Schöne freie Finanzwelt

„Bill Gross, PIMCO: Das Handelsvolumen liegt nur bei 60% verglichen mit 2011. Investoren trauen schnellen Computer, schnellem Geld, und fabrizierten Gewinnschätzungen welche die Erwartungen grundsätzlich immer „übertreffen“ nicht mehr über den Weg.“(1)

Die Aktienindizes erklimmen ein Rekordhoch nach dem anderen und dennoch wird dieser Anstieg nicht mit steigenden Börsenumsätze begleitet, wie es Bill Gross zutreffend konstatiert. Hat dieses Smart Money kein Interesse an hohen Aktienrenditen? Auch die Unkenrufe der Grossbanken wie z.B. Goldman Sachs oder JP Morgan Umschichtungen von Anleihen in Aktien vorzunehmen, hat gar nichts bewirkt.  Die rekordverdächtigen Quartalsergebnisse hätten aber bei den Anlegern doch zu mehr Aktienkäufen führen müssen:

Ergebnis 2. Quartal 2013 einiger US-Unternehmen

Microsoft:

Gewinn/Aktie 0.66 Dollar Prognose 0,75 Dollar

Umsatz 19,90 Milliarden Dollar Prognose 20,73 Milliarden Dollar

Google :

Gewinn/Aktie 9,56 Dollar ( Prognose 10,78 Dollar

Umsatz: 14,11 Milliarden Dollar (Prognose 14,42 Milliarden Dollar)

Morgan Stanley:

Gewinn/Aktie 0,45 Dollar(Prognose 0,42 dollar)

Umsatz: 8,33 Milliarden US-Dollar ( Prognose 8,00 Milliarden Dollar)

Intel:

Gewinn/Aktie: 0,39 US-Dollar ( Prognose 0,39 Dollar)

Umsatz: 12,8 Milliarden (Prognose 12,9 Milliarden)

IBM:

Gewinn/Aktie 3,91 US-Dollar

Umsatz: 24,92 Milliarden (Prognose 25,27 Milliarden)

Es hat den Anschein, als würde den Aktienmärkten die Käufer ausgehen oder eine Apathie gegenüber Aktien herrschen.  Ansonsten kann das aktuelle Phänomen von nachbörslichen Aktienverlusten trotz Rekordergebnisse wie im Beispiel der Firma Microsoft oder der Firma Google nicht erklärt werden.  Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können auch nicht der Grund für den steilen Anstieg sein.  Das Gegenteil ist der Fall. Die chinesische Wirtschaftslokomotive verliert Druck im Kessel, der europäische Automarkt ist auf Talfahrt, sogar Städte erklären sich bankrott, wie im Fall der Autostadt Detroit. Darüber hinaus sind auch die steigende Zahl der Insolvenzen zu erwähnen. Ein aktueller Fall ist die Pleite der Praktiker AG und des Fernsehhersteller Loewe AG, das aktuell gegen die Pleite kämpft.(2)

Im Grunde haben die Märkte schlicht kein Interesse an wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, und auch ein Desinteresse der Anleger wird einfach ignoriert. Folglich hat sich  ein neues Paradigma entwickelt, nämlich je schlechter die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und je geringer das Handelsvolumen umso höher steigen die Aktienmärkte. Die Antreiber dieser Divergenz sind demnach die Zentralbanken und allen voran das FED. Erst kürzlich dachte der Zentralbankchef Ben Bernanke noch laut darüber nach die Anleihenkäufe aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verringern. Diese Ankündigung hatte viele Hedgefonds und Investoren wie wilde Hühner aufscheuchen lassen, die dann zu fallenden Kursen geführt hat.  Als dann der Anschein da war, dass die Liquiditätshausse ihrem Ende neigt, und Aktienmärkte stärker korrigierten als erwartet,  ergriff der Vorsitzende der FED  Mr. Ben Bernanke das Wort. Er bekräftige, dass die Anleihenkäufe im gleichen Umfang weiterlaufen werden und die Gedankenansätze für Liquiditätskürzungen in den Lokus gespült werden können. Mr. Ben Bernanke wurde in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch letzte Woche der Retter der Aktienmärkte und zum Albtraum derjenigen Investoren, die auf fallende Kurse gewettet hatten. Der Jubel an den Aktienmärkte war riesig, auch der USD Dollarindex verlor daraufhin einige Prozente, welches einen Heimvorteil für die US-Exportwirtschaft liefert. (3)

Ergo, verdeutlicht dieser Vorgang, dass die Zentralbanken über keinen Masterplan oder einem Exit aus der jetzigen expansiven Geldpolitik verfügen. Sie können nicht mehr zurückrudern, sondern nur noch versuchen die Hausse künstlich am Leben zu halten, um den grossen Crash immer weiter hinauszuzögern. Dieser Crash würde nicht nur ein riesiges Vermögen zerstören, sondern auch zu politischen Umwälzungen führen. Den verantwortlichen am langen Hebel  ist das sehr bewusst aber bei Mr. Bernanke wäre ich mir aber nicht mehr so sicher, denn wenn das Gerücht stimmen sollte, wäre das seine letzte Amtszeit. Es wäre ein krönender Abschluss für ihn, wenn er als Retter der Börse sein Amt aufgibt.(4)

Dieser Diskurs soll aufzeigen, dass die Zentralbanken eine utopische Finanzwelt erschaffen haben, die nur noch steigende Kurse kennt. Eine freie Finanzwelt existiert seit langem nicht mehr.

 

„Utopien erweisen sich als realisierbarer, als man früher glaubte. Und wir stehen heute vor einer auf ganz andere Weise beängstigenden Frage: Wie können wir ihre entgültige verhindern? … Utopien sind machbar. Das Leben hat sich auf die Utopien hineinentwickelt. Und vielleicht beginnt ein neues Zeitalter , ein Zeitalter, in dem Intellektuelle und Gebildete Mittel und Wege erwägen werden, die Utopien zu vermeiden und zu einer nichtutopischen, einer weniger vollkommenen und freieren Gesellschaft zurückzukehren.“ Nikolai Berdjajev

 

Carpe Diem,

Erkan Isik

 

 

Quellen:

(1) http://boerse.freenet.de/forum/COMMERZBANK_kaufen_Kz_28-all-t266337?page=6

(2) http://www.welt.de/wirtschaft/article118185470/Die-Realitaet-holt-das-zweite-Wirtschaftswunder-ein.html

(3) http://www.welt.de/finanzen/article118144927/US-Notenbank-verspricht-billiges-Geld-fuer-lange-Zeit.html

(4) http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/bernankes-letzte-aufgabe-us-notenbankpraesident-deutet-ende-der-anleihekaeufe-an/8378890.html

(5) „Schöne neue Welt“, von Aldous Huxley


2 Responses to Schöne freie Finanzwelt

  1. Tester sagt:

    Ich kann das Theater mit Detroit echt nicht mehr hören! Die Stadt ist alles andere als bankrott, wird nur kaputt gerechnet.

    In den „10,x Milliarden“ Schulden sind mehr als 9 Mil. zukünftige Schulden, die zum Teil erst in 50 Jahren fällig sind! Auf der anderen Seite fließen keinerlei zukünftige Steuereinnahmen und Gewinne in die Rechnung rein.

    Dasselbe ist übrigens überall zu beobachten, ganz USA rechnen so, inkl. der Regierung. Taschenspielertricks.

  2. Erkan sagt:

    Passend zu meinem Artikel:
    Investoren fragen: Wohin mit dem Bargeld?
    Denn er findet keine günstigen Aktien und will auch keine überteuerten Papiere kaufen. Anleihen hält er für noch stärker überbewertet als Aktien. Und somit sitzt er auf einem dicken Bargeldpolster.
    http://www.wallstreetjournal.de/article/SB10001424127887324328904578621581114195830.html

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