Werkstatt Zukunft – „Hinterm Horizont geht´s weiter“

Der folgende Beitrag ist ein Essay von Adrian H. welches er im im Rahmen einer Deutschklausur im Februar 2014 verfasste. Ich finde die Gedanken dieses jungen Mannes die er mir zugesandt hat interessant und veröffentliche diese mit seiner Genehmigung auf IKN. Es ist immer wieder schön zu sehen, dass sich die Jugend doch noch mit den Problemen auseinandersetzt und sich nicht vollends von der Unterhaltungselektronik beherrschen lässt. Viel Spass beim Lesen.

Wo entsteht Zukunft? Wo finde ich die „Werkstatt Zukunft“? Finde ich die Werkstatt im Berliner Bundestag? Wo die Zukunftshandwerker unseres Landes an der Zukunft feilen.
Oder muss ich nach Brüssel reisen? Oder nach Washington? Vielleicht ja sogar nach Israel? Vielleicht sollte ich mich jeden Winter in Davos einfinden oder jedes Jahr ein anderes Luxushotel suchen, indem sich die selbsternannte Elite unseres Planeten trifft um den Bauplan zu konstruieren oder zu korrigieren.
Wenn der Bundestag die Werkstatt ist, wer sind die Architekten?
Bin ich am besten beraten bei mir im Kopf zu beginnen?
Meinen Gedanken, meiner Welt, meiner Zukunft?
Wie beeinflussen mich diese Menschen, viel wichtiger, wie kann ich sie beeinflussen?
Muss ich ein Zelt in Frankfurt aufschlagen oder reichen zwei Kreuzchen alle vier Jahre?
Viele komplexe Fragen in einer noch komplexeren, gar paradoxen Welt.
Liegt die Antwort in den Supercomputern dieser Welt? Können wir bald Zukunft berechnen? Ein erschreckender und interessanter Gedanke, berechnen zu können, wer das WM Finale gewinnt und wie viele Kinder gleichzeitig verhungern, ist bestimmt hoch anspruchsvoll.

Unsere Gesellschaft wird beherrscht von den Symptomen der Probleme, von den Ursachen erfahren wir meist nichts.
Zu einfach und gemütlich ist das „Schwarz-Weiß“ Denken, welches uns vorgegeben wird. Der böse Russe, der gute Amerikaner, der faule Grieche, der fleißige Deutsche.
Eine objektive Erfassung der Vergangenheit sowie der Gegenwart ist unmöglich, egal ob der Versuch den verheißungsvollen Namen „Living Earth Simulator“ träft oder Bild-Zeitung.
„Die herrschende Geschichte ist die Geschichte der Herrschenden“, so verhält es sich auch mit der Gegenwart, welche nach dem nächsten Liedschlag ja auch zur Vergangenheit gehört, rein theoretisch.
Wie unsere Jungend die Zukunft sieht, stimmt mich überraschenderweise positiv.
Die Sorgen der 14- bis 18-Jähringen dreht sich nicht um den Preis des nächsten IPhone oder das Losglück des FC Bayern München bei der nächsten DFB Pokal Auslosung.
Auch so handfeste Probleme wie die Steuerhinterziehung, demografischer Wandel oder Hartz IV scheinen laut der Bertelsmann Stiftung irrelevant.
Nein, handfeste, von menschlichen Egoismus geschaffene Probleme wie Armut, Klimawandel und Nahrungsmittelmangel belegen die oberen Plätze der Auflistung.
Und das bei uns in Deutschland, dem Exportweltmeister mit 6% Arbeitslosigkeit, einem Drittel weggeschmissenen Lebensmitteln und dem Vorreiter Land im Thema grüne Energie.
Fangen wir etwa an Empathie zu entwickeln, gar Solidarität?
Solidarität für ca. 50% der Griechen, welche keine Arbeit finden. Solidarität mit Afrikanern, welche getrieben von Hunger das Mittelmeer überqueren, und das in Booten die auf dem Bodensee wohl nicht zugelassen werden würden.
„Solidarität ist das Gesetz des Fortschritts“, diese zugegeben linke Parole wird zumindest von den Politiker erfolgreich ignoriert.
Und wir, die Gesellschaft, fordern wir ein Umdenken?
Ein Umdenken unserer Zukunftshandwerker, welche wir, das Volk erst zu den Handwerkern ernannten.
Na ja, ob das Volk das Mandat für die Handwerker vergibt, ist äußerst fraglich, wenn nicht schon wiederlegt. CSU-Chef Horst Seehofer brachte es auf den Punkt: „Diejenigen, welche gewählt wurden, haben nichts zu entscheiden. Und diejenigen, welche entscheiden, wurden nicht gewählt.“
Dieser Zustand führt zu der „alternativlosen“ Politik unserer Kanzlerin. Regieren Fehlanzeige, reagieren lautet die Devise.
Diese Politik führt zu Entscheidungen, welche weit entfernt sind vom Volkswillen.
Diese Politik endet in dem „alternativlosen“ und somit perspektivlosen Handeln, darauf gerichtet, „Systemrelevante“ Dinge zu tun.
Möchten wir dieses System?
In dem Banken alles und jeden im Würgegriff halten. Selbst Staaten zittern vor der Macht der Banken und des Geldes.
„Spricht das Gold, dann schweigt die Welt“, dieses lateinische Sprichwort hat nicht an Bedeutung verloren.
Und wenn das Volk spricht? Die NSA hört mit, soviel wissen wir bereits, aber werden wir auch verstanden?
Sind die Menschen, welche alle vier Jahre zur Wahl stehen, nicht schon auserwählt worden?

Laut „Shell Jugendstudie 2010“ halten die Meisten die Demokratie für, nennen wir es, dass geringste Übel. Doch leben wir in einer „Herrschaft des Volkes“?
Ist dieses Volk überhaupt noch existent? Sind wir nicht schon längst reduziert auf den Konsumenten, regiert von den Konzernen, welche wiederum den Banken unterlegen sind.

Werden wir als Volk nicht für ganz blöd verkauft? Bei Laune gehalten mit Events wie Olympia und WM, eingeschüchtert von Terror, Armut und Krankheit und unterteilt in sozial, konservativ, grün, rechts und links.
Die Politik, als treibende zukunftsgestaltende Kraft, unternimmt so vieles um uns zu unterteilen, in Gehalts- bzw. Steuerklassen, in politische Lager, Religionen, in Nationalitäten.
Was uns unterscheidet erfahren wir jeden Tag, was uns vereint, bleibt meist verborgen. Besonders das letzte Glied der sozialen Kette verliert mehr und mehr den Anschluss.
Das Bewusstsein, in unserer Gesellschaft ohne Schulabschluss nicht weit zu kommen, lässt sie den Glauben an die Zukunft und somit an die Politik verlieren.
Wie holen wir die „Werkstatt Zukunft“ zurück in unsere Gesellschaft?
Reichen Onlinepetitionen aus? Brauchen wir Volksentscheide, oder sollten Parteienspenden und Lobbyismus verboten werden? Bedarf es einer Revolution, damit Volksvertreter auch wieder das Volk vertreten?
Sollte uns der Bildungsplan nicht beibringen, wie wir denken sollen, nicht was wir denken sollen?
Sich als Architekt für die Werkstatt zu sehen endet oft in Utopien, Spinnerein, dem Traum von einer besseren Welt.
Doch ist es nicht das, was wir brauchen? – der Traum von einer besseren Welt, getragen vom Prinzip Hoffnung, Hoffnung auf Wandel, Verbesserung und ein würdiges leben für Jeden.

Dass das Prinzip Hoffnung durchaus als politische Agenda funktioniert, wissen wir seit der US- Präsidentschaftswahl 2008. „Yes we can“ und „Change“ als Motto eines afroamerikanischen Präsindentschaftskanidaten, für einen kurzen Moment dachte die Welt wirklich, es würde sich etwas verändern. Sogar das Nobelpreiskomitee konnte Obama mit seiner Rhetorik blenden, nun sind sechs Jahre vergangen, von den großen Ankündigungen ist nichts geblieben.
Warum vermag es selbst Obama nicht die Welt zu verändern, vorrausgesetzt, er hatte es je vor?
Auch nur eine Marionette? Nicht mächtig genug? Die ganz große Verarsche?
Eine Mischung aus allem ist wohl richtig, auch nur ein Werkzeug in der großen Werkstatt. Und wenn das Werkzeug nicht arbeitet, wie es die Handwerker wollen – dann einfach die Wahlen abwarten oder einen verrückten Einzeltäter.
Vielleicht sollte wir in der Tat im eigenen Kopf anfangen, Vernunft und Tugend, Wertschätzung für Menschen, Tiere und auch Sachen; Verständnis und Toleranz, Solidarität. Angefangen bei den Kindern von heute, dort muss der Ursprung jeglicher Veränderung liegen.
„Man erntet, was man säht“, also lasst uns bei den Kindern beginnen, sie sehen die Welt durch uns.
Oder sind wir schon zu weit um umzukehren? Der klassische Lehrer, Ökonom oder Politiker würde bei solch utopischen Vorstellungen nur den Kopf schütteln.
Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit hoch halten, wo kommen wir hin, wenn alle als Hippies durch die Gegend wandeln?
Je höher die Bildung, desto größer ist meist auch die Abhängigkeit von dem eigenen Wissen.
Dann stehen menschenwürdige Arbeitsbedingungen in Konflikt mit Lohnstückkosten, Hartz IV Erhöhung steht in Konflikt mit Staatsverschuldung und der Zweifel am herrschenden System wird als Kriegserklärung für alles so Liebgewonnene aufgefasst.
Klassische Antworten sind dann unter anderem: „Man kann die Zeit nicht zurückdrehen“, „Was will man schon dagegen machen?“, „Leistung muss sich lohnen“ oder „es ist halt so, wie´s nun mal ist.“ Dabei ist es fatal anzunehmen, dass von Menschen gemachte Probleme nicht von Menschen gelöst werden können, das wusste bereits Kennedy.
Wo also anfangen, wenn die Gesellschaft sich nicht im Stande sieht, die Zukunft zum besseren zu wenden, wenn ein vernünftiger Bildungsplan die Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Landes bedroht.
Die Antwort liegt so nahe und ist gleichzeitig so anstrengend, dass sie meist ausgeschlagen wird, – bei sich selbst.
Diese Antwort verlangt viel ab und muss von jedem selbst aus tiefer Seele kommen.
Dann nämlich ersetzt der überfüllte Bus das eigene Auto, lesen ersetzt Fernsehen, kochen ersetzt McDonalds und im Idealfall ersetzt Solidarität Egoismus.
Dann ist schnell die Rede von der „Verantwortung des Verbrauchers“ und von „Selbstverantwortung“, doch gibt es so was heute noch?
Sind wir alle mündig und selbstbestimmt?
Oder werden wir alle manipuliert, neudeutsch: „Brainwashed“, sind wir zu Objektivität in einer postmodernen Welt noch in der Lage?
Wollen wir Geld ausgeben, welches wir nicht haben, um Sachen zu kaufen, die wir nicht brauchen, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht kennen.
Wollen wir das? Oder sollen wir oder müssen wir das sogar?
Die „Werkstatt Zukunft“ liegt in unsere Köpfen, weit weg von allem Irdischen, die Kunst besteht darin, sich auszutauschen und immer dazu zu lernen, sich nicht zufrieden zu geben und alles zu hinterfragen, die Hoffnung nicht zu verlieren und stets an das Gute zu glauben.
Stets das Rechte im Blick behalten und nicht den Kopf in den Sand zu stecken, offen zu sein für Neues und dabei stets das Alte und Gewisse bewusst zu machen.
In einer immer schneller werdenden Welt Halt und Gewissheit zu haben, Werte, auf denen gebaut werden kann, keine Vermutungen oder Annahmen, sondern handfeste Werte, welche das Fundament bilden für das Haus der Zukunft.
Wer die Architekten sind, wissen und wussten wir nie mit absoluter Sicherheit, doch jeder sollte sich seiner Aufgabe in der Werkstatt bewusst sein, mag sie noch so klein und unbedeutend erscheinen.
Die Besinnung auf all das Menschliche, das uns verbindet und eint, muss Priorität erlangen. Jenseits von Wahrheit und Lüge, von Gut und Böse werden wir die wahrhaftige „Werkstatt Zukunft“ finden – ganz nach dem Motto: „Hinterm Horizont geht’s weiter.“

Adrian H.


5 Responses to Werkstatt Zukunft – „Hinterm Horizont geht´s weiter“

  1. Govan sagt:

    Dazu fällt mir ein Satz eines meiner Lehrer ein, als es darum ging mir in Sozialkunde keine eins zugeben ,obwohl diese gerechtfertigt gewesen wäre .

    Ich will dir nicht deine Zukunft verbauen….
    Und er mag recht behalten haben.

    Sorry diese Welt ist Kloake .

    Da reicht es schon wenn ich den Faden von gestern in mich zuließe.

    Das Grundübel sind nicht die Eltern .
    Das Grundübel IST das ihnen nicht bewust was es heißt zu ent~binden
    Was im Wort ENT ~ BINDEN enthalten ist.
    DAS sie Worte wie ERZIEHUNG gebrauchen! anstatt ENTFALTEN.

    Woher solltet sie diese Wissen noch haben?

    Wer unterstütz diese Weg, bzw wie weit sind Eltern in der Lage sich aus zuschließen..
    Und hier fängt der Nächte Irrsinn an…SCHULE…
    Keine Suche nach den individuelle Fähigkeiten ..
    NORMUNG ..der (ge)norm(t)ale Bürger IST das Ziel.

    Was ich lesse erinnert mich an meine Jugend ,meinen Weg ..
    Das einsam werden weil zwischen den Erkenntnisen und Realität keine zusammen kommen ist.

    Es ist nicht der Kopf der eine Werkstatt am leben erhält ,es ist das eigene sein entfalten .
    Der Kopf sieht den Profit und eben dieser ist verursachen für al diese eben.

    Jedoch das Sein findet darin keinen Platz mehr, weil es um ausprobieren, experemtiern,
    Erfahren ohne jeglichen vorteilnahme geht.

    Zuletzt ..ich bekam die eins weil ich darauf bestand..ich zu sein…

  2. Habnix sagt:

    Der Verbraucher hat es in der Hand, wie die Glühbirne es gezeigt hat. 😉

    Wo ? Vorgestern in der ARD bei Anne Will und sie wollte doch nicht. 😀

  3. […] ***Werkstatt Zukunft – „Hinterm Horizont geht´s weiter“*** […]

  4. Pidder Lüng sagt:

    Mehr Punk, weniger Hölle!

    In Island fand ein einzigartiges politisches Experiment statt: Vier Jahre lang regierten Anarchisten die Hauptstadt Reykjavik. Und diese Amateure haben Erstaunliches vollbracht.

    Als die Stimmen ausgezählt waren, sagte die Premierministerin von Island, das Ergebnis sei ein «Schock». Den Schock teilten an diesem Abend so gut wie alle. Die bisherigen Parteien, weil sie die Wahl verloren hatten. Und die neue Partei, weil sie die Wahl gewonnen hatte.

    Ein solches Resultat hatte es noch nie gegeben, nicht in Island, nicht sonst wo auf der Welt. Dabei war Reykjavik eigentlich eine verlässlich konservativ stimmende Stadt gewesen. Das war nun Vergangenheit. Mit 34,7 Prozent hatte die Stadt eine neue Kraft an die Macht gewählt: die Anarchosurrealisten.

    Deren Spitzenkandidat, Jon Gnarr, von Beruf Komiker, betrat bleich den tobenden Saal voller betrunkener Anarchisten. Er hob fast schüchtern die Faust und sagte: «Welcome to the revolution!» Und: «Hurra für alle möglichen Dinge!»

    weiterlesen hier :
    http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Mehr-Punk-weniger-Hoelle-/story/25977893

  5. achmedius sagt:

    mich hat dieser artikel eher traurig gestimmt, zeigt er doch was möglich wäre.
    die verrückten an die macht denn schaut euch an wohin die normalen uns gebracht haben.
    ganz im sinne von wolfgang neuss.
    dieser verückte den die deutschen nicht verstehen wollten. er wäre unser gnarr gewesen.
    ordnung ohne herrschaft, werden die völker dies je verstehen.
    melankolisch zurückbleibender
    achmedius

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