Mega-Crash und Mythen
Heute veröffentlichen wir einmal mehr Stimmen, Momente und Einschätzungen, die wir zum Thema : „Boom-Zeiten für Edelmetalle“ sammelten.
Von Lars Schall, chaostheorien.de
Boom-Zeiten für Edelmetalle, Teil 2: Mega-Crash und Mythen
Der erste Teil unserer kleinen Interview-Serie „Boom-Zeiten für Edelmetalle“, für die wir die Edelmetall- und Rohstoffmesse in München besuchten, erschien unter dem Titel ß?Der Crack-up Boom und die ultimative Blaseß? im November auf chaostheorien.de hier :
Der Crack-up Boom und die ultimative Blase, Teil 1: Martin Siegel
Der Crack-up Boom und die ultimative Blase, Teil 2: Ralf Flierl
Der Crack-up Boom und die ultimative Blase, Teil 3: Dimitri Speck
Die englischen Interviews, die ich am Rande der Rohstoffmesse führte – mit James Turk (Gründer von GoldMoney), David Morgan (Herausgeber des ß?Silver-Investorß?) und Ferdi Dippenaar (Präsident / CEO von Great Basin Gold) -, sind unter der ßberschrift ß?Debased Currencies, Precious Metals and Manipulationß? bisher in drei Teilen gesondert in der Interview-Rubrik veröffentlicht worden. Der vierte und letzte Teil dieser Serie folgt alsbald.
Heute geht es um Interviews, die ich mit Professor Hans J. Bocker und Oliver Janich führte. Des Weiteren führte ich ein paar Notizen bei einem Vortrag von Dirk Müller. Der dritte und letzte Teil, ß?Die dunkle Seite der Machtß?, erscheint auf chaostheorien.de/Infokriegernews morgen.
Mega-Crash mit Professor Bocker
Unweit der Hauptpräsentationsbühne auf der Internationalen Edelmetall- und Rohstoff-Messe zu München 2010 hielt Prof. Hans J. Bocker Hof. Und das ist nicht übertrieben formuliert, wenn man die hohe Popularität, die dieser Edelmetallfachmannn genießt, bedenkt. Indem er Exemplare seines Buches ß?Freiheit durch Goldß?, das im Verlag Johannes Müller Bern erschien, mit Widmungen und Unterschriften versah, führte ich mit Prof. Bocker ein Interview zum Thema seines Vortrages auf der Münchener Veranstaltung.
Prof. Dr. Hans J. Bocker ist Finanz- und Wirtschaftsjournalist, Kolumnist, Unternehmensberater, Buchautor und Edelmetallexperte, der über eine Doppelausbildung in den Bereichen Technik / Ingenieurswesen und Wirtschaftswissenschaften verfügt. Neben seiner Professorentätigkeit unter anderem an Universitäten in Südafrika, EBS London, EBS Deutschland, ISM Dortmund und der EMS Mainz, besitzt er zwei Unternehmungen in der Schweiz.
Zu den Firmen und Organisationen, für die er als Berater tätig war/ist, zählen illustre Kunden wie Ishikawajima-Harima Heavy Industries, Tokio/Johannesburg, Treuhand Berlin, BP, Warburg, Scottish Bankers Association, Christie’s, Sotheby’s, Lloyds Bank, British Airways, Baring Brothers, Royal Dutch Shell und De Beers. Mit einem solchen Menschen sollte man sich, wenn man kann, schon einmal ausführlicher austauschen. Auch und gerade zum Themas eines etwaigen ß?Mega-Crashsß?.
Professor Bocker, Ihr Vortrag hier wird lauten: ß?Sich sinnvoll vor einen Mega-Crash schützen.ß? Da stelle ich mir zunächst die Frage: Sehen Sie einen solchen Mega-Crash, und wenn dem so ist: Warum sehen den so manch andere Beobachter nicht?
Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, ja, noch Tage vorher hieß es: ß?Frieden in unserer Zeit!ß? Ganz England hat das wiederholt und alle haben das geglaubt. Warum haben so viele Leute das nicht kommen sehen, das ist die gleiche Frage. Bestimmte Dinge wollen Menschen nicht sehen, nicht hören, nicht glauben, das ist menschliche Natur. Sie werden bis zur letzten Sekunde ableugnen und abstreiten, dass so etwas möglich wäre.
Ein drastisches Beispiel: In der Lubljanka, diesem furchtbaren Gefängnis in Moskau zu Zeiten Stalins, wurden jeden Tag Häftlinge in eine lange Reihe in den Hof gestellt, und dann wurden sie einer nach dem anderen ganz gemütlich erschossen ß? in den Kopf. Und die Leute haben sich noch mit jedem dieser Menschen unterhalten, und diese Menschen, die wussten, dass sie jetzt gleich an der Reihe waren, haben bis zuletzt geglaubt, das ist unmöglich, und noch jedes Mal laut gerufen: ß?Lang lebe der Genosse Stalin!ß? Und der Genosse Stalin saß hinter einem blinden Fenster und hat sich das ganze angesehen und angehört, und vor Lachen hat er sich auf die Knie geklatscht. Menschen wollen bestimmte Dinge nicht wahrhaben. Sie werden sich bis zum Todesschuß weigern, das zu glauben.
Nun geht es hier aber etwas harmloser zu und noch nicht um Todesschüße.
Nein, natürlich nicht! Aber die Grundhaltung, die menschliche Eigenschaft sich zu weigern, gewisse Dinge anzunehmen, ist immer vorhanden. Ich würde sagen, die Zahl der Menschen, die sich mit Gold und Silber auf die unvermeidliche Krise vorbereitet, bewegt sich derzeit im Promillebereich. Geschätzt vielleicht von 10.000 Menschen weltweit sind es jetzt vielleicht Drei, die derzeit Silber oder Gold haben. Wenn wir in den 1 Prozentbereich kommen, lächerliches 1 Prozent, würde die Nachfrage ungefähr um das 200fache steigen, nur bei einem Prozent, das heißt: ein Prozent der Bevölkerung oder ein Prozent des Kapitals oder ein Prozent der Investoren gehen wirklich voll in Edelmetalle – wenn das passiert, werden sich Dinge ereignen, die sich niemand vorstellen kann. Die Bevölkerung wacht ein bisschen auf, aber das ist noch im Promillebereich, nicht im Prozentbereich. Wenn wir soweit sind, wird sich das manifestieren in Dingen, die einfach jetzt noch vollkommen gehirnrissig anmuten, wenn man sie ausspricht.
Trotz dessen, was Sie sagen, nämlich dass nur wenige Menschen physisch in Edelmetalle investiert sind, wird jetzt schon von einem Blasenpreis beim Gold gesprochen. Das ist reichlich verfrüht, nicht wahr?
Allerdings. Eine Blase gibt es dann, wenn die alten Hochs um ein Vielfaches übertroffen werden. Gewöhnlich war es in der Geschichte so, dass in jeder schweren Krise das alte Hoch im Durchschnitt um das 25fache übertroffen wurde. Zum Beispiel 1980 ging es von etwa 25 Dollar auf 852 Dollar. Das ist typisch. Demnächst werden wir auch wieder eine solche Entwicklung haben. Das Hoch von Januar 1980 war nominal 852 Dollar. Das haben wir schon bald um das Doppelte übertroffen. Aber Zahlen sagen überhaupt nichts, entscheidend ist die Kaufkraft, das heißt, die Frage: Wie viel bekomme ich dafür? Und der Dollar vom Januar 1980 auf heutige Verhältnisse übertragen, nimmt man die amtliche oder offizielle Statistik, liegt bei 2400 Dollar. Nimmt man die echte Statistik, oder sagen wir die wirkliche, wie man sie bei Shadowstats einsehen kann…
Ja.
…dann liegen wir bei 7400 bis 7500 Dollar. Wenn wir diese 7500 Dollar erreichen, haben wir erst das alte Hoch vom Januar 1980 als solches erreicht. Bis dahin sehe ich keinerlei Blase. Und wenn sich die 7500 Dollar verzwanzigfachen, man kann ja ausrechnen, wo man dann ist pro Unze, dann kämen wir langsam an eine Blase heran.
Und warum sind die Blasenpropheten jetzt schon unterwegs?
Da gilt es zwei Gruppen zu unterscheiden. Es gibt die einen, das sind die Ahnungslosen, auch die Unwissenden genannt. Die sehen nur die nominalen Zahlen, nicht die Kaufkraft. Und es gibt die zweite Gruppe, das ist die stärkere von beiden, das sind die ausgesprochenen Gold-Gegner. Denn nach wie vor ist Gold der Todfeind des Papiergeldes, folglich stehen alle Banken und der ganze Finanzsektor der ganzen Sache zumindest offiziell außerordentlich feindselig gegenüber. Und kein Wunder, dass dann auf solche Weise Propaganda betrieben wird. Nichtsdestoweniger sind wir noch Lichtjahre von einer Blase entfernt.
Eine Blase erkennt man ja auch daran, dass die Liefermöglichkeiten dann auf null zurückgehen. Das physische Material wäre dann praktisch kaum noch zu haben oder aber zu aberwitzig überhöhten Preisen. Mag gut sein, dass wir eine solche Situation in der Zukunft erleben, ähnlich wie im Oktober 2008, nur dass dann die Goldhändler den Betrieb nicht für Wochen, sondern für einige Monate schließen müssen wegen Mangel an Material, das heißt aus dem schlichten Grund: es ist nichts mehr erhältlich und niemand verkauft, weil jeder denkt, es geht noch sehr viel höher.
Ist es nicht so, dass die Blase im Gold kommen wird, aber zurzeit ist sie eher im Bond-Bereich verortet, weil dort angeblich die Sicherheit ruht?
Wenn man sich das von der Elitenseite aus ansieht, dann wird Gold selbstverständlich irgendwann eine Blase erreichen, daran ist auch die herrschende Elite interessiert. Sie lebt von der Blasenbildung. Wir hatten in den 1980er Jahren die berühmte Aktienblase, in den 1990er Jahren die Internetblase, die Anfang 2000 platzte, dann haben sie die Immobilienblase in Gang gesetzt, die vor ungefähr zwei Jahren ebenfalls geplatzt ist, und jetzt, nach der Immobilienkrise, haben wir nun, wie Sie richtig sagen, die Bondblase, an der, wie es so schön heißt, die Bond-Affen zu Millionen beteiligt sind. Das spielt sich in einem Volumen ab, das weltweit langsam auf englisch 100 Trillionen, das heißt deutsch Billionen, zustrebt – das wären also 100.000 Milliarden.
Das sind Summen, die sich kein Mensch mehr vorstellen kann. Und da gehen die jetzt alle rein, die so genannten Bond-Affen. Sie akzeptieren ein bis zwei Prozent an Rendite, wovon ihnen die Steuer 1/3 wegnimmt, und die echte Inflation ist immer noch im 6 Prozentbereich, die echte, nicht das, was uns von amtlicher Seite vorgegaukelt wird ß? und jetzt angenommen, man würde drei Prozent erzielen, ein Prozent nimmt die Steuer, dann sind wir zwei Prozent, und die echte Inflation liegt bei 6 Prozent, so gibt es also eine negative Rendite von vier Prozent. Die ist erst einmal im Moment recht bescheiden, aber nach zehn Jahren habe ich auch ungefähr die Hälfte an Kaufkraft verloren davon. Das sind die berühmten Bonds, die die berüchtigte Sicherheit bieten.
Und danach kommt noch die Rohstoffblase, ehe die Edelmetallblase stattfindet?
Auf gewisse Weise ja, aber vor allem zielt alles auf die Edelmetallblase ab, denn das ist die letzte Blase, die ich sinnvoller Weise sehen kann. Alle anderen Blasen sind schon erzeugt und geplatzt.
Die ultimative Blase, wie George Soros sagte?[i]
So ist es.
Und wie schätzen Sie die derzeitige Entwicklung des ßlpreises ein?
Ja, bei dem ßl ist das eine andere Geschichte, der ßlpreis ist weniger politisch aufgeladen als Gold und Silber. Gold und Silber sind massiv manipuliert und politische Fußbälle, das ist beim ßl so nicht gegeben und nicht ganz so leicht. Dort stehen sich immerhin zwei in etwa gleichstarke Gruppen gegenüber: die westliche Welt, die das ßl verbraucht, und die ßllieferländer, die die Reserven besitzen. Würde der ßlpreis sagen wir auf 300, 400, 500 Dollar pro Fass steigen, dann würden die westlichen Volkswirtschaften in die Knie gehen. Damit würden die Lieferanten aber ihre besten Kunden verlieren. Da sind also auf gewisse Art feste Grenzen eingebaut.
Vor allem, wenn das passieren würde: alles würde stehen bleiben, das ganze Transportwesen und vieles mehr kämen zum baldigen Stillstand, und durch die Bevölkerung würde ein ungeheurer Aufschrei gehen, der sagte: ß?Jetzt wollen wir endgültig von diesem Dreck weg! Schluss mit dem ßlzeitalter! Wir wollen etwas haben, das für immer läuft, geht und funktioniert, und wo wir nie wieder in eine solche Situation kommen, dass die Lichter ausgehen, es kalt ist und wir nichts mehr zum Essen haben!ß?
Beim ßl gibt es also ein gewisses Selbstregulativ. Wenn man über einen bestimmten Preis geht, geht nichts mehr, dann kann man aus der Bevölkerung nichts mehr rauszupressen. Die Leute werden dann in der Kälte und im Dunkeln sitzen und nicht mehr Autofahren, weil sie es sich einfach nicht mehr leisten können.
Beim Gold und Silber ist das anders?
Genau, denn da geht es um andere Dinge. Gold und Silber braucht man als Metalle nicht unmittelbar zum Leben wie Essen oder ßl, die sind absolut erforderlich, ohne dies geht es ja nicht. Ohne Gold und Silber könnte man schon leben. Es sind aber die einzigen beiden echten Gelder, die es gibt. Alles andere sind nur Versprechen. Alle Papiere sind Versprechen. Und alle Versprechen werden gebrochen.
Sie meinen in diesem Fall vom Lateinischen ß?fiatß? = ß?es werde bereitetßß
Exakt. Die Frau sagt beispielsweise zu ihrem Mann: ß?Du brichst dauernd deine Versprechen, weil du immer sagst, du musst arbeiten und kannst nicht mit mir in den Urlaub fahren.ß? Aber sie sagt zu ihm: ß?Das macht nichts, ich bekomme ja gleich wieder ein neues Versprechen.ß? So ist das hier im Grundprinzip auch. Alle Versprechen werden, egal in welcher Form, irgendwann gebrochen. Beim Papiergeld hänge ich von der Liquidität eines Staates, einer Unternehmung, einer Firma ab. Irgendjemand oder irgendetwas gibt mir etwas dafür oder beliefert mich. Und wenn der nicht kann, wie der Staat oder die Pleitefirma, das war’s dann, dann ist das Papiergold wertlos. Das ist beim Gold und Silber anders. Sie haben einen inneren Wert. Ich kann Gold und Silber still und stumm in der Hand hochhalten, und ich werde immer etwas dafür erhalten. Gold und Silber sind noch niemals in der Geschichte auf null gegangen. Alle Papiergelder, sofern sie nicht von Edelmetallen gedeckt waren, sind in den letzten 4000 Jahren auf null zurückgegangen, seitdem die Chinesen das erste Mal Papierwährungen hatten.
Sehen Sie das für China und Russland, dass sie ihre Währungen auf eine Gold gedeckte Basis bringen könnten?
Das wäre denkbar. Allerdings müssten sie dazu ihre Papierwährungen erst einmal einer Rasur unterziehen. Denn bei den jetzigen Papiergeldmengen und vor allem den digitalen Geldmengen, die ja noch sehr viel größer sind, würde eine Konvertierbarkeit in Gold und Silber zu Preisen führen, die wären im Bereich von 100.000 oder eine Million Dollar pro Unze. Jedenfalls aberwitzig hoch. Das ist technisch nicht machbar. Deswegen müssten sie eine Abwertung vornehmen von 1:20, 1:50, 1:100, dann wäre es möglich, auch für den Schweizer Franken. Ohne einen echten Schnitt wird es nicht gehen.
Sehen Sie die Manipulation des Gold- und Silberpreises vor dem Ende stehen, insbesondere auch durch das, was sich in den USA auf dem Silbermarkt durch die CFTC tut?
Der Druck wird auf die Manipulatoren zum ersten Mal so groß, dass die Aufsichtsbehörde es nicht mehr ganz ignorieren kann. Sie werden so ein wenig weich in den Knien und sagen: ß?Ja, es gibt da wohl ein paar Probleme.ß? Früher haben sie nur einfach frech gelacht. Das ist jetzt vorbei. Sie können sich nicht mehr bloß verstecken. Eine Bank, so wird berichtet, soll auf dem Silbermarkt 40 Prozent aller Shortpositionen halten ß? wenn das nicht manipulativ ist, was denn dann?
Sie werden versuchen, den Preis beider Metalle unten zu halten, denn es sind ihre natürlichen Todfeinde. Aber irgendwann werden sie hinweggefegt. Spätestens dann, wenn wir in den 1 Prozentbereich der Nachfrage kommen, den wir vorhin andeuteten. Denn dann wollen die Leute physisches Metall kaufen und nicht mehr Metall auf Papierbasis. Papier ist beliebig vermehrbar, nicht aber das physische Metall.
Und die ETFs werden dann auch der Reihe nach zusammenbrechen?
Ich müsste dumm und wahnsinnig zugleich sein, mein sauer erspartes Geld in einen ETF zu stecken, von dem ich nie genau wissen kann, ob er wirklich das Material physisch hält, das er mir verspricht zu halten. Auch ein ETF ist ein Papier, und ein Papier ist ein Versprechen, das gebrochen wird. Es ist wie immer. Außerdem sitzen ETFs auf dem Präsentierteller. Wenn Gold konfisziert wird, wenn an einem Freitag das Gesetz kommt, dann sind die ETFs am Samstag schon fort. Die Regierung würde diese Lager als aller erstes beschlagnahmen. Das wäre mir viel zu gefährlich.
Zudem ist es so, dass man Lagergebühren bezahlen muss, wenn man in den ETF rein- oder rausgeht. Das ist alles mit Kosten verbunden, was ich auch umsonst haben kann, wenn ich mir das Edelmetall zuhause entsprechend verstecke oder ablagere. Und wenn man es in ein Bankschließfach hinein tut, ist es auch nur mit minimalen Kosten verbunden. In dem Kanton in der Schweiz, in dem ich wohne, kostet ein Bankschließfach, in dem 20 bis 30 Kilo Gold passen, im Jahr umgerechnet 28 Euro. Dafür bekommt man in einem gehobenen Restaurant gerade einmal eine Suppe. Das Gerede, dass die Lagerhaltungskosten so wahnsinnig hoch sind, trifft nicht zu. Bei Silber ist dieses Gerede nicht ganz so verfehlt, weil es sehr viel schwerer ist, aber auch dort hält sich das absolut in Grenzen.
Im übrigen ist die Tatsache, dass man in den USA oder in der EU und den Vasallenstaaten Dinge in Bankschließfächer lagert, vom Standpunkt der Sicherheit absurd. Da kann man es auch gleich in der Toilette wegspülen und versuchen, es in der Fäkaliengrube wiederzufinden. Das ist sicherer. Denn das erste, an das der Staat geht, sind alle Bankschließfächer, die übers Wochenende versiegelt werden, und wenn man dann am Montag auftaucht, sitzt da ein völlig verfetteter EU-Beamter hinter einem Blechtisch, der Sie angrinst und Ihnen sagt: ß?Aber sehr schön, Herr Schall, das Sie kommen, wir haben schon auf Sie gewartet! Nun machen Sie doch mal auf.ß? Und wenn sie dann das Schließfach aufmachen und Sie Glück haben, kommen Sie nicht ins Gefängnis, weil es ja inzwischen illegal ist, und wenn Sie richtig viel Glück haben, bekommen Sie für all ihr gespartes Edelmetall eine Quittung über 200 Krüger-Rand, und das ist dann das Letzte, was Sie gesehen haben.
Erachten Sie das für die Schweiz ebenfalls als mögliches Problem?
Nicht in der Art und Weise, wie in den USA und der EU. Die Schweizer müssten erst einmal per Bürger-Referendum beschließen, kollektiven Selbstmord zu begehen. Das ziehe ich ernsthaft in Zweifel, dass die Schweizer dies zum Gefallen von ein paar EU-Kommissaren und dem Vorsitzenden der Federal Reserve tun werden.
Professor Bocker, lassen Sie uns langsam zum Zirkelschluss kommen: Ist das Auftauchen eines Mega-Crashs in Ihren Augen wahrscheinlich?
Ja, auf jeden Fall. Sie können auch fragen: ß?Geht morgen die Sonne im Osten aufßß Möglicherweise geht sie im Westen auf, aber die Chancen sind absolut gering. Es geht hier um Naturgesetze und wirtschaftliche Gesetze, die sich dürch keine Manipulation oder Politik beeinflußen lassen. Wenn Sie erstens jahrzehntelang hindurch über Ihre Verhältnisse leben, kommt irgendwann der Tag der Abrechnung. Das gilt für einzelne Personen, die können das nicht lange durchhalten. Für Firmen geht es etwas länger, für Großkonzerne geht es noch länger, für Banken geht es noch etwas länger, und für ganze Staaten geht es am längsten, aber auch da nicht für immer.
Zweitens sind die Ungleichgewichte bei der Wirtschaft und den Finanzen in einen Dimensionsbereich gerutscht, die aberwitzig zu nennen noch eine Untertreibung darstellen würde. Allein das echte Derivatevolumen der Welt ß? und ich spreche jetzt nicht von Schulden, nur von Derivaten -, liegt im Moment bei 1 Millionen Milliarden US-Dollar. Das sind die weltweiten Derivate: 1 Millionen Milliarde US-Dollar, ich habe es noch einmal wiederholt. Wenn diese Kette der Summen reißt, die bezahlt und aufgebracht werden müssen, bricht ein System nach dem anderen im ganzen System zusammen.
Hätten wir drittens eine gesunde Finanzsphäre, so würde dort im Vergleich zur Realwirtschaft ungefähr das Dreifache des Finanzvolumens zirkulieren. Das hieße, auf jeden realen Dollar oder Euro, der irgendwo über die Theke gegen eine Ware oder Diensleistung geht, können obendrein zwei oder drei Dollar zusätzlich zirkulieren. Das wäre gesund. Zurzeit sind wir bei 1:400, und diese Zahl steigt. Das alles wartet nur auf einen Nadelstich in die große Blase. Und ob das dann in einem großen gigantischen Knall geschieht oder in drei kleineren Etappen, das ist letztlich uninteressant.
Ob ich mit einem parfümierten Strick hingerichtet werde oder einen, der zuvor in der Jauchegrube getränkt wurde, spielt keine übergeordnete Rolle. Die Ungleichgewichte im System haben solche Formen angenommen, die von den Naturgesetzen nicht zu tolerieren sind. Es muss auf ein gesünderes System zurückgeführt werde. Dieser Rückführungsprozess kann und wird schmerzhaft sein, aber er ist gesund. Er wird dadurch, dass todkranke Systeme am Leben erhalten werden, nur künstlich und manipulativ zeitlich nach hinten verschoben.
Und hier haben wir noch nicht über die exponentiell wachsenden Schulden gesprochen, die sich nicht drücken lassen, es sei denn durch drei Möglichkeiten: durch einen großen Weltkrieg, eine Hyperinflation oder offene Staatsbankrotte. Ansonsten kann irgendwann durch Steuereinnahmen nicht mehr der Zinsdienst für die staatlichen Papiere getätigt werden. Dieser Fakt alleine würde das System schon unvermeidlich zum Einsturz bringen. Wir brauchen keinen Schuß und keine Terroristen, gar nichts.
Dieses System alleine wird letzten Endes auch die USA zum Fall bringen. Der ß?Imperial Overstretchß? hat schon den Römern das Genick gekostet. Am Ende konnten sie aus ihren Kolonien nicht mehr so viel herauspressen, wie ihre Militärmaschinerie kostete. Diesem Punkt nähern sich die USA momentan in Siebenmeilenstiefeln an.
Mr. Dax: ß?Nach unten absichern.ß?
Als das Interview mit Prof. Bocker mit der Aussicht auf ein Ende der ß?United States of Military Basesß? beendet war, sagte Frank Meyer, der Moderator der ß?Telebörseß? auf ntv, den als Mr. Dax bekannt gewordenen Dirk Müller (http://cashkurs.com) für einen Vortrag an, der auf der Hauptpräsentationsbühne stattfand. Ich hielt in meinem Notizblock fest, dass Müller zunächst gut gelaunt die derzeit gut gelaunten Wirtschaftsberichte besprach, die dieser Tage durch die diversen Medienorgane nach oben gespült werden. Des Weiteren sprach er von ß?Fusionenß? im Sinn von ß?Inflation, Deflation, Konfusionß?. Im Grunde, so brachte er es auf den Punkt, würden wir uns im freien Fall befinden, während der Ifo-Index so günstig sei wie nicht mehr seit dem Frühjahr 2007 ß? das heißt mithin vor Beginn der ß?Großen Kriseß?. Den Edelmetallen sagte er Preisentwicklungen voraus, die deutlich nach oben tendieren. Gleichwohl riet er zu Absicherungen nach unten: ß?Nach oben nehmen wir alles mit und nach unten sichern wir uns mit entsprechenden Produkten ab, um keine Verluste zu machen.ß?
Mythen
Mit diesen realistischen, zur Vorsicht gemahnenden Worten im Rücken begab ich mich in die Cafeteria der Messe im Erdgeschoß der Event-Arena zu München. An der Kasse traf ich beim Bezahlen meines koffeinhaltigen Getränks der Wahl Oliver Janich, den früheren Mitarbeiter bei ß?Focus Moneyß?, Begründer der ß?Partei der Vernunftß? und Autoren des im Finanzbuch Verlag erschienenen Werks ß?Das Kapitalismus-Komplottß?. Mit Janich führte ich dann zu einem etwas späteren Zeitpunkt, nach dem wir unsere Tasseninhalte geleert hatten, vor der Halle dieses Gespräch.
Oliver Janich, wie sehen Sie das mit den Edelmetallen und den Papiergeldwährungen?
Edelmetalle sind derzeitig der einzige Schutz vor dem Verlust des Vermögens. Was viele Menschen noch nicht wissen: Geld existiert in Wirklichkeit gar nicht, es gibt nur Waren. Und das wahre Geld ist eigentlich Gold oder Silber, und so kann man sich für den Erhalt seines eigenen Vermögens einsetzen.
Sie würden also sagen, dass man im Zeichen der Finanzkrise, die sich noch verschärfen wird, nicht sonderlich viel falsch machen kann, wenn man in Edelmetalle investiert?
Ich kann jetzt hier keine individuelle Anlageberatung geben, aber um sich zu schützen sind Edelmetalle im Grunde der einzige wege, vielleicht noch mit Aktienbeteilungen auf Edelmetallbasis.
Wie kommen Sie denn darauf, dass es Geld eigentlich gar nicht gibt?
Bei uns entsteht Geld durch die Vergabe von Krediten, einmal durch die Giralgeldschöpfung und zum anderen in den Banken selbst, indem ein kredit vergeben wird und Sichteinlagen geschaffen werden. Diesen Dingen liegen aber keine Ersparnis zugrunde und es werden damit auch nicht immer nützliche Dinge produziert. Das heißt, hier wird eine Blase aus dem Nichts erzeugt, hinter der keine realen Werte stehen.
Bei einer Rohstoff-Messe wie dieser geht es auch um das Thema Energie, damit dann auch um ßl, und wenn es um ßl geht, muss es auch um das Thema Peak Oil gehen. Was haben Sie dazu für Ihr Buch recherchiert?
Kurzfristig könnte es durchaus sein, dass wir ein Fördermaximum erreichen, es wird aber danach nicht so sein, dass ßl zur Neige geht. Die herkömmliche ßltheorie ist entweder in Teilen oder komplett falsch. ßl wird, Stichpunkt abiotische ßltheorie, im Innern der Erde ständig unter Druck und Hitze nachproduziert. Außerdem muss man verstehen, dass knappe Ressourcen in einer Marktwirtschaft teurer sind. Das heißt, sobald eine Ressource knapp ist, wird sie durch eine andere ersetzt. Langfristig braucht man sich keine Sorgen machen.
Was ist denn der treibende Faktor für den ßlpreis?
Die meisten Leute nehmen an, dass der ßlpreis ansteigt, weil das ßl knapp ist. Dem ist aber nicht so. In Wirklichkeit fördern im Moment wir so viel ßl wie nie zuvor. Der Grund für den Anstieg ist die Papiergeldblase. Wenn man ßl in Gold misst, dann ist der ßlpreis gar nicht gestiegen – und Gold ist ja der eigentliche wahre Gradmesser einer Währung. Da sieht man, dass lediglich das Produzieren des Papiergeldes gestiegen ist, und das Papiergeld wird von smarten Investoren wiederum umgetauscht in Rohstoffe.
Und die OPEC-Länder haben vor kurzem erst gesagt, dass sie gerne einen höheren ßlpreis sehen wollen, allein weil der Dollar an Wert abnimmt.[ii]
Genau, denn die sehen schon, dass ihr ßl viel mehr wert sein sollte im Vergleich zu den bisher gedruckten Dollars.
Sie sind Gründer und Vorsitzende der ß?Partei der Vernunftß?. Wie sieht das Wirtschaftsprogramm dieser Partei aus?
Der Dreh- und Angelpunkt ist das Geldsystem, insofern das staatliche Geldmonopol abgeschafft werden muss, damit die Gelderzeugung aus dem Nichts verunmöglicht wird. Dann gibt es auch keine Inflation mehr und wir können alle reich werden. Letzteres ist übrigens keine ßbertreibung, ich rechne das sachlich vor in meinem Buch. Wenn man das geändert hat, gibt es jedenfalls keine Massenarmut mehr, weil man dann tatsächlich von seiner eigenen Hände Arbeit leben kann. Wir brauchen dann auch keinen Staat mehr, der eingreift, sondern der kann sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren, und dazu reichte eine Besteuerung von zehn Prozent.
Sie sind eigentlich Journalist und kein Politiker als solcher. Wie sehen Sie den Zustand der Profession des Journalismus?
Nun, im Grunde sind beide, die Medien und die Politik, in einem erbärmlichen Zustand. Die Massenmedien schreiben nur, was die Masse denkt oder denken soll, mit der Wahrheit hat das oft wenig zu tun. Und die Politiker sind fast noch schlimmer. Man findet kaum noch höfliche Worte für das, was hier geschieht. Zum Beispiel werden wir beim Klimawandel dreist angelogen. Die Politiker wissen genau, dass es eine Lüge ist, dass der Mensch signifikanten Anteil am Klimawandel hat. Es geht nur darum, die Freiheit der Menschen zu beschränken. Und die Massenmedien müssten das eigentlich aufdecken, aber gerade das tun sie nicht.
Quellen:
i Vgl. Lars Schall: „Der Crack-up Boom Teil Drei“, veröffentlicht auf chaostheorein am 17. November 2010 unter:
http://www.chaostheorien.de/interviews/-/asset_publisher/rAD9/content/der-crack-up-boom-teil-3?redirect=%2Finterview
ii Vgl. Lars Schall: „Der Wert des US-Dollars nimmt ab, der ßlpreis steigt“, veröffentlicht auf chaostheorien.de am 19. Oktober 2010 unter:
[i]
2 Responses to Mega-Crash und Mythen
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Die Beschreibung von Prof. Dr. Hans J. Bocker:
„… und diese Menschen, die wussten, dass sie jetzt gleich an der Reihe waren, haben bis zuletzt geglaubt, das ist unmöglich, und noch jedes Mal laut gerufen: ß?Lang lebe der Genosse Stalin!ß?…“
Hat mich an den Film „Die Zeitmaschine“ erinnert.
Das Volk der Eloi steht hier stellvertretend für die uns umgebende Mainstream Bevölkerung.
http://www.youtube.com/watch?v=MhjPYaWcUGw&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=nTdTsdyOFVM&feature=related
Die Aussagen überraschen nicht.
Sind die Edelmetallverkäufe schon wieder rückläufig?
Auch hier kein Gedanke an eine Deflation.