Präzedenzfall: S&P erstmalig wegen falschem Rating verurteilt

Das Urteil eines australischen Gerichts könnte eine Signalwirkung haben und etliche weitere Prozesse in Gang bringen. Bisher wurden Agenturen wie S&P, Moody´s oder Fitch nicht für zum Teil sehr fragwürdige Ratings zur Verantwortung gezogen. Anders bei der Urteilsverkündung heute in Sydney: Zwölf Gemeinden hatten nach Beratungen durch ABN Amro und Local Government Financial Services Pty rund 16 Millionen australische Dollar investiert und im Zuge der Finanzkrise ca. 90 % des Wertes verloren. 


Richterin Jayne Jagot am Australian Federal Court verurteilte sowohl S&P, als auch die beiden Finanzinstitute zu einer Zahlung von 30 Millionen australischen Dollar. Jede Partei hat einen Drittel zu Zahlen. Damit sollen der Schaden und die Zinsen für die Gemeinden beglichen werden.

Die Richterin erklärte ihre Entscheidung damit, dass das Rating für zwei strukturierte Anleihen von S&P irreführend und täuschend gewesen sei. Zum Thema schreibt die Welt:

Zwölf Kommunen haben nach eigenen Angaben mehr als 90 Prozent der 16 Mio. australischer Dollar verloren, die sie in die sogenannten Rembrandt-Anleihen investierten. Die Papiere, die an Kreditausfallswaps auf Unternehmen der Kategorie Investmentgrade gekoppelt waren, wurden von S&P mit der erstklassigen Note „AAA? bewertet.

„Zum ersten Mal ist eine Ratingagentur auf diese Weise für ihre Auffassung zur Verantwortung gezogen worden?, erklärte Harald Scheule, Associate Professor für Finanzen an der University of Technology Sydney.[1]

Bei Bloomberg (englisch):

Das Umschichten von Schulden in Wertpapiere mit Top-Bonität durch S & P und andere Ratingagenturen führte zu mehr als 2 Billionen Dollar Verlusten und Abschreibungen als Lehman Brothers Holdings Inc. im Jahr 2008 zusammenbrach und die Welt in eine Rezession fiel.
[…]
Das 1459-seitige Urteil ist ein schwerer Schlag für Ratingagenturen, welche seit Jahren von der Ausgabe dieser Ratings profitieren, schrieb Amanda Banton – Partnerin bei der Anwaltskanzlei Piper Aldermann welche die Gemeinden vertritt – in einer Email. Das Urteil wird die Transparenz bei Ratings verbessern fügte sie hinzu.
[…]
S&P war enttäuscht über das Urteil und kündigt Berufung an. Man weise jede Verantwortung von sich, das Rating wäre unangemessen gewesen.
[…]
John Walker der Executive Direktor der IMF Australia Ltd, das Unternehmen welches diesen Rechtsstreit finanzierte, sagte das Urteil könne auch Auswirkungen auf andere Länder haben. Man finanziere auch eine Klage in den Niederlanden in Höhe von 2 Milliarden Euro. Dort geht es um ähnliche Papiere, bewertet durch S&P und verkauft durch ABN Amro.
[…]
Die Local Government Financial Services verklagt auch S&P und beschuldigt das Unternehmen der Pflichtverletzung und Nachlässigkeit bei der Vergabe der höchsten Bonitätsstufen.[2]

Das Urteil ist zunächst ein Präzedenzfall und wie zu erwarten war, geht S&P in die Berufung. Signalwirkung hat es aber allemal und zumindest bis zum Berufungsverfahren müssen sich die Ratingagenturen ordentlich zusammenreißen und können nicht mehr willkürlich mit völlig abstrakten Ratings arbeiten, welche jeder Sachlichkeit entbehren.

Das Urteil in Australien sind Peanuts für die Agentur, allerdings stehen noch wesentlich höhere Zahlen im Raum. Was im Zuge der Finanzkrise durch unzutreffende Ratings an Kapital vernichtet wurde, beläuft sich im Bereich von hunderten Milliarden oder gar Billionen. Durch dieses Urteil dürfte eine Klagewelle in Gang kommen. Harte Zeiten für Fitch und Co?

Carpe diem

[1] http://www.welt.de/newsticker/bloomberg/article110635240/Standard-amp-Poor-s-verliert-Verfahren-wegen-Ratings-in-Australien.html
[2] http://www.bloomberg.com/news/2012-11-04/s-p-found-liable-by-australian-court-for-misleading-ratings.html


One Response to Präzedenzfall: S&P erstmalig wegen falschem Rating verurteilt

  1. Frank H. sagt:

    Kommt Alles zu spät. System abgebrannt. Kosmetik. Plötzlich will keine rmehr im Club med dabei sein. *lol*

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