebigen Gegenständen und auch im Dunkeln vor ihrem geistigen Auge. Das ist fast so wie Einparken. Oft genug geübt und es wird zur Routine.

Mein Plädoyer an sie ist nun, kümmern sie sich nicht um die Wissensgesellschaft, werden sie Mitglied in der “Handelsgesellschaft 2.0″! Werden sie aktiv, noch heute! Handlungsthemen gibt es ausreichend viele, da ist für jeden etwas dabei!

Sie tun dabei etwas gutes, denn viele von uns Bloggern wünschen sich eigentlich einen gesunden Schlaf und wollen eigentlich nur unsere Ruhe – aber wollen wir das nicht alle? – bekommen diese aber nicht und schreiben über die gesellschaftlichen Zustände. Machen Aufrufe und nichts passiert. Wissen Sie, wie frustrierend das sein kann?! Sie organisieren eine Demo z.B. gegen die zunehmende Überwachung und es kommen gerade mal 200 Personen? Sie starten eine Onlinepetition gegen ihre schleichende Unmündigkeit und es fehlen ein paar Stimmen? Dabei ist es doch sogar ihre Christenpflicht etwas zu tun, denn ist die Faulheit nicht eine Charaktereigenschaft der Todsünde?

Es ist mir klar, dass die Komfortzone so schön kuschelig ist und man diese am liebsten so beibehält. Das hat aber mit ihrem vorigen Leben zu tun. Das ist der Urinstinkt im Bauch ihrer Mutter. Da will eigentlich jeder wieder unterbewusst zurück, da dort doch die Welt (noch) in Ordnung schien, Sicherheit und Liebe herrschte und das 24/7, aber dann kam der Tag ihrer Geburt und ihre Uhr wurde auf null gestellt, so wie unsere gemeinsame Christenuhr vor gut 2.000 Jahren. Es ist also vorbei mit der Komfortzone, sie können nicht wieder in ihre Mutter hineinkriechen. Sie müssen jetzt nach vorne Blicken in eine ungewisse Zukunft. Sie müssen sich das Unbekannte zum Bekannten machen und lernen, täglich und immer fort. Nur so funktioniert die Welt, nur so können wir uns ihrer erschließen. Wenn sie es nicht tun, erschließen andere für uns die Welt und das tun sie auf ihre Art und Weise – und nicht nach ihren Wunsch-Regeln! Dann dürfen sie auch nicht auf die Banken, Hedge-Fond-Manager, Politiker etc. schimpfen, denn sie tun immerhin etwas! Wenn ihnen dies nicht gefällt, was sie tun, dann sagen sie es, denn:

Sag laut, was du willst. Wer schweigt, kriegt die Reste.

oder

Jammere nicht, wie schlecht es Dir geht. Dafür geht es anderen ja besser.

Vielleicht ist ‚denen‘ das noch gar nicht klar, da die Selbstreflexionsphase noch nicht eingesetzt hat. Aber anzunehmen, es ändere sich etwas, wenn man nur da sitzt und wartet bis der Arzt kommt ist auch keine Lösung – wo kommen wir dann mit dieser Denkweise hin? Sicher nicht zu einem gesunden Gesundheitssystem, bei den vielen Arzteinsätzen!

Also nochmal, tun sie es. Oder mit den Worten von Hr. Shaw:

Erfahrungen sind Wegweiser – keine Lagerplätze!

Um es abschließend nochmals mit einem eigenen Zitat auf den Punkt zu bringen:

Um Freiheit zu erlangen muss ich Angst überwinden und bereit sein,
auf Sicherheit und Komfort zu verzichten!

Wenn mir Komfort und Sicherheit so wichtig sind, darf ich mich jedoch nicht wundern, wenn ich in der Sklaverei lebe – oder glauben sie, sie waren im Bauch ihrer Mutter wirklich frei und konnten tun und lassen was sie wollten? Warum sehnen sie sich dann unterbewusst nach diesem Ort?!


10 Responses to Rastplatz Wissensgesellschaft

  1. m46 sagt:

    > „Denken Sie immer an diese Treppe, wenn sie etwas Lernen. Solange sie nicht zum Handeln kommen, also auch Können und Wollen (!), brauchen sie es nicht lernen. Zumindest nicht aus Sicht der Gesellschaft und die bezahlt ihre Schul-, Uni- und was noch alles Ausbildung!“

    Habe ich die Ironie dieser Zeilen nicht verstanden oder verwendest du tatsächlich genau die Argumente, mit denen Aufmüpfige in der DDR von der Schule geflogen oder ihren Studienplatz verloren haben? Damals typisches Argument für den Rausschmiss: „Die Gesellschaft finanziert dir durch harte Arbeit deine Ausbildung und dein Studium und du hast dich dem leider nicht für würdig erwiesen. Solche wie dich haben in unserer Gesellschaft keinen Platz, also ab als Ungelernter in die Produktion….“. Ich kenne gleich mehrere Beispiele, die auf diese Weise ihr Leben verpfuscht haben.
    Ein Anderer (aus meiner Verwandschaft) wurde wegen seinem nicht-gesellschaftskonformen Handeln nachts abgeholt und einer mehrwöchigen Spezialbehandlung unterzogen. Anschließend fehlten ihm vorn die Zähne, aber er diente nun etwas besser der Gesellschaft.

    Auch heutzutage ist es nicht viel anders, entweder richtest du dein Handeln systemkonform aus und schwimmst mehr oder weniger erfolgreich mit im Strom, oder du landest im Klärschlamm desselben. Trotzdem macht es Sinn, sein Wissen in Handeln umzusetzen, auch wenn man damit seine (berufliche) Existenz gefährdet und von der Gesellschaft als VT-Spinner geächtet wird. Danken wird es einem niemand, aber man kann mit dem reinen Gewissen leben, es zumindestens versucht zu haben…

  2. Es war keine (bewusste) Ironie in meinen Worten, da ich das Unrecht in der DDR nicht mitbekommen habe. Jedoch könnten wir uns die Qualen der AusBILDUNG ersparen, wenn wir gelerntes eh nicht umsetzen wollen. Von daher ist da doch etwas Ironie enthalten 😉

  3. m46 sagt:

    Wenn die Gesellschaft die AusBILDUNG (über Steuern) finanziert, dann will sie im Gegenzug natürlich auch, dass der AusGEBILDETE anschließend der Gesellschaft mit seinem Handeln dient. Wenn nun der Ausgebildete sich zuviel bzw. das „falsche“ Wissen aneignet, dann wird er sein Wissen für ein Handeln einsetzen, welches die Gesellschaft eher destabilisiert und ihr damit schadet. Einen gewisse Anzahl von „Schädlingen“ kann sich jede Gesellschaft leisten, aber je mehr es werden oder je wirkungsvoller diese handeln, desto härter wird die Gesellschaft ihre Schutzmechanismen gegen die Handelnden einsetzen.

    Da ist jede Gesellschaft gleich, ob nun im 3. Reich, in der DDR oder hier im freien Deutschland.
    Deshalb ist „die Gesellschaft“ für mich keine Referenz für mein Handeln, sondern ausschließlich mein Gewissen.

  4. Diese Richtschnur kann ich nur nochmals betonen. Das eigene Gewissen, wenn es in einer Humanethik verankert ist, sollte Kompass des Handelns sein!

  5. […] Erstveröffentlichung auf iknews. Youtube-Podcast zum Beitrag. […]

  6. Tester sagt:

    OT: ich hasse diese Anglizismen ohne Bedeutung, wie z.B. „comfort zone“. Das heißt Wohlfühlbereich, von mir aus Kuschelecke, aber es gibt keine „Komfortzone“ hierzulande.

  7. personanongrataincognito sagt:

    Gerade eben habe ich in einem anderen Thema was dazu geschrieben: Ist die Wissenschaft das Wissen, oder ist sie jetzt nur noch ein Konsens.

    Das Wissen ist für mich das Belegbare. Alles andere ist eine Vermutung. Einen Konsens darf es in der Wissenschaft nicht geben. Doch selbst das Belegbare ist, wenn man den Konsens zu den Messmethoden berücksichtigt, nur noch ein Konsens. So gibt es die objektive Wissenschaft gar nicht. Es gibt nur Wahrnehmung, also die Subjektivität. So gesehen soll mir jemand BEWEISEN, dass es die Wissenschaft, so wie wir sie dargestellt bekommen, überhaupt gibt!

    Die „Wissenschaft“ ist lediglich die Ansammlung von Erkenntnissen, die wir subjektiv messen können. Selbst diese Auslegung wird durch Festlegungen getrübt, die sich dann „Konsens“ nennen.

    Wenn man berücksichtigt, dass in den „wissenschaftlichen“ Untersuchungen des Weltalls lediglich die Schwerkraft als das einzig herrschende Faktor ANGENOMMEN wird, wobei es Kräfte gibt, die 10 hoch 37 stärker sind, wird es einem schlecht.

    Wir sind immer noch, und bleiben beim Platon. Wir wissen, dass wir nichts wissen. Dabei wird sich demnächst nicht ändern.

    Ist nun mal so meine Meinung.

    Jetzt zum Artikel und zu den Kommentaren.

    Ja, ich stimme dem zu, dass Erkenntnisse angewandt werden können und sollen.
    Ja, ich stimme dem zu, das die Erkenntnis nicht alles ist. Ohne Taten bleibt die Erkenntnis lediglich eine Vermutung des Einzelnen.
    Ja, ich stimme dem zu, dass eine Tat die Erkenntnis zur Probe stellt und auch die Vermutung als richtig beweisen kann.
    Die Stufen sind für mich korrekt.

    Ja, es stimmt, dass unterschiedliche Gesellschaftssysteme auf unterschiedliche Weise unterschiedliche Themen angehen.
    Hier stelle ich mir selbst die Frage, was die Gesellschaft, durch wen auch immer repräsentiert, sich als Ziele setzt. Wenn die Gesellschaft qualifizierte Arbeitskräfte braucht, werden ihre Vertreter auf AUSBILDUNG setzen und alles tun, um in einem externen Wettbewerb Schritt halten zu können. Sollte es nicht der Fall sein, kann die „Gesellschaft“ darüber nachdenken, was sie mit dem intellektuellen Potential anfangen soll. Hier kann, aber nur KANN, die BILDUNG in Erscheinung treten.

    Zwischen Bildung und Ausbildung unterscheide ich sehr wohl. Man kann keine Genies ausbilden. Man kann sie lediglich auf dem eigenen Weg durch Bildung unterstützen. Die Bildung beinhaltet Elemente der Gestaltung der Persönlichkeit. Fragestellungen wie: welchen Gruppen (Rudelprinzip oder Ego-Prinzip), wenn überhaupt, das Individuum seine Fähigkeiten opfert, gehören dazu. Die Attraktivität der Gesellschaft macht die Entscheidung aus. Uniformierung der Gedanken kenne ich bereits. Sie bringt nichts als Widerstand.

    Die Welt ist so schön, weil sie so bunt ist. Was wir daraus machen, bleibt einem jeden einzeln überlassen.

    Das ist meine Meinung.

  8. Danke für die Einschätzung. Es gibt einen Unterschied zwischen einen Job und einem Beruf (kommt von Berufung). Zur Genie-Entwicklung möchte ich gerne auf meinen Gastartikel auf geolitico verweisen: http://www.geolitico.de/2013/12/03/wir-brauchen-ein-bildungsideal/
    Momentan arbeite ich daran, dass eine solche Schule 2014 Wirklichkeit wird – und keine Insellösung bleibt.

    Zum Konstruktivismus möchte ich wiederum „Eigenwerbung“ machen: http://knowledgecare.de/

    Wenn ich dazu komme, wird zum Jahresende ein Prototyp online sein…

  9. Es ist nicht zielführend, das Haar in der Suppe zu finden. Aber es ist auch eine Art der „Aktivität“, von daher Danke für den Kommentar!

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