Gefahr einer Zinsrally ist real

Es ist ein enormer Vorteil, dass in den Universitäten die Grundlagen des Geldsystems nicht erörtert und erklärt werden. Andernfalls hätte man nach 2009 entweder die Studiengänge aussetzen oder das Lehrmaterial ersetzen müssen. Das es im Fiat-Schlaraffenland jedoch nicht auf ewig so weitergehen kann, sollte selbst einem Flaschensammler eingehen. Die Anzeichen für einen drastischen Wandel sind gegeben und wenn eine Rally einsetzt, könnten die Ereignisse sich überschlagen.


Bevor ich detailierter darauf eingehe warum ich eine baldige Zinsrally für wahrscheinlich halte, sehen Sie sich bitte zunächst den folgenden Chart an, der die Leitzinsen in den USA und Europa für den Zeitraum 2000 – 2017 abbildet:

Quellle: http://www.leitzinsen.info/

Etwas simplifiziert kann man sagen, das Kapital folgt den Zinsen – so denn welche zu erwirtschaften sind. Während in etlichen Bevölkerungsschichten noch für ein bedingungsloses Grundeinkommen gekämpft wird, hat das Kapital in einem normalen Zinsumfeld dieses schon längst für sich gefunden.

Das im Augenblick die Aktienmärkte immer neue Höchststände erklimmen, ist dem Umstand geschuldet das die Reflationsrally komplett hineingeleitet wurde. Mit normalen Investments ist so gut wie kein Stich mehr zu machen, Kapital jedoch verlangt immer nach mehr. Kommen wir nun zunächst zurück auf den Chart.

Betrachtet man die Ausschläge, so sind durchaus Extreme zu erkennen. Wie ein trotteliger Wasserträger, läuft die EZB immer der FED hinterher, rauf wie runter.
Die Leitzinsen sind für das gesamte Kredit-, Immobilien-, Anleihen- und auch Aktiengeschäft maßgeblich. Es ist die zentrale Steuereinheit für den gesamten Geldverkehr. Je höher die Zinsen umso weniger risikoreich die Investoren.

Die im Augenblick zum Teil extrem hohen Immobilienpreise, sind nicht zuletzt den historisch niedrigen Zinsen geschuldet. In begehrten Lagen wird die Zinsersparnis jedoch bequem von den gestiegenen Preisen neutralisiert. Wer nicht in der Lage ist während der Zinsbindung einen signifikanten Abtrag auf die Schuld zu realisieren, könnte dabei massiv unter die Räder geraten.

Wie im Chart zu erkennen, hat die FED bereits erste zögerliche Anhebungen der Zinsen vollzogen. Mit 0,5 – 0,75 Basispunkten eben noch an der Schwelle eine globale Zinsrally in Gang zu bringen, aber eben nahe dran. Sollte die FED tatsächlich die erwartete 2 Prozentschwelle ansteuern, bliebe der EZB wenig über als sich – wenn auch mit Verzögerung – dem Beispiel anzuschließen.

EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch scheint diese Befürchtung zu teilen und lässt es durch die Blume auch bereits anklingen. So heißt es in einem Artikel des Handelsblatts:

Die EZB sollte nach Einschätzung von Notenbank-Direktor Yves Mersch ihren Zinsausblick bald ändern. Notwendige graduelle Anpassungen in der Kommunikation dürften nicht verschleppt werden,[…]

„Zugleich stellt sich allerdings die Frage, wie lange wir noch von ’niedrigeren Zinsen‘ als geldpolitischer Option reden können.“[1]

Am Rande sei erwähnt, dass Mersch an dem fulminanten Anleihenkaufprogramm festhalten und damit die Bilanzen der EZB weiter bis zum Bersten mit extrem ausfallgefährdeten Papieren fluten will. Das signalisiert den Hütchenspielern im Markt, noch kann man sich an ruinierten Staaten gesund-stoßen.

Sinbildlich könnte man sich die aktuelle Situation folgendermassen vorstellen:

Die FED – allen voran – rollt eine gewaltige Kugel in Richtung einer Bergspitze. Dabei verzichtete man auf jede Art Sicherungsmittel so dass es egal ist ob man die Kugel über die Spitze gerollt bekommt oder nicht. Entweder rollt sie auf der einen oder der anderen Seite unkontrolliert ins Tal. Bleiben Sie Wachsam.

Carpe diem

[1] http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/yves-mersch-ezb-muss-zinsausblick-womoeglich-bald-aendern/19375564.html


62 Responses to Gefahr einer Zinsrally ist real

  1. Jens Blecker sagt:

    Es sieht so aus als würde es geschehen, die Rally steht überall in den Startlöchern.

    Bank of Canada may hike interest rate for 1st time in 7 years next week

    http://www.cbc.ca/news/business/interest-rates-bank-of-canada-1.4183855

    BoE und EZB haben sich auch schon entsprechend geäußert. Die nächste Zinserhöhung in den USA ist ausgemachte Sache denke ich.

  2. Jean Paul sagt:

    Jau und Axel Springer massiert die Birnen des naiven bürgertums. Mutti muss unbedingt weitere Banken in Italien noch schnell retten dürfen:

    https://www.welt.de/finanzen/article166234783/In-Italien-entscheidet-sich-das-Schicksal-der-Euro-Zone.html

  3. Jean Paul sagt:

    Aktienmärkten droht Korrektur

    Ein Gastbeitrag von Thomas Buckard

    Die Anleger sammeln derzeit Kleingeld vor einer Dampfwalze auf. Die Metapher von Nassim Taleb beschreibt anschaulich das aktuell herrschende Umfeld an den Finanzmärkten.

    http://www.teleboerse.de/private_finanzen/Aktienmaerkten-droht-Korrektur-article19919852.html

  4. Jens Blecker sagt:

    Im Kontext:
    EZB-Markteingriffe Einbruch bei Bundesanleihen löst weltweite Turbulenzen aus

    https://www.welt.de/finanzen/article166367724/Einbruch-bei-Bundesanleihen-loest-weltweite-Turbulenzen-aus.html

  5. Jean Paul sagt:

    Kapitalfluchtwährung BITCOINS? 10 jähriges Chartbild offenbart wohin die Reise geht. Rohstoffe, Schuldentitel, Pensionsfonds, Gold und Silber alleine reichen den Anlegern als Save Heaven wohl nicht? https://www.godmode-trader.de/devisen/bitcoin-us-dollar-kurs,23087055

  6. Jean Paul sagt:

    BITCOIN Chart bitte auf 10-jährig und GDAX umstellen.

  7. Irmonen sagt:

    Schön vorgekaut wie fürs dritte Gebiss, also auch für so Laien wie mich, bezüglich der gesamten Geldwirtschaft, ein kleines Büchlein in 77 Bildern, Charts, Graphiken:
    „Die Krise – ist vorbei, macht Pause, Kommt erst richtig“ von Daniel Stelter,, FBV

    http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/buchrezension-daniel-stelter-die-krise-als-interaktives-abenteuer-a-967007.html

    http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/wirtschaftsbuch-von-daniel-stelter-die-wichtigsten-grafiken-zur-krise/9879318.html

    https://www.amazon.de/Krise-vorbei-macht-Pause-richtig/dp/3898798755?SubscriptionId=AKIAI56BUM7OUVSQHV6Q&tag=gmx_net-mrb-c-21&linkCode=xm2&camp=2025&creative=165953&creativeASIN=3898798755&ascsubtag=mrb_c_Daniel Stelter die Krise

    bei Kindle für 6,49Euro

    Und hier Stelter durchaus zukunfts-optimistisch…….
    Aber nun zur Sache: 2016 entfielen Schätzungen zufolge 50 Prozent des Umsatzzuwachses im US-Einzelhandel auf nur einen Anbieter: Amazon. Die Auswirkungen auf den traditionellen Einzelhandel sind verheerend

    Eine Welle an Konkursen dürfte auch hier die Folge sein. Die Kapitalmärkte haben dies mit fallenden Kursen für Immobilienaktien schon vorweggenommen.

    Im Kern stehen wir allen – auch von mir immer wieder gebrachten – Unkenrufen zum Trotz, vor einer Phase raschen technologischen und wirtschaftlichem Wachstums. Dieses Wachstum wird noch behindert durch die Beharrungskräfte, die auf den Erhalt des Status quo setzen und durch die ungelöste Überschuldungsproblematik
    http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/stelter-strategisch-erst-krisen-dann-jahrzehnte-des-aufschwungs/19721552.html

    und trotzdem – als Laie wundere ich mich sowieso über das gesamte Gewurle, das Tohuwabohu der Geld-Wirtschaft, ein künstliches menschengemachtes Gebilde.

    Das Studium der Natur, das Verstehen von natürlichen Zusammenhängen und Kreisläufen ist schon eine Kunst für sich, hat aber mit dem unmittelbaren Leben zu tun. Das es Spaß macht, oder sogar eine Lebensaufgabe sein kann, so ein künstliches Knäuel-Gebilde, von Menschen in ihrem Denken erschaffen, aufzudröseln wollen und sich in Ängste, Sorgen, Panik hineinzumanövrieren – ja das bringt auch nur eine wahnsinnig gewordene Menschheit zusammen.

  8. Jens Blecker sagt:

    ….Alles in allem hat dies die Renditen am Kapitalmarkt in den vergangenen Monaten deutlich nach oben getrieben. Und die Erhöhung der Leitzinsen hat parallel dazu auch die Konsumentenkredite verteuert…….

    https://www.welt.de/finanzen/article167352113/Neue-Finanzkrise-In-den-USA-platzen-reihenweise-Kredite.html

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