US-Immobilien: Neuer Trend „Strategic default“

Waren es noch vor zwei Jahren wirklich arme Seelen, die während der Subprimekrise Ihre Häuser verloren, ist es heute in vielen Fällen eine strategische Entscheidung solventer Schuldner. Die sogenannten „Walk-aways“ entscheiden sich für einen „strategischen Zahlungsverzug“. Was ist das für ein neuer Trend in den USA und woher kommt er?


Durch die Gier der Banken, die Hypothekenkredite verbrieften, zerteilten und wieder verbrieften, kann kaum eine Bank den original Hypothekenbrief im Original vorlegen. Dieses wurde überwiegend Anfang 2010 durch Klagen einiger Schuldner bekannt, die nicht aus Ihren Immobilien ausziehen konnten oder wollten. Eine neue ßra der Subprimekrise war geboren.

Neuerdings hat sich aus diesem Umstand ein Trend entwickelt, wo Hausbesitzer die Zahlung ihrer Hypothekenschulden zu einer strategischen Entscheidung machen. Diese neue Form hat bereits Namen, man nennt sie : „Strategic default“(strategischer Zahlungsverzug), oder auch „voluntary foreclosure“(freiwillige Zwangsräumung).

Häufig wird diese Art der Entscheidung bei Wertverlusten des Hauses getroffen, wie die Welt schreibt, zum Teil schon bei 10% -15%. Alleine 2010 wurden in den USA 1,5 Millionen Häuser zwangsgeräumt. Die Zahl derer die Ihre Kredite nicht mehr bezahlen und irgendwann einfach ausziehen schätzen Experten auf mittlerweile 18%. Durch ßberforderung der Gerichte und Behörden, holen die Schuldner so in der Regel noch fast zwei Jahre mietfrei raus.

Hier einige Zeilen aus der Welt:

In vielen US-Staaten kann kein Gläubiger, ob Bank oder Kaufmann, eine Pfändung von Lohn oder Auto erwirken. Am Ende verlieren die ß?walk-awaysß? ihr Haus und für einige Jahre ihre Kreditwürdigkeit. Doch wenn sie klug sind und liquide, nutzen sie den Preissturz der Immobilien und das Pech zahlungsunfähiger Besitzer und kaufen sich größere Häuser zu Schnäppchenpreisen.
[…]
Die Bankenindustrie gibt sich schockiert vom Sittenverfall ihrer Schuldner, zumal der Elite. In den vergangenen drei Jahren schnellte die Zahl der säumigen ß?Super-Primeß?-Schuldner um 420 Prozent in die Höhe. Sie zählen nicht zu den 50 Prozent aller Verbraucherinsolvenzen, die wegen Krankheit und unbezahlbarer Arztrechnungen in Not geraten. Reiche folgen dem Rat von Spezialisten wie youwalkaway.com, die für sich werben wie Scheidungsanwälte: ß?Leiden Sie unter Stress wegen Ihrer Hypothekenzahlungen? Fällt es Ihnen schwer zu entscheiden, ob es finanziell Sinn ergibt wegzugehenßß Und weiter: ß?Müssen Sie wegen Job oder Familie umziehen und können nicht verkaufen? Was, wenn Sie, ohne zu zahlen, acht Monate und länger in Ihrem Haus leben könnten und dann gehen, ohne einen Penny schuldig zu sein? Befreien Sie sich von einer Investition, die (nur noch) Geld kostet, und benutzen Sie unsere erprobte Methode des Walk-away.ß?[1]

Das die Bankenindustrie sich vom Sittenverfall schockiert gibt, löst fast ein Schmunzeln aus, weiß man doch dass diese zum großen Teil an diesem Schlamassel schuld ist. Hier greift abermals die Devise, wie im Großen – so im Kleinen. Problematisch ist nur, dass auch hier am Ende die Verluste sozialisiert werden.

Sehr klar wird das Kernproblem der USA noch in einem weiteren Absatz:

Die Raffgier der Wall Street, die Millionen Menschen Hauskredite ohne Sicherheiten aufdrängte, gilt den Verweigerern als kriminell, nicht ihr Walkaway aus Notwehr.
[…]
Selbst die unter US-ßkonomen als ß?hyperbolic discountersß? bekannten notorischen Zockertypen, aus Konsumsucht meilenweit über ihre Verhältnisse lebend, werden vom System geschützt. Wo bliebe Amerika, dessen Wirtschaft zu 70 Prozent vom Konsum seiner Verbraucher abhängig ist, wenn nur noch die Geld ausgäben, die es haben? [1]

Sehr offen ist zu erkennen, dass die Subprimekrise Ihren Höhepunkt noch lange nicht gesehen hat. Durch die Verstaatlichung von Fanny Mae und Freddy Mac – die größten Hypothekenfinazierer der USA – lässt sich das wahre Ausmaß der Katastrophe noch eine Weile verschleiern. Der Tag der Abrechnung kommt jedoch gewiss.

Carpe diem

[1] http://www.welt.de/politik/ausland/article12331757/Die-neue-Zahlungs-Unmoral-der-US-Hausbesitzer.html


3 Responses to US-Immobilien: Neuer Trend „Strategic default“

  1. Eliasa sagt:

    Das ist allerdings ein Schmunzeln wert. Diejenigen, die für den Schlamassel bezahlen sollen, finden einen cleveren Ausweg. Schade nur, dass es wieder nur diejenigen sind, die immer einen Ausweg finden. Alle anderen haben trotzdem Pech gehabt. Nur, ich gebe es zu, wenn ich in dieser Lage wäre, wäre meine persönliche Solidarität mit denjenigen, die diese Möglichkeit nicht haben, auch gering. Das Unterhemd ist mir halt doch näher als der Mantel.

  2. roush sagt:

    Har. „Strategischer Zahlungsverzug“.
    Der war gut!
    Aber: Was die armen Amis durchmachen müssen,
    wenn sie ihr Obdach verlieren, geht auf
    keine Kuhhaut. Die Verantwortlichen, waschen
    ihre Hände in Reinheit.
    Was zum Teufel ist denn heute noch gerecht?
    Man ist nurmehr eine Nummer. Von Menschlichkeit
    keine Spur.

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