Lissabonvertrag und die letzte Ausfahrt für Deutschland

Kippen Verfassungsrichter den EU-Reformvertrag?

26. Juni 2009, 13:47 Uhr

In der kommenden Woche fällt das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über den EU-Reformvertrag. Die Spannung ist ebenso groß wie die Materie komplex: Es geht um Fragen der Souveränität Deutschlands und um die künftige Machtverteilung. Nicht zuletzt entscheiden die Richter über ihre eigene Bedeutung.

Zwei Tage Zeit hatten sich die Karlsruher Verfassungshüter im Februar genommen, um in einer der längsten Verhandlungen des Gerichts den Lissabon-Vertrag zur Weiterentwicklung der Europäischen Union auf Herz und Nieren zu prüfen. Außenminister Frank Steinmeier (SPD) hatte die Bedeutung des Vertrags für den Bestand der EU beschworen und Kläger wie der CSU-Politiker Peter Gauweiler ihn als Gefahr für die Souveränität der Bundesrepublik gebrandmarkt. Am Dienstag wird nun das Gericht sein mit Spannung erwartetes Urteil verkünden.

Der Lissabon-Vertrag soll die bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden gescheiterte EU-Verfassung ersetzen. In Deutschland stimmten zwar bereits Bundestag und Bundesrat dem Abkommen zu, Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnete aber wegen der in Karlsruhe anhängigen Klagen die Ratifikationsurkunde bislang noch nicht.

Im Kern des komplexen Streits geht es um die Frage, ob die ßbertragung weiterer Machtbefugnisse an die Europäische Union das deutsche Demokratieprinzip und das Prinzip der Gewaltenteilung verletzt. Den Klägern zufolge führt der Vertrag zu einer schleichenden Kompetenzverlagerung hin zur EU, die etwa über die sogenannte Flexibilitätsklausel den deutschen Gesetzgeber immer mehr verdrängen könnte. Diesem Problem hatten die Richter am zweiten Tag der mündlichen Verhandlung viel Zeit eingeräumt und erörtert, ob der Bundestag womöglich zuviel Macht und Gestaltungsspielraum gegenüber Brüssel verliert.

Die Karlsruher Richter entscheiden zugleich aber auch, inwieweit sie selbst sich künftig dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) unterwerfen müssen oder weiterhin nationaler Hüter der demokratischen Grundordnung sind: In einer verklausulierten ß?Erklärungß?, die dem Vertrag angehängt ist, wird dem EU-Recht ß?im Einklang mit der ständigen Rechtsprechungß? des EuGH Vorrang vor der Rechtsprechung der Mitgliedstaaten eingeräumt.

Solch eine Entmündigung dürfte das Bundesverfassungsgericht wohl kaum hinnehmen. Das ergibt sich auch aus mehreren Entscheidungen des Gericht in der Vergangenheit. Bereits in seinem Urteil von 1993 zum Vertrag von Maastricht bezeichnete es die Aufgabenverteilung zwischen ihm und dem EuGH zur Anwendbarkeit von Gemeinschaftsrecht in Deutschland selbstbewusst als ß?Kooperationsverhältnis.“[1]

Also so sehr ich auch Jackos Tot bedauere, diese Ereignisse finden in den Medien aktuell keinerlei Bedeutung mehr. Die Bedeutung dieses Gerichtsurteils kann einfach nur mit „Abschaffung oder Erhalt der Demokratie“ bezeichnet werden. Ich bete, das die Richter sich nicht selbst ins Abseits stellen und die „EU-Verfassung“ was es ja letztendlich ist wieder einen Schritt rückwärts macht vom „1984“ Konzept.

[1]http://www.welt.de/politik/article4004668/Kippen-Verfassungsrichter-den-EU-Reformvertrag.html

Carpe diem


One Response to Lissabonvertrag und die letzte Ausfahrt für Deutschland

  1. Der Jörch sagt:

    tja Cheffe,

    ich bin mittlerweile sehr skeptisch, dass unsere „Verfassungsrichter“ ihre Aufgabe im Sinne des deutschen Volkes und zum Schutz der Demokratie wahrnehmen.
    Leider muß davon ausgegangen werden, dass sie den Lissabon-Vertrag durchwinken. „Man“ wird es Ihnen mit Sicherheit schmackhaft machen. (Den einen oder anderen sehen wir wahrscheinlich in rentabler Funktion – z.Bsp. bein EuGH….)

    Allen Europäern bleiben letztlich noch drei mögliche „Ausfahrten“:

    – der tschechische Präsident Vaclav Klaus bleibt standhaft und wird auch nicht Opfer eines rätselhaften Unfalls oder eines „verwirrten“ Attentäters.

    – die Iren stimmen erneut beim Referendum mit Nein

    – Der Lurch G. Brown stürzt oder tritt doch noch zurück, und die Konservativen und die rechten Parteien in England halten ihr Versprechen und lassen über den Lissabon-Vertrag abstimmen.

    Zugegeben – alles auf sehr dünnem Eis. Aber auf unser BVerfG zu hoffen ist von allen Möglichkeiten die Unwahrscheinlichste – leider.

    Ich bin gespannt, welche Begründung die Richter aus der Robe zaubern werden.

    Gruß Jörg

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