Shell zahlt 2800 Euro für ein ruiniertes Leben

Das Durchschnittseinkommen in Nigeria liegt bei etwa 1000 Euro im Monat, allerdings lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung in bitterer Armut von weniger als einem Dollar am Tag. Nigeria ist innerhalb der OPEC das sechst-stärkste Förderland und nach Südafrika – nach der das reichste Land in Afrika. Wer allerdings am meisten profitiert, ist hier unstrittig. Die Royal dutch Shell. Der Konzern soll dabei sogar auf die Hilfe von Söldnertruppen zurückgegriffen haben, was tausende Tote nach sich zog. Die Umweltkatastrophen durch mangelnde Sicherheitsvorkehrungen taten ihr Übriges. Um einem Verfahren zu entgehen einigte sich Shell nun auf einen Vergleich, der aus der Portokasse beglichen werden kann.


Was ist ein Menschenleben wert? Die Antwort ist nicht ganz einfach, zunächst muss offensichtlich geklärt werden woher derjenige stammt. Für Bewohner des Niger-Deltas wo 2800 Euro dem „Mindestlohn“ von drei Jahren entsprechen sind es 2800 Euro. Soviel Entschädigung zahlt der Shell-Konzern nun betroffenen Menschen die im total verseuchten Gebiet leben.

Auf ganze 70 Millionen Euro oder 46 Millionen Pfund hat man sich in einem Vergleich geeinigt, wobei die Frage ist wie viel von dem versprochenen Geld tatsächlich bei den Betroffenen ankommt. Shell hat einen Jahresumsatz von über 450 Milliarden Dollar und ist damit weltweit eines der größten Unternehmen nach Umsatz. Auch bei den Gewinnen ist man mit über 30 Milliarden nicht unbedingt ein Schlusslicht. Einige Zeilen aus Wiki zum aktuellen Fall:

Im Jahr 2012 hatte die US-amerikanische Firma Accufacts Inc. einen Zwischenfall aus dem Jahre 2008 untersucht, in welchem das Wasser und der Boden um die Stadt Bodo durch Shell verseucht wurde. In diesem Jahr waren nach Angaben von Shell insgesamt 1640 Barrel Öl ausgetreten. Accufacts Inc. hingegen hatte herausgefunden, dass jedoch über mehrere Wochen zwischen 1440 und 4320 Barrel Öl je Tag austraten.[36] 2015 muss das Unternehmen 70 Millionen Euro Schadenersatz für die Ölpest von 2008 zahlen. Etwa ein Drittel der Summe wird an die Kommune Bodo gezahlt, der Rest direkt an die 15.600 betroffenen Fischer und Farmer.
[…]
In den 1950er Jahren begann Shell in Nigeria im Lebensraum des Volkes der Ogoni gegen deren Willen mit der Ölförderung. Durch die daraus resultierte massive Umweltverschmutzung wurden die Ogoni ihrer Lebensgrundlage beraubt, was zu Tausenden von Toten führte. Der renommierte Ogoni-Schriftsteller Ken Saro-Wiwa schrieb das Buch Flammen der Hölle (Anspielung auf das Abfackeln von Erdgas), in dem er die Schandtaten des Ölkonzerns öffentlich machen wollte und gründete die MOSOP (Movement for the Survival of the Ogoni People). 1990 schaltete der Konzern gegen Proteste im Dorf Umuechem die umstrittene Mobile Polizeieinheit ein, dabei wurden achtzig Menschen getötet und 495 Häuser zerstört. Bei Massenprotesten 1993 kam es zu Unruhen, die Regierung General Abachas ließ darauf hin 2000 Menschen hinrichten, geschätzte 80.000 Personen wurden vertrieben. 1995 wurden Saro-Wiwa und acht weitere MOSOP-Führer in einem offensichtlichen Scheinprozess zum Tode verurteilt und hingerichtet. Weder zahlreiche Appelle und Proteste von Menschenrechtsorganisationen, Staats- und Regierungschefs anderer Länder, noch stille Diplomatie von internationalen Organisationen wie der EU, der UNO oder der Organisation Afrikanischer Staaten konnten die nigerianische Regierung zu einer Begnadigung der Verurteilten bewegen.
[…]
Im Dezember 2010 wurden durch die von Wikileaks veröffentlichte diplomatische Korrespondenz neue Hinweise bekannt, dass „Shell alle für seine Geschäfte relevanten Ministerien in Nigeria unterwandert“ hat. Shell bezeichnete die Berichte daraufhin als unwahr und will sie nicht weiter kommentieren.[1]

Es ist unnötig zu erwähnen, dass die „Entschädigung“ sich nur auf den Fall aus 2008 bezieht, freiwillig würde Shell sicherlich gar nicht bezahlen. Die Chancen in dem Fall allerdings den kürzeren zu ziehen, standen nicht unbedingt schlecht. Bei einem Urteil durch ein US-Gericht bekommt man eine solche Summe schon für heißen Kaffee den man sich über die Hose schüttet um damit das Trauma der noch zu erwartenden Kinder lindern zu können.

Ob der Gerechtigkeit nun wirklich Genüge getan ist, darüber kann man streiten. Vermutlich wäre eine Verurteilung und ein daraus resultierendes Grundsatzurteil für viele weitere Betroffene Weltweit wesentlich hilfreicher gewesen. Leider ist die nun ausgehandelte Summe für viele der Betroffenen noch immer so hoch, dass man lieber den Spatz in der Hand hält als weitere 10 Jahre mit der Taube auf dem Dach zu leben. Nicht selten ziehen Konzerne Verfahren derart in die Länge, dass Betroffene das Ende nicht mehr zu Lebzeiten erleben. So ist das nunmal in einer von Konzernen dominierten Welt.

Möglicherweise hat man sich auch durchgerechnet was ein Massaker an einer solchen Menge Menschen kostet und ist zu dem Schluss gekommen das es mehr als 70 Millionen Euro wären, also haben die Bewohner der Region möglicherweise durch den Vergleich sogar Glück gehabt.

Carpe diem

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Royal_Dutch_Shell#Nigeria:_Finanzierung_von_B.C3.BCrgerkrieg_und_Waffenhandel.2C_Kooperation_mit_Milit.C3.A4rregimen


5 Responses to Shell zahlt 2800 Euro für ein ruiniertes Leben

  1. Ice-Dealer sagt:

    lief auch im Radio: 70 Mio – ich dachte ich hätte mich verhört..

    Investorenschutz lässt grüßen!

  2. Jens Blecker sagt:

    Na man darf ja nicht vergesen, Shell hat den Aktionären gegenüber große Verantwortung. Nicht vorstellbar wenn einer der Aktionäre möglicherweise einen Schlaganfall erleidet weil er sich so sehr über eine höhere Entschädigung aufgeregt hätte! 😉

  3. Egoaustreiber sagt:

    Shell Monster …deren Tankstellen sind so frech, daß sie sogar für die Reifenluft schon Geld verlangen ..
    1 euro um die Reifenluft aufzufüllen ..zz

    Abstrafen diese hungrigen Parasiten

    nicht bei BP, ARAL, SHELL tanken..
    die haben auch diese große Umweltkatastrophe zu verantworten!

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