Demo Berlin: Ja zum Grundgesetz heißt Nein zum ESM.

Während die Republik im Mittelpunkt des weltpolitischen und „weltgeldpolitischen“ Interesses liegt, herrscht in unserer Bevölkerung eine Mischung zwischen gespenstischer Lähmung und heilloser Verwirrung. Dem zum zweiten Mal von oben erfolgenden Staatsstreich gegen eine Demokratie auf deutschem Boden weichen Mehrheitler aller politischen Strömungen unter den begrifflich-geistigen Rettungsschirm „Verschwörungstheorie“ aus. Diesen muss man nur mit „Ketzer“ übersetzen, um zu begreifen, in welcher Tradition er steht und diejenigen, die ihn benutzen. So wird versucht, die eigene gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit, verheerende Passivität und destruktiven Fatalismus zu rechtfertigen.


Demonstration in Berlin
Platz der Republik
8.Juni 2012
15 Uhr

Unter einem von Staatsmedien, Informationsindustrie und oligarchischen Parteifürsten verordneten Dogma der „Zusammenhanglosigkeit der Zusammenhänge“, der mit zunehmender Stigmatisierungsangst der einzelnen Bürger einhergeht, fällt es vielen von mal zu mal schwerer, sich an öffentlichen Diskussionen oder politischem Engagement zu beteiligen. Dies reicht bis hin zu Problemen einzelner, von Zeitungsartikeln mehr als die ßberschrift zu lesen. Gleichzeitig wird mit geradezu inquisitorischem Hass allen begegnet, die noch Dinge miteinander in Zusammenhang bringen. Von Antidemokraten, institutionellen oder ideologischen Verfassungsgegnern gestreute Denunziatonen und Gerüchte sollen ein ßbriges tun, um mit allen Mitteln die Selbstsabotage von Parlament und Verfassungsgericht durchzuzwingen, unter lauter Teilnahmslosigkeit genau der 82 Millionen Menschen, die man ihres Gesellschaftsvertrages berauben will.

Die Demokratien halb Europas stehen bereits unter einer aus der Berliner Bundesregierung und dem Frankfurter Bankenviertel heraus brutal orchestrierten Finanzdiktatur. Im Hintergrund ziehen die im weltweiten Kartell „Institute of International Finance“ IIF organisierten Banken die Fäden, mit dem leitenden IIF-Direktor Josef Ackermann als Berater der Bundesregierung.

Alle etablierten politischen Organisationen versagen. Der Bevölkerung wird die Wahrheit verschwiegen.

Dies ist die Situation, in der wir aktiv werden.

Unsere Demonstration vor dem Reichstagsgebäude richtet sich nicht an irgendwelche „Massen“. Sie richtet sich nicht gegen Bevölkerungsteile, sondern Zustände. Diese sind über einen langen Zeitraum gewachsen und haben ein untragbares Ausmaß erreicht.

Der seit dem Jahre 1982 in Westdeutschland zunächst schleichend einsetzenden Enteignung von Einkommen und öffentlichem Eigentum der Bürger folgten innerhalb nur drei Kanzlerperioden bis 2012 in der gemeinsamen Berliner Republik eine systematische Entsolidarisierung, Entrechtung, Entdemokratisierung und letztlich Entsouveränisierung von Bürger, Parlament und Republik. All diese Prozesse wurden von den im Kern seit dem Einigungsvertrag 1990 unveränderten Bundestagsparteien mitgetragen. Dies ist im Kontext von 20 Jahren „Europäischer Union“ und 10 Jahren „Euro“-Währungssystem zu sehen.

Zu den Rechtsfolgen des geplanten „Europäischen Stabilisierungsmechanismus“ (ESM) haben wir uns bereits im Demonstrationsaufruf ausführlich geäußert. Mittlerweile wird selbst von der Bundesregierung und ihrem Chefstrategen Wolfgang Schäuble (der als Finanzminister den gleichen Angriffskrieg gegen das Grundgesetz fortsetzt, den er schon als westdeutscher Innenminister, Architekt der Einigungsverträge 1990 und Innenminister von 2005 bis 2009 führte) zugegeben, dass der ESM-Apparat selbst außerhalb jeden Rechts des Staatenbundes „Europäische Union“ angelegt ist und diese lediglich als Sprungbrett und Deckung nutzt.

Der Bundesrat, Schlafes Bruder des Bundestages, beschwert sich nun, dass durch den ESM-Mechanismus und seine Begleitgesetze die von Artikel 79 Verfassung zwingend und nicht verhandelbar garantierte „grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung“ ignoriert werden sollen. Nach der Erfahrung der letzten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, ist davon auszugehen, dass Proteste der Länderkammer gegenüber der Exekutive im Bund genauso viel wert sind wie die einzelner Abgeordneter oder Roter-Backen-Parteien à la CSU: nichts.

Anzunehmen ist, dass Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident noch vor der Sommerpause im Gänsemarsch zu den drei ESM-Begleitgesetzen den Kopfnicker geben werden. Deutschland wird sie dabei genauso einen Dreck interessieren wie das Schicksal der bereits unter Finanzdiktat stehenden anderen europäischen Staaten.

Es wird letztlich am Bundesverfassungsgericht hängen bleiben, den Fortbestand der Bundesrepublik zu gewährleisten und den die Bürger europaweit bedrohenden Finanzimperialismus unserer Regierung zu stoppen. Diesbezüglich erinnern wir die Roten Roben an ihr eigenes Urteil vom 30.Juni 2009 (2 BvE 2/08), in dem ein vom Grundgesetz erlaubter Staatenbund wie folgt definiert wurde: „eine enge, auf Dauer angelegte Verbindung souverän bleibender Staaten“. Des Weiteren hieß es im Urteil:

„Das Grundgesetz setzt damit die souveräne Staatlichkeit Deutschlands nicht nur voraus, sondern garantiert sie auch.“

Auch eine Staatsfinanzkontrollorganisation wie der ESM, der nicht einmal den Anschein erweckt irgendetwas anderem zu dienen als „notleidenden“, „systemischen“ Banken weltweit und deren Geldforderungen an Staaten im Euro-System, hat sich dem Grundgesetz und der von ihm garantierten souveränen Staatlichkeit Deutschlands unterzuordnen. Damit wirft unsere Verfassung nicht nur einen Schutzschirm über unsere Republik und ihre Menschen, sondern setzt auch einen Standard für alle anderen europäischen Demokratien im Staatenbund, den jede völkerrechtliche Organisation, auch der ESM, zu beachten hat.

Genau diesen rechtlichen Standard aber scheuen die Privilegierten und ihre Fußtruppen. Banken, Konzernverbände, Regierungsräte, Nationalisten, Konzerne, Antigriechen, Antitaliener, Antispanier, Antideutsche, etc, ziehen derzeit als bizarre Querfront der Antidemokraten gegen die Demokratien und ihre Verfassungen, in Europa und besonders im Währungsgebiet „Euro“.

Nationalismus und Entstaatlichung der Mitgliedsländer im EU-Staatenbund, speziell im Währungsgebiet „Euro“, befördern und bedingen sich dabei gegenseitig. Von Anfang an wurden seitens der EU-Räte und Kommissare, dem Frankfurter Währungsdiktator EZB, dem Internationalen Währungsfonds und natürlich der Regierung Deutschlands, innere und äußere Spannungen in Staaten des EU-Einflussbereichs ausgenutzt, um die eigene Agenda voranzutreiben. Den Deutschen wurden, in mittelalterlich anmutender klerikaler Heuchelei, die „Schuldensünder“ Griechen, Portugiesen, Irländer, Italiener, Spanier usw. vor die Medienfüße geschmissen und in den betreffenden Ländern durch Banker, Regierungsparteien und Lobbyisten (die sich bei hochherrschaftlichen Konferenzen zu Brüssel und Washington gemeinsam mit Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und Jens Weidmann über die Dummheit ihrer Untertanen mokierten) alles auf „die Deutschen“ geschoben.

Diese alte Taktik des Römischen Imperiums, „Divide et impera“, wird nur durch ein nicht ganz so altes, aber nichtsdestotrotz durch die Geschichte immer wieder äußerst effektives Mittel der Völker und Menschen gegen ihre Ausbeuter und Usurpatoren überwunden: die Solidarität.

Wir setzen unsere Solidarität mit den bedrohten europäischen Demokratien gegen den zerstörerischen Nationalismus und gegen das mitleidlose, menschenfeindliche Finanzdiktat der Banken im Namen unserer Regierung.
Wir setzen unsere Solidarität, als Bürger dieser Republik, mit den Bürgern der anderen souveränen Staaten in Europa gegen den absurden Herrschaftsanspruch einer „politischen Union“, „Fiskalunion“ oder gar „Bankenunion“ über Europa.
Wir setzen unsere Solidarität, im gemeinsamen Interesse unsere Demokratie zu erhalten, gegen alle Versuche uns wegen Unterschieden in Stand, Herkunft, Religion, Weltanschauung, privaten oder politischen Angelegenheiten gegeneinander in Stellung zu bringen.

Unsere Rednerliste am Freitag, dem 8. Juni, spiegelt die Breite unseres Bündnisses wieder.

Volker Reusing
Bürgerrechtler, mehrfach Verfassungskläger in Karlsruhe, derzeit engagiert in Verfassungsklage gegen das „Stabilisierungsmechanismusgesetz“

Beatrix von Storch
Vorsitzende von Zivile Koalition e.V.

Lony Ackermann
Attac

Hansjörg Schrade
Aktionsbündnis Direkte Demokratie, Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen und Unternehmer

Daniel Neun
Radio Utopie

Wir bedanken uns ausdrücklich bei unseren Unterstützern, insbesondere dem Aktionsbündnis Direkte Demokratie und der Zivilen Koalition. Parteien wurden nicht als Unterstützer aufgenommen. Als Unterstützer der Demonstration gelten ausschließlich folgende Einzelpersonen und Organisationen:

Radio Utopie
Aktionsbündnis Direkte Demokratie
Jenny´s Blog
Cosmicpoetryclub
Firat Kilic
Lars Freise, Berlin
Zivile Koalition

Parteien, Personen und Gruppen dagegen, die seit jeher nichts als das Grundgesetz in den Dreck gezogen, bekämpft und die Republik als „GmbH“ tituliert haben, können dort bleiben, wo sie hingehören. Das ist nicht bei uns.

gez.
Freunde des Grundgesetzes


5 Responses to Demo Berlin: Ja zum Grundgesetz heißt Nein zum ESM.

  1. wobi sagt:

    Wieso auf Demos zur Finanzkrise nie so viele kommen, wie man es sich wünschen würde beantwortet Wilhelm Heitmeyer, Soziologe und Konfliktforscher, in einem Interview.

    Er gibt weitere interessante Antworten über die Gesellschaft und die Rolle der Eliten.

    Ein kleiner Auszug:

    Mit der Konsequenz, dass sich keiner mehr zu Fairness verpflichtet fühlt?

    Keiner ist übertrieben, aber es greift in der Tat eine Entmoralisierung um sich. Das Prinzip der Gleichwertigkeit aller Menschen wird aufgekündigt. Das heißt, man wertet andere Menschen ab, insbesondere schwache Gruppen, um sich selbst aufzuwerten. Und die Maxime ß?Rette sich, wer kannß? gewinnt an Bedeutung. ßbrigens ist das ein wesentlicher Grund dafür, dass es insgesamt bislang kaum zu nennenswerten kollektiven Protesten gekommen ist. In einer individualisierten Gesellschaft entsteht dafür kein Bewusstsein mehr.

    Bei den Occupy-Protesten, zuletzt in Frankfurt, gingen immerhin Zehntausende auf die Straße.

    Gegen Ansätze wie die Occupy-Bewegung ist die Staatsmacht, speziell in den USA, mit einer martialischen Kontrolldrohung vorgegangen, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Ich konnte das in New York selbst beobachten. Das ist die praktizierte staatliche Verlängerung des autoritären Kapitalismus. Und das Signal gerade an junge Leute ist klar: ß?Bewegt euch ja nicht! Sonst kriegt ihr richtig ßrger.ß?

    In manchen Ländern gibt es Aufruhr und politische Gewalt. Warum ist das in Deutschland bisher nicht so?

    Es gibt Vergleichsprozesse nicht nur zwischen Menschen innerhalb eines Landes, sondern in verschiedenen Ländern. Wenn Jugendliche in Deutschland sehen, wie dreckig es ihren Altersgenossen in Spanien oder Griechenland geht, sagen sie sich: ß?Da sind wir noch gut dran.ß? Und schon zerbröselt ß? trotz aller Unklarheit über die eigene Zukunft und die Zukunft der Gesellschaft ß? ein Motiv für kollektiven Protest.

    Können sich die Mächtigen bei uns zurücklehnen, weil ihnen das Volk keine Scherereien machen wird?

    Im internationalen Vergleich ja. Zumal kollektiver Protest für den Einzelnen immer mit einem persönlichen Risiko verbunden ist. Selbst als bloßer Mitläufer kann ich in Situationen kommen, die außer Kontrolle geraten, und habe dann womöglich eine Vorstrafe am Hals und andere unangenehme Dinge, die wiederum meine ganze Lebensplanung über den Haufen werfen können. Da verliere ich am Ende mehr, als ich je hätte gewinnen können.

    Sie meinen tatsächlich, ein junger Demonstrant kalkuliert heute, ob er als Landfriedensbrecher nach Hause kommt?

    Nicht in der Situation selbst, aber vorher schon. Das ist eine völlig normale rationale Abwägung.

    Link: http://www.fr-online.de/politik/konfliktforscher-eliten-sind-teil-des-problems,1472596,16292364.html

  2. WsdV-Blog sagt:

    Eine interessante Formulierung zum ESM ist in folgender Vorabversion zu finden: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/096/1709670.pdf

    Eigentlich kann man es nicht deutlicher formulieren oder…

    Zu Ziffer 8:
    Die Bundesregierung teilt diese Ansicht nicht.

    Beim ESM handelt es sich nicht um ein EU-
    Vorhaben gemäß Artikel 23 GG, sondern um einen völkerrechtlichen Vertrag, der bewusst
    außerhalb der EU konzipiert wurde.

    Für eine Anwendung des Artikel 23 GG besteht schon
    deswegen keine Grundlage. Abgesehen davon werden mit dem ESM-Vertrag weder Hoheitsrechte
    auf die EU übertragen noch erfolgt eine sonstige ß?Veränderung der textlichen Grundlagen des
    europäischen Primärrechtsß? (vgl. BVerfGE 123, 267 [355]).

    Bin durch Herrn Lachmann darauf aufmerksam geworden.https://guentherlachmann.wordpress.com/2012/05/30/der-esm-hat-mit-europa-angeblich-nichts-zu-tun/

  3. King Balance sagt:

    ESM: Lebenslange Immunität aller ESM-Angestellten gegen rechtliche Verfolgung. http://www.krisenvorsorge.com/wp-content/uploads/2012/06/2012-05-28-ESM-Target-Goldaktion-Webinar1.pdf

    Hofberichterstatter:
    Die Welt-Online-Leser werden von den Presstituierten informiert, dass es bei dieser Währungsreform dann an ihr Erspartes geht. Der ESM wird natürlich nicht erwähnt.. http://www.welt.de/debatte/kommentare/article106419129/Die-irrsinnige-Option-von-der-Rueckkehr-zur-D-Mark.html

    Buchstabieren – Blond und fern der Heimat?!?!?
    http://kingbalance.blogspot.com/2008/11/buchstabieren-blond-und-fern-der-heimat.html

    Carl Friedrich von Weizsäcker
    .
    Das deutsche Volk bewertete er wenig schmeichelhaft wie folgt:
    .
    Absolut Obrigkeitshörig, des Denkens entwöhnt, typischer Befehlsempfänger, ein Held vor dem Feind, aber ein totaler Mangel an Zivilcourage!
    .
    Der typische Deutsche verteidigt sich erst dann, wenn er nichts mehr hat, was sich zu verteidigen lohnt. .
    Wenn er aber aus seinem Schlaf erwacht ist, dann schlägt er in blindem Zorn alles kurz und klein, auch das was ihm noch helfen könnte.

  4. […] Demo Berlin : Ja zum Grundgesetz heißt Nein zum ESM. | Ik-News […]

  5. Evey sagt:

    Ja das war sie nun, die Berliner Demo gegen den ESM vor dem abgesperrten Reichstagsgebäude. Die Teilnehmerzahl war dürftig, obwohl die Stadt voller Menschen war. Unendlich viele Touristen waren unterwegs, von denen ein par spontan mal anhielten um kurz zuzuhören. Außerdem liefen nebenan die Vorbereitungen für das public viewing zur EM. Nach ca. 70 Minuten war die Veranstaltung auch schon vorbei.

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