Medienmanipulation: Springers „DIE WELT“ und die Causa Grass

Hier mal wieder eine kleine Lehrstunde zur Manipulation durch die Medien. Wenn ich Lehrer für „Gemeinschaftskunde“ (gibt’s das Fach überhaupt noch heutzutage?) wäre, würde ich den Schülern diese zwei Artikel aus ein und demselben Pressehaus „Die Welt“ vorlegen und diese mit ihnen besprechen – damit sie lernen, mit Manipulationen umzugehen.


by Janu 28.06.2013

Zunächst der gestern am Morgen zuerst(!) erschienende Artikel: „Günter Grass nennr Bundeswehr Söldnerarmee“[1]

Dann erschien abends gegen 19.00 Uhr der Artikel „Grass beschert dem lieben Peer das nächste Problem“[2]

Allerdings war dem Autor „Sturm“ nun als Co-Autorin eine „Miriam Hollstein“ zugeordnet worden (oder die „Hollstein“ war von Redaktionsleiter angewiesen worden, den Artikel von „Sturm“ einfach allein zu ‚überarbeiten‘). Der Artikel bringt nur genau dieselben Informationen wie der Artikel vom frühen Morgen. Anders als im ersten Artikel wird Günter Grass jetzt aber tüchtig geschmäht und verunglimpft.
M. a. W.: Der Leiter der Redaktion hatte nur deshalb die Abfassung eines sachlich völlig unnützen ‚Zweitartikel‘ angeordnet, weil die Leser politisch ‚eingenordet‘ werden sollten, indem nun gegen Grass gehetzt wurde.

Ach ja, die „Waffen-SS“! Natürlich werden unkundige Leser stets über Grass und die „Waffen-SS“ getäuscht. Aber wie verhielt es sich denn damals tatsächlich?
Zunächst muß man wissen, daß die „Waffen-SS“ nichts mit der „KZ-SS“ zu tun hatte. Die einzige Gemeinsamkeit war, daß beide „SS“ dem Himmler unterstanden. Die „Waffen-SS“ war eine reine Armee (die allerdings – genauso wie die „Wehrmacht“ – auch an den Verschleppungen von „rassisch Minderwertigen“ in die Vernichtungslager teilnahm) und hatte auch ganz andere uniformen als die „KZ-SS“:.

Wie kam es zur „Waffen-SS“?
Himmler wollte plötzlich auch eine Armee haben (witziger Weise wollte er nie eine eigene Marine oder Luftwaffe – warum eigentlich nicht?). Die Nazi-Generäle wollten aber keinesfalls deutsche Wehrpflichtige an Himmler abgeben. Deshalb wurde vereinbart, daß Himmler für seine „Waffen-SS“ lediglich auf Ausländer (und insbesondere „Auslandsdeutsche“ zugreifen durfte. Deswegen kamen skandinavische Freiwillige zur „Waffen-SS“ („Legion Wiking“) und sämtlich ‚ethnisch Deutsche‘ z. B. aus Siebenbürgen (Rumänien), Rußland – und eben auch aus dem „Korridor/Westpreußen“ und Danzig („Freistaat“). D. h. Günter Grass konnte seine Einziehung zur „Waffen-SS“ überhaupt nicht verhindern!

Auch mein Vater und seine Brüder, die im „Korridor“ sesshaft waren, wurden selbstverständlich zur „Waffen-SS“ eingezogen. Anders aber als mein Vater und dessen Brüder versuchte Grass jedoch dies zu unterlaufen, indem er sich kurz vor seiner Einziehung zur „Waffen-SS“ freiwillig zur U-Boot-Truppe meldete. Grass war damals im Herbst 1944 gerade mal 17 Jahre alt – und der Krieg würde in einem ½ Jahr zuende sein. Bei der Marine wurde Grass aber zurückgewiesen – und deshalb dann doch zur „Waffen-SS“ eingezogen.
Grass‘ Verhalten war also – anders als das meines Vaters und seiner Brüder – überaus löblich und anerkennenswert!

Statt dessen dreht man jetzt alles um und macht ihn zum Nazi!

Auf Wikipedia steht zu lesen:

„Im November 2007 erhob Grass durch seinen Anwalt Unterlassungsklage gegen die Verlagsgruppe Random House, zu der der Goldmann Verlag gehört. Die Klage zielte gegen die Behauptung, Grass habe sich freiwillig zur Waffen-SS gemeldet, in einer aktualisierten, bei Goldmann erschienenen Fassung der Grass-Biografie von Michael Jürgs.[57] Zu einer Gerichtsverhandlung kam es nicht. Grass und Random House einigten sich auf einen Vergleich, wonach sich Jürgs verpflichtete, den strittigen Passus in einer Neuauflage dahingehend zu ändern, dass Grass in seiner Autobiographie geschrieben habe, als Siebzehnjähriger im Herbst 1944 zur Waffen-SS-Division „Frundsberg“ eingezogen worden zu sein.[58] Dies entsprach auch der Darstellung von Robert Schindel, wonach Grass – nachdem er sich freiwillig zur U-Boot-Truppe gemeldet hatte und dort nicht genommen worden war – zur Waffen-SS rekrutiert wurde.[46].

(A.d.R. Leserbriefe müssen nicht die Meinung des Seitenbetreibers abbilden oder sich mit dieser decken)

[1] http://www.welt.de/politik/deutschland/article117486876/Guenter-Grass-nennt-Bundeswehr-Soeldnerarmee.html
[2] http://www.welt.de/politik/deutschland/article117515087/Grass-beschert-dem-lieben-Peer-das-naechste-Problem.html


3 Responses to Medienmanipulation: Springers „DIE WELT“ und die Causa Grass

  1. chris321 sagt:

    Gute Darstellung wie diese Medien arbeiten. Ich habe mir die ganze Zeit gedacht wo denn das VIDEO, also „quasi die Echtzeit Annäherung“ ist. Das löst doch alle Diskussionen und Wertungen und jeder kann sich selbst ein Bild machen. Ist diese Technik „Textform“ noch zeitgemäss? Früher war das mit der Videoübertragung ein Problem, aber heute kann die Mehrheit mit einem Internet-Computer doch den realen Clip anschauen und braucht dann keine „Auslegungen“ von irgendwelchen „wildfremden Personen“ zu denen ich praktisch kein Vertrauensverhältnis habe. Die können doch alles behaupten. Ich kann doch nicht bei jeder Behauptung welche diese „Mister X und Misses Y“ machen meinen Beruf an den Nagel hängen und ab sofort zum „Medien-Detektiv“ werden um danach festzustellen dass die Hälfte so nicht stimmt, verdreht dargestellt ist etc. Dann ist doch der Weg über Echtzeit (bzw. weil ich arbeite verzögert über Video) ein echter Problemlöser.

    Mir wird unter DIESEM Aspekt schon klar, warum die konventionellen Medien ein Problem mit den modernen alternativen Medien haben. Es gibt heute die TECHNISCHE MÖGLICHKEIT etwas SCHNELL + AUTHENTISCH zu erfahren (abzufragen / pull) und sich nicht mehr wie in diesen Artikeln „das angeblich Vorgefallene füttern zu lassen“ (feed / push)

    Eine Anmerkung zu folgendem:
    >> „Die Bundeswehr ist keine Söldnerarmee, definitiv nicht.“ Die Wehrpflicht sei suspendiert und nicht abgeschafft worden. Er wünsche sich viele Bürger, die bei der Bundeswehr tätig würden. „Ich möchte, dass sich die Breite der Bevölkerung engagiert.“

    Suspendiert, nicht abgeschafft?

    Grass weiss schon was er sagt und Scholl Latour auch. Das sind die alten, aber weisen Männer. Und sie haben auch das NAZI System noch erlebt, im Gegensatz zu uns „Jungen“. Davon sollten noch mehr den Mut haben sich zu Wort zu melden.

    Natürlich hängt die Bundeswehr völlig am Rockzipfel der US-Armee (und eben z.B. nicht am Rockzipfel der russischen oder chinesischen Armee!). Da die US-Armee aber nachweislich einen völkerrechtwidrigen Angriffskrieg nach dem nächsten führt und keineswegs einsichtig ist, dass das nicht in Ordnung ist, zieht das unweigerlich auch die US hörige Bundeswehr mit in diesen ESKALIERENDEN völkerrechtswidrigen Schlamassel. Nicht zufällig werden jetzt vom deutschen Boden (Stuttgart Africom) aus wieder Angriffskriege und auch noch völkerrechtswidrige geführt, nämlich mit den Drohnen die von hier zum Nahost- und Afrika-Bombardement ins Ziel gesteuert werden. Und die Bundeswehr arbeitet hier mit der US-Armee (wie nicht anders zu erwarten) eifrig zusammen. Also, nichts mehr von wegen Verteidigungsarmee, nichts mehr von wegen „kein Angriff von deutschem Boden“, nichts mehr von wegen „wir nehmen nicht an völkerrechtswidrigen Aktionen Teil“ usw.

    Wäre diese Eskalation mit der Wehrpflicht / dem Bürger in Uniform vorstellbar? Bei einer zwangsweisen Wehrpflicht muss sich jeder Bürger Gedanken über diesen Konstrukt machen und wie er dazu steht. Man kann dann eine Verweigerung schreiben oder man kann „die Anwendung von Gewalt in gewissen Massen und unter bestimmten Bedingungen“ befürworten.

    Und genau letzteres ist das Problem bei einer Wehrpflichtarmee. Denn die „bestimmten Bedingungen“ und „das Mass“ stimmen nicht mehr um das noch im Rahmen einer Wehrpflicht nach altem Muster rechtfertigen zu können. Ich habe damals nicht verweigert und zwar nicht deswegen weil ich nicht gegen Gewalt wäre, sondern deswegen weil man sich als Bürger im Sinne einer „Verteidigungsarmee“ (aber ganz sicher nicht im heutigen Sinne eines Helfer bei einer Angriffsarmee) gesehen hat. Der Bundeswehreinsatz war damals klar geregelt und setzte letztendlich einen katastrophalen Unfall / Notfall mit klarem Bezug zu Deutschland und keine „globalen Kampf-Sportswettbewerbe“ wie heute voraus.

    Die heutigen Sprüche man müsse sich

    WEIL ES DOCH ALLE MACHEN WÜRDEN

    an dem globalen Kampfsportverein oder globalen Spionageverein (PRISM & Co.) engagieren und mithalten (RÜSTEN / der Rüstungs- und Spionageindustrie wegen?), ist ja so was von töricht. Wenn in erster Linie die USA Dinge falsch machen und die USA ist nun mal die letzte verbleibende Supermacht des Kalten Krieges und seines Erbes (Gott geb’s dass Russland und China das Gleichgewicht wieder herstellt!), dann ist das doch kein Argument selbst Dinge falsch zu tun. Wenn z.B. immer mehr Leute Amok laufen und mit ihren Kanonen auf andere schiessen, dann ist das doch kein Argument, dass ich mir jetzt auch eine Kanone kaufen MUSS um da „mitzuhalten“ (Quasi Amoklauf-Sollerfüllung). Was ist denn das für eine „Granaten-Logik“? Das war aber das NAZI Modell. Alle MÜSSEN da mitmachen. Meine Grossmutter sagte uns damals: „Nein, Ihr müsst nicht in den Rhein springen wenn alle anderen meinen da rein springen zu müssen“.

    Wenn ich heute nochmals vor der Entscheidung stehen würde, würde ich unter den derzeitigen Bedingungen sofort und ohne zu zögern verweigern. Das ist nicht mehr die Bundeswehr von damals die wir hier haben, ganz sicher nicht!!!

    Und mir geht es wie Grass. Wenn ich auf dieses Thema komme, da gehen mir die Gäule durch! Was hier in den letzten Jahren auf diesem Gebiet passiert ist, ist historisch betrachtet eine Katastrophe und jeder der das erkennt, der bekommt Angst im Bezug auf das, was da fast zwangsläufig noch auf uns zukommen wird, wenn da nicht die Notbremse gezogen wird. Die weisen alten Männer ziehen schon die Notbremse und wir sollten voll hinter ihnen stehen und ziehen helfen! Sonst endet das mit Deutschland wieder in einem neuen Fiasko. Ja, wir Älteren haben eine historische Verantwortung und die zeigt sich jetzt und heute. Und zwar nicht dadurch dass wir das tun was uns die USA meint diktieren zu müssen, sondern das was richtig ist. Wenn wir gut nachdenken, dann wissen wir schon was richtig ist!

  2. Irmonen sagt:

    Ich weiß definitiv von einem inzwischen längst vertorbenen Heilpraktiker aus München, bei dem ich neben dem Studium eine Heilpraktikerausbildung absolvierte, dass er in ein der U-Boot Kommando eingezogen war. Da wurde man automatisch der Waffe-SS zugeordnet.

    Dieser hatte ursprünglich angefangen Medizin zu studieren und war eben nach wenigen Semestern gezwungen am Krieg teilzunehmen.

    Auf Grund dieser Lage (SS) war es ihm nach dem Krieg jarhelang verboten zu studieren. Da wurde er Heilpraktiker. Als das Verbot aufgehoben war war er bereits als HP in eigener Praxis sehr erfolgreich tätig und hat nicht nochmals zu studieren bgeonnen.

    Ich war auch sein Pat. in sehr schweren, belastenden Zeiten. Er hat mich entscheidend darin unterstützt doch noch meinem Wunsch zu folgen und Medizin zu studieren, nachdem ich bereits eine Berufsausbildung hatte und eine ARbeitsstelle.

  3. Fredda sagt:

    Hmm stellt sich mir eher die Frage, ob es nicht einfach Fakt ist, dass wenn sich ein Prominenter (am besten noch Intellektueller) für eine gute Sache engagiert, man solange in seiner Vergangenheit wühlt um ihn mundtot zu machen. Ich befürchte die meisten Prominenten wissen das und halten deshalb still, einfach um nicht in den Fokus zu geraten. Darin würde wahrscheinlich auch zuviel Potential stecken, wenn da mal ein paar die Klappe aufmachen würden. Ich habe wirklich großen Respekt vor Herrn Grass (auch wenn ich seine Literatur nicht mag, dafür aber seine Bilder liebe)

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