Roman Herzog fordert Abwehrmöglichkeiten gegen den Kompetenz-Expansionismus der EU-Institutionen

Das Schreiben von Roman Herzog an die Bundeskanzlerin scheint zumindest in Teilen ein Brandbrief zu sein. Die wenigen zitierten Passagen, geben einen Einblick in die entartende Kompetenz-Expansion der EU. Mit sehr deutlichen Worten erklärt Herzog darin, dass Abwehrmöglichkeiten für Nationalstaaten geschaffen werden müssen. In der Regel sind diese nämlich nicht gegeben.


In diesem Artikel möchte ich nicht auf die Beweggründe von Roman Herzog eingehen, denn diese sind mir nicht bekannt. Plagt ihn im hohen Alter nun sein Gewissen, oder versucht er nur einen gangbaren Weg für den EU-Superstaat zu offenbaren? Das gehört in das Reich der Spekulationen. Eines jedoch lässt sich festhalten, was er schrieb ist enorm wichtig für alle Bürger der EU.

Der klassische Bürger hat mit Sicherheit schon ausreichend Schwierigkeiten sich mit den gewöhnlichen Regierungsformen auseinander zu setzen. Direkte Demokratie, repräsentative Demokratie oder Rätedemokratie stehen hier zu Auswahl.
Für Deutschland trifft zweites zu, selbst das hat in korrupten Zeiten wie heute, kaum noch mit echter Demokratie zu tun. Was die EU angeht hingegen, sprechen wir von der Rätedemokratie bzw einer entstehenden Räterepublik und diese in einer entarteten Form. In meinen Augen eher eine „Scheindemokratie“.

Leider herrscht in weiten Teilen der Bevölkerungen der Irrglaube – ich möchte fast von Naivität sprechen – vor, dass „die da oben“ schon wissen was sie machen. Leider wissen „die da oben“ oft nicht einmal worüber sie wirklich abstimmen. Die Unbedarftheit auf der einen und die Korruption auf der anderen Seite führen aus diesem Grund auch immer häufiger in Zwangsjacken ohne eine Opt-Out, sprich der Möglichkeit sich aus einem Vertragswerk oder Gesetz national wieder zu verabschieden.

Das vermutlich gefährlichste und weitreichendste Beispiel könnte der Europäische Stabilitätsmechnismus ESM sein, dessen Konsequenzen noch Generationen beschäftigen würden. Ein Austrittsrecht ist nicht vorgesehen.
Die an Deutschland übertragenen Haftungsrisiken sind enorm und können kaum bis in letzte Konsequenz abgeschätzt werden. Das Ifo-Institut hat ein Risiko von 790 Milliarden errechnet, das allerdings dürfte nach einer entsprechenden Hebelung nur ein Teil sein. Deutschland ist bereits jetzt mit einem Anteil von 27 Prozent im Risiko, bei jedem Land das jedoch ausscheiden würde, erhöht sich der Anteil der Verbliebenen errechnet mit dem Schlüssel eben weiter.

Der ESM sollte hier auch nur der Erklärung dieser Mechanismen dienen und aus diesem Grund möchte ich die Thematik auch nicht weiter vertiefen. Im Blog gibt es unzählige Artikel zu genau diesem Thema. Kommen wir nun zurück zum Brief von Roman Herzog an die Kanzlerin. In einem Weltartikel heißt es dazu:

Brandbrief gegen „Entkoppelung der EU-Institutionen von der Realität der Menschen“ und exzessive Normenproduktion: Altpräsident Herzog will, dass sich Nationalparlamente gegen Überregulierung wehren.[1]

Mit diesem einen Zitat ist eigentlich alles Wesentliche gesagt. Was man vielleicht noch hinzufügen sollte, nationale Souveränität, Bürger- sowie Menschenrechte und die Vermögen der Bürger werden im Zuge dessen an internationale Konzerne verramscht.

Der Umfang in dem das geschieht ist unfassbar und im Augenblick wird hinter zugezogenen Vorhängen eines der möglicherweise weitgehendsten Abkommen dieses Jahrhunderts geschmiedet, TISA. Wir berichteten dazu unter dem Titel „TISA: Weltweiter Ausverkauf der Menschen an Konzerne?“ In dem Abkommen wird auch eine No-Opt-Out Klausel beschrieben, die beispielsweise eine Rekommunalisierung der Versorgungsdienste ausschließt.

Warum um Himmelswillen sollte man solche Klauseln einbauen, wenn Politiker die nur repräsentativ – wenn überhaupt – für einige Jahre der Legislatur Entscheidungen treffen dürfen, möglicherweise kriminell oder auch einfach nur unbedarft handeln? Das ist doch absurd. Fehler die man erkennt, müssen rückgängig gemacht werden können. So wie beispielsweise der fehlgeschlagene Versuch die Wasserversorgung in Paris und Berlin zu privatisieren. Die Konzerne schöpften Gewinne ab, erhöhten die Preise und ließen die Leitungsnetze verrotten. Die Bilanz war eine Rekommunalisierung, verbunden mit erheblichen Kosten für die Bürger. Immerhin hatte man aber die Leitungsnetze wieder in eigener Hand und konnte die Versorgung mit Trinkwasser in ausreichender Qualität wieder sicherstellen. Welche Interessen Konzerne verfolgen, darüber brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Ganz sicher geht es nicht um das Wohl der Menschen, was zählt ist nur der Shareholder Value.

Carpe diem
und danke an Roman Herzog für diese Initiative.

[1] http://www.welt.de/politik/deutschland/article129070489/Roman-Herzog-fordert-Abwehrrechte-gegen-die-EU.html


7 Responses to Roman Herzog fordert Abwehrmöglichkeiten gegen den Kompetenz-Expansionismus der EU-Institutionen

  1. tom sagt:

    ….“Altpräsident Herzog will, dass sich Nationalparlamente gegen Überregulierung wehren…“

    -> Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube !

  2. Hallojulia sagt:

    Immerhin haben wir dank der fleißigen €U-Mitarbeiter in Brüssel etwas wie dieses hier:
    http://www.mmnews.de/index.php/etc/16709-eu-schnullerkettenverordnung

  3. Hallojulia sagt:

    Oder zum Beispiel, dass ein Kondom mindesten 5Liter Flüssigkeit beherbergen müsse, oder:
    http://www.merkur-online.de/aktuelles/welt/absurdesten-eu-richtlinien-374737.html

  4. EuroTanic sagt:

    „Ein Austrittsrecht ist nicht vorgesehen.“
    Was die beschliessen ist für mich irrelevant. Erstens, weil kein Mandat von mir, zweitens weil geheim, dritens weil unmoralisch und unethisch. Was so falsch ist, kann nie Rechtskraft erlangen. Was die nur können ist es mit Gewalt durchzusetzen. Und das hat mit Recht nichts zu tun.

  5. Janu sagt:

    Sehr richtig! und genauso wie der Verfasser hier staune auch ich über Roman Herzog, der mir stets – sowohl als Verfassungsrichter wie als BuPrä – politisch unsympathisch war.

    Tatsächlich hat dieser Roman Herzog bzw. seine Partei (CSU) doch selbst an der Einführung des neuen Art. 23 GG im Jahr 1992 mitgewirkt.
    Der alte Art. 23 GG lautete:
    Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.“

    Auf Wikipedia lesen wir ( http://de.wikipedia.org/wiki/Artikel_23_des_Grundgesetzes_für_die_Bundesrepublik_Deutschland_(1949)#Entwicklung_nach_Aufhebung_des_Artikels ) „Vom 3. Oktober 1990 an gab es im Grundgesetz zunächst keinen Artikel 23 mehr. Durch ein Gesetz vom 21. Dezember 1992, das am 25. Dezember 1992 in Kraft trat, wurde der heutige Artikel 23 des Grundgesetzes, der sogenannte Europa-Artikel, an seiner Stelle neu eingefügt“.

    Der neue Wortlaut des Art. 23 GG seit 1992 lautet so: http://dejure.org/gesetze/GG/23.html .
    Hinzu kommt der genauso katastrophale Art. 24 GG. Wortlaut hier: http://dejure.org/gesetze/GG/24.html .

    Neben der Entmachtung durch die EU-USA-Israel kommt noch die Entmachtung durch Privatfirmen. Mein Bundesland hat z. B, mit „Wattenfall“ einen Vertrag geschlossen, nach welchem das zukünftige Landes-Parlament an Wattenfall Schadensersatz zahlen muß, wenn es zukünftig für Wattenfall ungünstige gesetzgeberische Entscheidungen trifft (z. B. Abschaffung von Kernkraftwerken, erhöhte/kostenspieligere Ansprüche an den Umgang mit der Lagerung von Nuklearmüll usw.).

    Rechtliche Beurteilung
    1.) Fangen wir mit diesen Fesselungs-Verträgen der Privatwirtschaft mit Bundesländern oder dem Bund an: Solche Verträge der ‚Selbstentmannung‘ von Parlamenten (Bund oder Länder) sind mit unsere Verfassung völlig unvereinbar! Daß da noch niemand Verfassungsklage erhoben hat (angefangen natürlich erst einmal mit einer Klage vor dem lokalen Verwaltungsgericht) gibt mir Rätsel auf! Ich bin jetzt so ein bißchen raus aus der Juristerei. Aber meiner Erinnerung nach könnte ein zukünftiges Parlament meines Bundeslandes gegen den Vertrag mit Vattenfall sogar direkt(!) vor dem BVerfG eine „Nomenkontrollklage“ erheben.

    2.) Die Artikel 23 und 24 des heutigen GG sind m. E. unwirksam. Sogar wenn eine zweidrittel Mehrheit des Parlaments diese Artikel erlassen hat, sind diese nicht gleich notwendig wirksam. Nehmen wir mal ein Beispiel: Eine zweidrittel Mehrheit des Bundestages ‚erläßt‘ diesen Verfassungsartikel: „Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Monarchie. Regierung und Verwaltung obliegen dem Kaiser und der Verwaltung durch seinen von ihm bestimmten Hof“. Eine solche ‚Verfassungsänderung“ wäre weder mit einer Zweidrittelmehrheit noch auch sogar einstimmig möglich. Denn die Verfassung verfügt über einen nicht abschaffbaren ‚Kern‘. Ein Teil dieses nicht-abschaffbaren ‚Kerns‘ lautet (Art. 20 Abs. 2 GG): „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus„.

    (Mit dem altertümlichen Wort „Volk“ ist ‚die Bürgerschaft‘ bzw. die ‚Gemeinschaft der Staatsbürger‘ gemeint).

    Eine Abtretung von „Hoheitsrechten“ er Bürger der BRD ist deshalb nur möglich, wenn diese Bürger („Volk“) einer neuen Staates geworden sind. Etwa so wie bei der Reichsgründung von 1871 die Bürger von Bayern, Niedersachsen, Hessen, Preußen usw. eines Tages Bürger („Volk“) eines neuen Reiches
    („Deutsches Reich“) geworden waren. Die EU ist aber kein Staat. Ein solcher könnte nur durch die Parlamente der BRD, Frankreichs, Italiens, der Niederlande, Dänemarks usw. entstehen. Deshalb konnte das Reich von 1871 auch nicht etwa dadurch entstehen, daß – sagen wir mal – Bayern, Hessen, Preußens usw. ihre Hoheitsrechte an den „Norddeutschen Zollverein“ abtraten. Deshalb eben konnte die neue Staatsbildung nur dadurch erfolgen, daß die (damals zumeist: monarchischen) Regierungen gemeinsam direkt diese Begründung eines neuen Staates vereinbarten.

    Eine Abtretung von „Hoheitsrechten“, wie es Art. 23 und 24 GG vorsehen, ist solange nicht möglich (‚unvereinbar mit der Verfassung‘) wie es keinen echten europäischen „Staat“ gibt.
    Dies wegen des zwingendenAlle Staatsgewalt geht vom Volke aus„! Die EU ist kein „Staat“ und hat auch kein
    ‚Staats-„Volk“‚!

    Ach ja, noch eines:
    „Die Tyrannis eines Fürsten in einer Oligarchie ist nicht so gefährlich für das Gemeinwohl wie die Apathie der Demokratie“. Auf Englisch: „The tyranny of a prince in an oligarchy is not so dangerous to the public welfare as the apathy of a citizen in a democracy.“
    Charles de Secondat, Baron de Montesquieu (1689-1755)

  6. Ice-Dealer sagt:

    gestern lief die berichterstattung über kommunale stichwahl.. in vielen gemeinden lag die wahlbeteiligung bei unter 30%
    ja, unsere demokratie wird bedroht von vielen seiten – wir (und damit meine ich das volk) sind aber viel zu wenig selbst interessiert daran sie zu wahren und zu leben (telefonvoting ist keine demokratie!)
    wir bekommen, was wir verdienen

    gestern lief das feature Beyond privacy – Überwachungsalltag in den USA.
    http://www.wdr5.de/sendungen/dok5/beyondprivacy100.html

    Dort die Aussage im Vorbericht: Die USA ähnelt in vielen belangen einem faschistischen System.
    und dies wird europa übergestülpt.
    das problem sind doch nicht die normen!
    (Normen waren immer unsere [deutsche] Stärke !)

  7. Frank H. sagt:

    Widerstand ist Bürgerpflicht!!!

    Putin und der Zappelstrom
    17.06.2014

    Der ungelöste Konflikt in der Ukraine hat für uns nicht nur außen- und sicherheitspolitische Risiken. Die Eskalation an der Krim gefährdet auch die Öl- und Gasversorgung Deutschlands – und damit die Energiewende.

    Von Hans-Werner Sinn

    Die neue deutsche Energiepolitik kann ohne russisches Gas nicht funktionieren. Der Grund liegt in der Unstetigkeit des Wind- und Sonnenstroms. Beide Stromquellen bedürfen einer Technologie zur Glättung der Stromproduktion im Jahresverlauf. Diese Aufgabe können letztlich nur parallel verfügbare Gaskraftwerke übernehmen.

    Ifo hat jetzt untersucht, ob es auch anders ginge. Anhand der Einspeisungen von Wind- und Sonnenstrom während aller 8760 Stunden des Jahres 2011 haben wir die zur Glättung dieses Stroms nötige Speicherkapazität berechnet. Die installierte Nennleistung beider Stromquellen betrug damals 54 Gigawatt. Zu einzelnen Stunden wurden schon mal bis zu 27 Gigawatt erzeugt, aber bisweilen auch nur 0,5 Gigawatt. Die durchschnittliche Erzeugung lag bei 7,3 Gigawatt. Die gesicherte Leistung, die in 99,5 Prozent der Stunden verfügbar war, betrug lediglich 0,9 Gigawatt.

    Um den Durchschnitt verwertbar zu machen und die gesicherte Leistung von 0,9 Gigawatt möglichst weit in Richtung des Durchschnitts zu heben, ist eine Speichertechnologie zwingend notwendig. Am effizientesten sind nach dem derzeitigen Stand der Technik Pumpspeicherwerke. Zu einer vollen Glättung würde man allerdings rund 3300 solcher Anlagen benötigen – mithin 100-mal so viele, wie Deutschland derzeit hat. Neue Speicherkraftwerke sind aber schwer durchzusetzen, da sie allerorten zu wütenden Bürgerprotesten führen. Am Jochberg in Bayern etwa erhob man die Sensen.

    Und wenn man nicht den gesamten “Zappelstrom” glättet, sondern nur einen Teil? Auch in diesem Modell ist das Resultat ernüchternd. Für die Glättung von vier Siebteln des Durchschnitts wären in Deutschland immer noch rund 440 Pumpspeicherkraftwerke erforderlich. Auch das ist jenseits aller politischen Möglichkeiten.

    […]

    Artikel hier zu Ende lesen http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/18756-putin-und-der-zappelstrom

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