Vorzeitige LTRO-Rückzahlung: Deutsche Banken über den Berg, oder nicht?

Nach einem turbulenten Jahr für die deutschen Banken scheint nun die Sonne am Horizont aufzusteigen. Vollmundig wird in den Medien gemeldet, deutsche Banken wollen die Kredite, welche über das Long Term Refinancing Operations (LTRO) Programm aufgenommen wurden, vorzeitig zurückzahlen. Mehr als 1000 Milliarden Euro waren so Ende 2011 und Anfang 2012 an europäische Banken ausgegeben worden und wie es scheint, will sich der Musterschüler Deutschland nun von seiner besten Seite zeigen. Das klingt zunächst recht positiv, wir werfen einen Blick auf die Fakten.


Mit den Negativschlagzeilen schwindet mehr und mehr das Vertrauen der Bürger in das Bankwesen, seit Beginn der Krise geben sich Bankangestellte lieber nicht als selbige zu erkennen. Die Branche steckt in der tiefsten Krise, die sie je erlebt hat. Zum Höhepunkt wurden Banker gar beleidigt oder bedroht, bekam man mit, wer deren Arbeitgeber war. Der Frust in der Bevölkerung sitzt tief.

Als im Dezember die ersten 489 Milliarden Euro der LTRO-Kredite ausgegeben wurden, griffen deutsche Banken recht zögerlich zu. So seien etwa 25 Milliarden an unsere Institute geflossen. Bei der zweiten Tranche gegen Ende Februar – welche 529 Milliarden Euro ausmachte – sollen weitere 44 Milliarden aufgenommen worden sein.

Zu Beginn wurden große Teile diese Gelder noch als sogenannte Einlagefazilität oder overnight deposits zu einem Zinssatz von 0,25% bei der EZB geparkt. Wichtig war es den Banken, für Notfälle oder Ausfälle ausreichend Liquidität verfügbar zu halten. Bei einem Zinssatz von 1% für die Aufnahme und 0,25% für das Parken bei der EZB blieben so noch rund 0,75% an reinen Kosten übrig. Die 0,25% waren so über Nacht eine gute Einnahmequelle, was sich jedoch im Juli 2012 schlagartig änderte. Die EZB senkte den Leitzins auf 0,75% und senkte zeitgleich die Zinsen der Einlagefazilität auf 0,0%, schlagartig sanken die geparkten Summen rasant. Hier ein Chart von Querschüsse.de dazu:

Die Devise hieß wohl „Auf zu neuen Ufern“, das Geld muss arbeiten. Insbesondere war das große Interesse an LRTO dem völlig zum Erliegen gekommenen Interbankenmarktes und der hohen Volatilität der Barabhebungen zu verdanken.

Nun vermelden die Medien euphorisch, dass deutsche Banken die aufgenommenen Gelder via LTRO vorzeitig zurückzahlen wollen. In den meisten Artikeln wird hierbei jedoch ein wesentliches Detail unterschlagen. Ob es bei der FAZ ein Fauxpas war, lässt sich hier nicht abschließend festhalten, aber zumindest wird dort auf den Hintergrund eingegangen. So heißt es dort:

Entspannung in der Euro-Krise: Deutsche Banken wollen EZB-Milliarden früh zurückgeben
Die deutschen Geldhäuser werden von der Europäischen Zentralbank gewährte außergewöhnliche Krisenkredite womöglich schon bald zurückzahlen. Nach Informationen aus Finanzkreisen wollen die Institute schon im Januar beginnen, das geliehene Geld zurück zugeben.
[…]
In zwei Tranchen vergab die EZB insgesamt rund 1 Billion Euro in einer außergewöhnliche Auktion (LTRO). An deutsche Häuser flossen nach Schätzungen von Analysten 69 Milliarden Euro.[1]

So weit, so gut, könnte man nun meinen. Das klingt doch wirklich gut. Der geneigte Leser bekommt so den Eindruck, die deutschen Banken haben sich stabilisiert und sind auf diese Gelder nicht mehr angewiesen. In den meisten Medien bleibt es auch bei diesem Eindruck. Bei der FAZ hingegen kommt noch ein kleiner Nachsatz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Lesen Sie selbst:

Finanzvorstand Stephan Engels(Commerzbank) will die zehn Milliarden Euro, die sein Haus in der ersten Runde genommen hatte, bis Ende März komplett tilgen. Deutschlands zweitgrößte Bank könne sich inzwischen günstiger refinanzieren als über die EZB, hatte er im November gesagt. Das würde im Grundsatz auch für die sechs Milliarden aus der zweiten Tranche gelten.[1]

Liest man diesen kleinen Abschnitt, wird sehr schnell klar, das Geld wird immernoch gebraucht, jedoch kann man sich die Summe zu einem „noch günstigeren“ Zinssatz besorgen. Auf Anhieb könnte ich nicht sagen wo es noch billigeres Geld gibt, aber offensichtlich muss es möglich sein.

Wirft man unter diesen Umständen einen Blick auf die eigenen Konten und die Zinssätze, darf man ruhig ein wenig verärgert sein. Während die Banken – auf Kosten der Steuerzahler – mit Milliarden zugedeckt werden, zahlt der gemeine Bürger bereits auf einen Kontokorrent 12,27% Zinsen und kommt er noch darüber, schlägt die Bank mit satten 17,27 % zu (Sparkasse).

Ebenso alarmierend ist es auf der Habenseite bei Kapitalkonten. Dort wird ab einer Viertelmillion immerhin 0,4% Zinsen gezahlt.

Fazit: Nach einer Erholung im Bankensektor sieht es nicht unbedingt aus, man hat nur noch günstigere Quellen gefunden. In wie weit die Banken sich nun Over-Sea mit Krediten aus den USA versorgen können, ist auf Anhieb nicht zu sagen. Vielleicht gibt es ja bei Zeiten eine Erklärung dazu, wo man sich für weniger als 0,75% mit Geld zudecken lassen kann.

Carpe diem

[1] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/entspannung-in-der-euro-krise-deutsche-banken-wollen-ezb-milliarden-frueh-zurueckgeben-12025906.html


2 Responses to Vorzeitige LTRO-Rückzahlung: Deutsche Banken über den Berg, oder nicht?

  1. dogbert sagt:

    Die Antwort auf die Frage, „wo man sich für weniger als 0,75% mit Geld zudecken lassen kann“ steht direkt darüber: bei den Sparern!
    Bringe diese also mit entsprechenden MSM-Artikeln (hier diskutiert) dazu, ihr Gold und ihre Aktien zu verkaufen, dann tragen sie ihr Geld zur Bank und akzeptieren einen lächerlich geringen Zinssatz.

  2. Jens Blecker sagt:

    Ob Peer Steinbrück IKNews liest? 😀

    Zeitung: Steinbrück will Deckelung von Dispo-Zinsen
    http://de.reuters.com/article/domesticNews/idDEBEE90G01720130117

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