ßlstaaten wollen größeres Stück vom Kuchen
Sowohl Brasilien als auch Nigeria bieten internationalen ßlgiganten wie Exxon Mobil und Royal Dutch Shell, die innerhalb ihrer Landesgrenzen operieren, derzeit ziemlich faire Verträge an. Jetzt hoffen diese Länder allerdings darauf, sich aus den ßlexplorationen der ausländischen Konzerne einen weitaus größeren Teil am Profitkuchen zu sichern.
ß?Die gastgebenden Regierungen versuchen Wege zu finden, wie sie ihren Gewinnanteil erhöhen könnenß?, sagte Joseph Stanislaw, unabhängiger Energieberater bei Deloitte & Touche. ß?Die Vertragsbedingungen dürften sich in nächster Zeit weitaus komplizierter darstellen.ß? Falls die beiden genannten Staaten erfolgreich bessere Vertragsbedingungen gegenüber den ßlkonzernen herausschlagen können, könnte dies die Entwicklung einiger großer neuer ßlfelder zurückwerfen.
Brasilien
Das Land, das pro Tag über 2,4 Millionen Barrel ßl produziert, macht ßlkonzernen, die innerhalb seiner Landesgrenzen Geschäften nachgehen, momentan die Auflage, ungefähr 50% ihrer generierten Profite an die Regierung abzuführen in Form von Lizenzgebühren und Unternehmenssteuern. Diese Bedingungen befinden sich auf Linie mit den Abgaben in anderen „Niedrigsteuerländern“ wie den USA oder Kanada. Jedoch könnte ein jüngst neu entdecktes großes ßlfeld vor der Küste des Landes, von dem Schätzungen ausgehen, dass es etwa 50 Milliarden Barrel ßl und Gas enthält, alles auf den Kopf stellen. Diese neue Ressource berücksichtigend, denken die brasilianischen Gesetzgeber momentan über die Verabschiedung eines Gesetzes nach, das die effektive Steuerrate für ausländische ßlkonzerne auf über 80% klettern lassen würde. Diese Konditionen wären vergleichbar mit denjenigen im Irak.
Irakisches ßl könnte zum Rivalen Saudi Arabiens avancieren
Diese Gesetzgebung würde auch zur Auflage machen, dass die internationalen Energieausrüster die Mehrheit der Materialien stellen müssten, die genutzt werden, um lokales ßl von brasilianischen Lieferanten zu übernehmen, und würde der Regierung die Entscheidungsgewalt darüber einräumen, welche Projekte zukünftig entwickelt werden. Noch irritierender: Das neue Gesetz würde jeder im Land operierenden ßlfirma die Auflage machen, zusammen mit Brasiliens staatlichem ßlunternehmen Petrobras zu kooperieren. Es ist vorgesehen, dass Petrobras allein für die Errichtung der Infrastruktur verantwortlich ist, die nötig ist, um ßl zu fördern und letztendlich die gesamte Produktion überwacht. Internationale ßlkonzerne würden dadurch degradiert werden, da sie nur noch die Finanzierung und das technische Know-how zu liefern hätten, um am Profit teilzuhaben.
Es besteht jedoch weiterhin ein hohes Interesse externer Firmen, beim Bieterwettbewerb um diese neuen Felder dabei zu sein. Und Petrobras wird in der Branche als äußerst fähige ßlfirma wahrgenommen. Mit der Forderung, dass Petrobras in jedes brasilianische Projekt involviert sein muss, könnten die Gesetzgeber den gesamten ßlgewinnungsprozess des Landes verlangsamen. Die neuen ßl- und Gasfelder erstrecken sich über tausende von Quadratmeilen des Ozeans, was die Entwicklung eines riesigen Betrags an neuen Ressourcen erforderlich macht, wie Experten ausführten. ß?Wir reden hier über einen Haufen Arbeit, die jedes Unternehmen der Welt ans Limit bringen würdeß?, sagte Jose Valera, ein in Houston, Texas ansässiger Anwalt bei Mayer Brown, einem Unternehmen, das ßlverträge aushandelt. ß?Es wird Petrobras in einen Engpass hinein führen.ß?
Nigeria
Wie Brasilien zieht auch Nigeria in Erwägung, seine Lizenzgebühren zu erhöhen und fordert, dass viel von dem Material, das in Bauprojekten benutzt wird, lokal gefertigt wird. Nigeria will auch, dass seine staatlichen ßlunternehmen eine größere Rolle bei der Erschließung von Projekten spielen. Der Hauptunterschied besteht darin, dass Nigeria, anders als Brasilien, kein technisch fortschrittliches staatliches ßlunternehmen besitzt und über keine weitläufige Industriebasis verfügt, um im eigenen Land produzierte Ausrüstung für die Industrie anzubieten. Das Problem ist, dass Nigeria sehr wohl derartige Neubedingungen für die ßlproduktion einführen könnte, trotz der großen Defizite in Bezug auf die einheimischen Industrien des Landes.
ß?Ein durch die Politik forcierter Rückgang der ausländischen Investitionen wie auch eine ßberschätzung der operativen Fähigkeiten seines nationalen staatlichen ßlunternehmens könnte zu einem substanziellen Absturzß? der nigerianischen ßlproduktion führen, schreibt Greg Priddy, Energieanalyst für die globalen ßlmärkte bei der Eurasia Group, einer politischen Risikoberatungsfirma. Einer der Vorstände von Royal Dutch Shell, dessen Unternehmen weitreichende Arbeitsprozesse im Land durchführt, ging sogar noch weiter und nannte das vorgeschlagene Gesetz Berichten zufolge ß?ein umständliches Dokument, dem die Einsicht in die Basis unserer Industrie fehltß?. Er fügte an, dass die Bestimmungen zu den Lizenzgebühren mit die ß?schärfsten auf der ganzen Weltß? seien.
Andere ßl produzierende Länder tendieren in eine ähnliche Richtung. Kasachstan, ein lukrativer Ort für Konsortien internationaler Unternehmen, darunter British Gas und Italiens Eni, könnten ihre Steuerpolitik ebenfalls verschärfen, berichtet Johan Nell, Energieanalyst bei der Beratungsfirma Accenture. Zusätzlich belegte Kasachstan die beiden Firmen zuletzt mit einer Geldstrafein Höhe von $21 Millionen. ß?Viele Beobachter denken, dies sei der Auftakt zur Etablierung einer kasachischen Staatsfirma, die sich ihren Weg ins Konsortium bahnen willß?, so Nell. Nicht jedes ßl produzierende Land auf der Welt lädt internationale Partnerfirmen im ßlsektor dazu ein, sich vor Ort zu betätigen. Venezuela, das momentan einen Rückgang in der ßlproduktion erfährt, hat zuletzt mehr Felder für internationale ßlfirmen zugänglich gemacht, um sich an der Exploration zu beteiligen, obwohl die offerierten Konditionen äußerst strikt bleiben. Das Land habe zuletzt auch seine veranschlagten Lizenzgebühren für einige Felder herab gesetzt, berichtete Mayer Brown’s Valera.
Und Russland hat eine Aussetzung von Steuerzahlungen in Bezug auf einige sibirische Felder angeboten, berichtet Eurasia Group’s Priddy, im Zuge einer kurzfristigen Maßnahme, um die Produktion zu erhöhen. Aber trotz dieser kleinen Zugeständnisse sagen Analysten, dass der Trend dahin ginge, dass Länder mit großen ßlvorkommen einen größeren Anteil der ßlprofite verlangen werden und eine tragende Rolle für ihre staatseigenen ßlbetriebe einfordern. Für die globalen ßlmärkte muss diese Entwicklung nicht nur schlecht sein. Wenn man auf internationaler Ebene Unternehmenspartner mit staatseigenen Betrieben in ölreichen Ländern hat, könnte das die ßlproduktion auf lange Sicht ankurbeln. Diese Partnerschaften geben den internationalen Unternehmen größeren Zugang zu besseren ßlvorkommen, während sie die Fähigkeiten und das Know-how der nationalen ßlunternehmen verbessern. Oder wie Joseph Stanislaw von Deloitte & Touche sagte: ß?Man vereint die besten Fähigkeiten und die beste Verwaltung mit den besten Ressourcen.ß?
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