Der Konsument als Beute

Gestern telefonierte ich mit dem geschätzten Kollegen Markus Gärtner. In unserem Gespräch sagte er den Satz „als Konsument fühlt man sich mittlerweile wie die Beute“. Dieser Satz löste bei mir spontan ein aha Erlebnis aus. Wie sehr er damit den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, war ihm wahrscheinlich nicht auf Anhieb klar. Für mich war es ein Akronym über den Zustand der Gesellschaft. Lassen Sie diesen Satz noch einmal auf sich wirken und vergleichen Sie ihre Interpretation mit dem täglichen Leben.


Täglich quillt der Postkasten über, Mails nerven, am Telefon wird man belästigt, wenn mal eine interessante Serie im Fernsehen läuft verliert man den Faden weil mehr Werbung als Sendung läuft und selbst im Supermarkt quieckt entweder eine röhrende Stimme aus Lautsprechern oder ein Promotionstand versucht irgendwie einem eine Kostprobe in den Rachen zu drücken.

Mit Beute ist in meinen Augen der Konsument vortrefflich umschrieben. Natürlich trifft das auch auf andere Bereiche zu, wie in der Politik oder auch unzähligen anderen. Das ist vielleicht einer der Gründe, warum die Menschen immer unruhiger und gehetzter sind, man ist immer auf der Hut um nicht erlegt zu werden. Wer die Zeit hat, lässt sich im Bereich des Konsums schon mal auf das Spiel ein und dreht den Spiess um. Es wird dann auf die Jagd gegangen um die Güter des Begehrens so günstig wie möglich zu schiessen.

Was bei all dem auf der Strecke bleibt, ist Ruhe und Besinnlichkeit. Die Menschen sollten aufhören sich wie Beute zu verhalten und auch sich wie Beute behandeln zu lassen.

Carpe diem


12 Responses to Der Konsument als Beute

  1. michaelbunny sagt:

    Das Gefühl täuscht auch nicht. Was auf der Strecke bleibt ist die Gemütlichkeit.

    Es muss eh nicht für jedermann gemütlich sein – wer nicht will der soll Gipfel erstürmen. Mir reicht da eher und bin höchst zufrieden wenn ich mit dem Gucker das Basislager aus weiter Ferne sehe.

    Aber die anderen lassen dir keine Frieden. Die Deutschen die nach Österreich kamen sind da extrem. Hat mir glatt solch ein ‚preußischer Volldepp‘ erklärt ich hätte etwas gewonnen und könnte mehr draus machen usw.. Später ging die Diskussion in Richtung, ich müsste einsehen, das Produkt sei so super … Ich hätte jetzt schon ein Problem, da ich ja nach mehr zu streben hätte. So ähnlich… Auf jeden Fall, ‚Er sei ja dafür da, dass er mir erklärte …‘.

    Sah das schon im Fernsehen bei euch. War im Rahmen von Betrug und Übervorteilung im Direktvertrieb und beim Hausbesuch. Der von der Agentur für Arbeit bereitgestellte hätte die Fragen und die notwendigen Antworten zu lernen und anwenden zu können. Der/Diejene müsse die Erfolge einfahren. Wenn es dann nicht so ist wie es im Lehrbuch steht – geht ihnen der Schmäh den sie nie hatten aus. Der geplante Erfolg seit vorprogrammiert.

    Teils wird versucht Dinge die die Welt nicht braucht Gott und der Welt anzudrehen nämlich aktiv. Teils ist eher strittig. Voll und ganz mit wenigen Ausnahmen.

    Ruhe und Besinnlichkeit findet sich in der freien Natur. Als ich in den 70er und 80ern aufwuchs gab es noch das Bergwandern. Das ist für jeden ein Ausgleich, über Hügel entlang eines Wanderwegs zu gehen genauso.

  2. Twinviuwbay sagt:

    Ja, das ist in den grossen Städten von Kanada auch angekommen. Markus ist ja in Vancouver. Trotz für europäische Verhältnisse noch recht geruhsamen Flair in Vancouver ist der Kunde als Zielperson deutlich erkannt worden.
    Dies wird Dich bei Deinem zukünftigen Aufenthaltsort jedoch wenig tangieren. Viele mir bekannte Europäer definieren das Kanadavirus genau mit einer spürbaren Entschleunigung des Lebens und mit einer möglichen Konzentration auf das innere Ich. Dies ist kein Spruch.
    Sowie ich in Halifax gelandet bin und im Auto sitze bin ich ein komplett anderer Mensch. Eine innere Ruhe und Zufriedenheit kehrt ein. Bei nur alle 4 Wochen durchgeführtem Grosseinkauf hält sich der Konsument als Kunde in Grenzen.
    Der Rest ist Natur ,tun für sich selbst, Ruhe, Stille, echte Dunkelheit und ab und an Treffen mit Freunden.
    Du wirst es schätzen.

    Mike

  3. LFO sagt:

    Ja Jens, dass passt!

    Das könnte ein Spruch werden, den ich mir auf ein T-Shirt drucken lasse – eines nur für das Einkaufen!

    Und im Schlusssatz steht dann „Was bei all dem auf der Strecke bleibt, ist Ruhe und Besinnlichkeit“

    Mich bricht das nämlich schon sehr lange an. Ich bin Anfang 30 und habe jetzt schon Probleme mit den ganzen überlaufenen Regalen, mit all dem bunten Kram – immer das selbe nur anders verpackt – viel zu viel Auswahl, wo ich den Drang verspühre, so schnell wie möglich wieder heraus zu kommen.

    Dabei hetzte ich mich selbst schon – weil ich mich in diesem Konsumwahn unwohl fühle. Schaffe ich es dann an die Kasse, werde ich dort noch belästigt. „Haben Sie eine Paypack-Karte“ NEIN, ICH WERDE NIE EINE HABEN! Verdutztes Gesicht…Dann aber direkt die nächste Frage „Sammeln SIE PUNKTE“??? AAARRRGGG

    Aber das beste kommt eben zum Schluss „VIELEN DANK FÜR IHREN EINKAUF“! AAAAAAAAARRRRRRRRRRRR

    Deshalb das T-Shirt zum Einkaufen und provozieren

    NEIN ICH HABE KEINE PAYPACK KARTE UND ICH WILL AUCH KEINE
    SO BILLIG BIN ICH NICHT ZU KAUFEN
    ICH SAMMEL KEINE MARKEN
    ICH MÖCHTE AUCH KEINE SAMMELBILDER
    ICH MÖCHTE EINE KLEINE TÜTE, KEINE GROßE
    UND IHR „VIELEN DANK FÜR IHREN EINKAUF“ KÖNNEN SIE SICH AUCH SPAREN

    Am meisten geht mir diese vorgeschrieben „Freundlichkeit“ mit dem Hinweis, sich für alles bedanken zu müssen gewaltig auf die Eier!

  4. Ice-Dealer sagt:

    hmm… anscheinend lebe ich in einer anderen welt..
    wenn ich einkaufe, freue ich mich darauf.. auf die zeit, die ich dort habe, zeit mit positiven erfahrungen, mit positiven menschen, mit positiven produkten – mit qualität und wert, stöbern und nicht gefunden werden.. diskutieren und nicht totgeschwatzt.. vielleicht stehe ich einmal in der schlange, weil es nur eine kasse gibt.. aber ich genieße die zeit, nicht verloren sondern gewonnen.. oder genieße die Zeit – oder sonnenstrahlen an der frischen luft..
    und ich genieße die macht als kunde – die entscheidung, die ich treffe und wen ich durch das ausgegebene geld unterstütze..

  5. Onkel Heini sagt:

    Ich mach`s mal kurz:

    Die ganzen ANALysten, Marktforscher, Marketingstrategen, Zielgruppen-Akteure und anderes nutzloses Gesindel können
    mich schon lange sowas von gepflegt am Arsch lecken.

    Wer sich von davon frei macht, lebt nicht nur besser, er hat für das parasitäre Pack nur noch ein müdes Lächeln übrig.

  6. Katinka sagt:

    Ein guter Artikel – schlicht, einfach und treffend.

    „Es wird dann auf die Jagd gegangen um die Güter des Begehrens so günstig wie möglich zu schiessen.“

    Ja, und das ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne Rücksicht darauf, dass genau dieses Verhalten einen Großteil der Weltbevölkerung in bitterer Armut hält, und letztlich auch den Aufbau von nachhaltigen regionalen/nationalen Wirtschaften verhindert, bzw. das derzeitige System der Monopol-Herrschaften unterstützt.

    Wer dem ehrlich entgegenwirken möchte, der sollte sich die Mühe machen, zumindest einige Produkte seines Alltags hinsichtlich Herkunft und Produktionsbedingungen zu überprüfen. Sich darüber bewusst werden, was die Subventionen von Baumwolle seitens EU/USA eigentlich anrichten ( https://www.aktiv-gegen-kinderarbeit.de/2014/01/subventionen-auf-kosten-von-entwicklungslaendern/ ) … und sich darüber bewusst werden, dass die eigene Teilnahme am Konsumrausch anderen Menschen das Recht auf ein freies, sicheres und lebenswertes Leben verwehrt.

    Niemand (oder nur wenige) wird sich von heute auf morgen diesem Beute-Jäger-Spiel völlig entziehen können. Doch es gibt zahlreiche Möglichkeiten, damit anzufangen, sofern man es noch nicht getan hat. Der Verzicht auf Payback-Schrott, etc. (siehe Kommentar von LFO) ist eine, der Verzicht auf TV (inkl. Werbung) eine weitere… Man wird vielleicht feststellen, dass sich bei genügend Abstand eine gesunde Allergie gegen Werbe-Jingles und dergleichen entwickelt.

    Ferner wird man vielleicht auch feststellen, dass die Abkehr von Quantität (ein voller Kleiderschrank, mit lauter (nach wenigen Waschgängen ausgeleierten) Leichen, die nicht mehr dem aktuellen Modeschrei entsprechen) und die Hinwendung zu Qualität (ein überschaubarer Kleiderschrank, mit langlebigen, optimalerweise unter ‚fair-trade‘-Bedingungen produzierten Stücken) nicht unbedingt teurer sein muss. Genauso verhält es sich mit anderen Produkten – muss ich jedem neuen Burger-Angebot von Mc&Co hinterherlaufen? Oder spare ich, und grille am Wochenende ein richtig gutes Qualitäts-Steak? (Wohlgemerkt: Diese Empfehlung kommt von einer Vegetarierin – ich halte es mit Käse aber ähnlich!)

    Ein bewussteres Konsumverhalten ist ein relativ einfacher Schritt, um den Ungerechtigkeiten, die jeder einzelne für sich individuell in dem derzeitigen System erkennen mag, entschieden und BEWUSST entgegen zu treten… und darüber hinaus bleibt so viel mehr Zeit für Ruhe und Besinnlichkeit.

  7. kieselsteine sagt:

    Ich gehe nach wie vor davon aus,
    dass unser riesiges Desaster aus philosophischen Fehlschlüssen entstanden ist.
    Solange wir glauben,
    dass der Höhepunkt der Schöpfung der Mensch,
    nur dank Konkurrenz aus der Uhrsuppe entstehen konnte,
    wird es immer weiter bergab gehen.
    Jeder kämpft heute gegen jeden.
    Die Folgen sind unübersehbar.

    Die treibende Kraft der Evolution ist aber Zusammenarbeit.
    Pflanzen machen Sauerstoff und brauchen Co2.
    Mensch und Tier brauchen Sauerstoff und machen Co2
    Das nur als ein Beispiel.

    Jeder muss heute um seinen Lohn kämpfen.
    Dabei kriegt er von der Gesellschaft zehntausend mal mehr,
    als er der Gesellschaft je geben kann.
    Fast alles was ich zum leben brauche,
    haben andere für mich hergestellt.
    Lohnarbeit ist einfach dumm. Diese Rechnung geht nie auf.
    Ich möchte freiwillig mich einbringen mit dem was ich kann
    und mit dem was ich als sinnvoll erachte.
    Das gibt mir Sinn. Das macht mir Freude
    Dann komme ich auch nicht auf so eine Schnapsidee
    Werbung für mein Tun zu schalten.
    Ich brauche dann auch keine Urlaubsindustrie
    um mich von meiner Arbeit wieder zu erholen
    Meine Arbeit ist dann mein Lebensantrieb,
    oder eben meine freiwillige Beteiligung.

    Es ist durchaus denkbar, dass dann sehr viel weniger
    total überflüssiger Schrott produziert würde.
    Aber wäre das wirklich schlimm?

    Gehen wir nochmals über Kant und Darwin.
    Nicht alles was sie erkannt haben ist falsch
    Doch das meiste ist einfach genau das Gegenteil.
    Das ist schon eine grosse Leistung etwas genau verkehrt zu sehen.
    Man sah es zumindest und muss es jetzt nur noch umdrehen.

  8. Govan sagt:

    Eine guten..

    Ja diese Irrtümer sind schon fatal , aber wie ich meine notwendig ..
    Auch wennschon mich wieder~hole.

    Ich habe mich nie zur Beute des Konsums machen lassen ,
    Und das funktioniert recht stressfrei und höflich.

    Und ja ich genieße es Geld oder Sonstiges gegen anderes sonstiges oder Geld zutauschen.
    Und das Macht durch aus Spaß .

    Es wie immer die eigene Sicht~Weise und das eigen zulassen.

    Ich bekommen keine Telefonwerbung, habe ein wegwerf Postfach , einen Briefkasten der nach freundliche Ansagen werbe frei ist.

    ansonsten schließe ich mich gerne dem Ausführungen von Kieselstein an.

    In diesem Sinne eine guten Abend
    Govan

  9. NeueZukunft sagt:

    Ich bin auch ganz klar ein Jäger und nicht die Beute.

    Erstmal ist es für Unternehmen überlebenswichtig auf sich und ihre Produkte aufmerksam zu machen.

    Ob das Produkt dann gekauft wird liegt ganz alleine an jedem selbst. Wer sich hier freiwillig zum Opfer machen lässt ist selber Schuld.
    Und wenn ich dann auf der „Jagd“ bin, bin ich alles andere als gehetzt. Denn die Beute will gut ausgewählt und mit möglichst wenig „Munition“ zur Strecke gebracht werden.
    Da heißt es erst mal für sich herauszufinden welches „Beutetier“ denn am geeignetsten wäre um dann das möglichst günstig zu erlegende Objekt anzuvisieren. Und wenn man sich Sicher ist dass der „Schuss“ auch sitzt einfach abdrücken.^^.
    Das kann dank Auktions-Plattformen schon mal Wochen oder gar Monate brauchen, bis man die Beute in Händen halten kann.

    Und Offline:
    Ist doch ein Spaß durch die Wälder von Produkten zu streifen, die Menschen zu beobachten und nebenbei gemütlich seine Beute zu machen. Deswegen gehen die wenigsten mit mir gerne zum Einkaufen. Ich bin zu „chaotisch/unkoordiniert/ineffizient“ lol.

  10. Herbert Ludwig sagt:

    „Mit Beute ist in meinen Augen der Konsument vortrefflich umschrieben. Natürlich trifft das auch auf andere Bereiche zu, wie in der Politik oder auch unzähligen anderen.“

    Dahinter steht die totale Ökonomisierung des Lebens. Der große brasilianischen Vertreter der Befreiungstheologie Leonardo Boff schreibt, das neue materialistische Credo laute, dass sich alle Probleme durch die unbegrenzt produzierbaren materiellen Güter lösen ließen. „In der Tat wurde alles zur Handelsware. Alle Güter werden zu Markt getragen, um zum Profit des Einzelnen verkauft zu werden: natürliche und hergestellte Produkte, unantastbare Dinge, die in direktem Zusammenhang zum Leben stehen, wie Trinkwasser, Samen, Erde und menschliche Organe.“

    Heute hat sich nach den Worten Leonardo Boffs „die Ökonomie von der Politik gelöst und die Ethik begraben.“ Umgekehrt angeschaut: Der Rechtsstaat hat sich von der Beeinflussung durch das ethisch-kulturelle Leben befreit, indem er es in sich aufgesaugt hat. Und das Wirtschaftsleben hat wiederum das staatlich-rechtliche Leben absorbiert. Von beiden wurde so das geistig-ethische Leben als eine eigenständige gesellschaftliche Kraft ausgeschaltet, das heißt für ihre Zwecke verbogen und instrumentalisiert. Von den drei Bereichen oder Funktionen der Gesellschaft, die alle in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen müssen, hat also eine die beiden anderen überwuchert und unter ihre erstickende Herrschaft gebracht.

    Siehe weitere Gedanken dazu auf:
    http://fassadenkratzer.wordpress.com/2014/02/28/die-uberwucherung-von-politik-und-kultur-durch-die-okonomie/

  11. chris123 sagt:

    Einfach mal die Vielfalt und den Grund warum es von einer Sache so viele Varianten gibt im Auge behalten. Verliebe ich mich in die Einfalt oder sogar den Verzicht, dann bin ich glücklich und kein gutes Beutetier mehr. Es ist auch eine Frage der inneren Einstellung.

    Übertragt das mal auf alte Sichtweisen z.B. „die Kommunionsuhr die ein Leben halten sollte“. Wenn ich mich in sie verliebt habe, dann bin ich glücklich. Wessen Beute für eine andere Uhr soll ich dann sein? Wir selbst definieren uns innerlich als Beute. Auch jemand der z.B. Minderwertigkeitskomplexe hat, macht sich selbst zur Beute des anderen. Er meint er müsse dem anderen etwas beweisen. Erkennt der andere das und ist auf Jagd aus, dann hat sich Jäger und Beute gefunden. Und so könnte man jetzt lange weiter erzählen. Letztendlich ist Beute in einer ÜBERFLUSSGESELLSCHAFT die psychische Bereitschaft es zu sein. Anders sieht das in armen Ländern aus. Hier ist man Beute weil man arm ist und die Arschkarte gezogen hat. Man ist hier deutlich weniger FREI als wir es hier sind. Wohlstand macht frei! Hartz IVler können ja dazu mal was sagen wie sie das mit „Beute sein und frei sein“ sehen.

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