Journalismus vs. BND: Urteil – Im Zweifel für das Grundgesetz

Heute stand vor dem Leipziger Bundesverwaltungsgericht nicht weniger zur Verhandlung, als ein wichtiges und notwendiges Privileg der Pressefreiheit – die Auskunftsverpflichtung. Ein Journalist hatte geklagt, weil sich der Bundesnachrichtendienst weigerte, Auskunft zu erteilen, wie viele der Mitarbeiter einen nationalsozialistischen Hintergrund haben oder hatten. Als Argument diente der hohe Aufwand, dieses zu ermitteln, wobei man sich dann fragen muss, was dort wohl für laxe Aufnahmekriterien für Mitarbeiter vorherrschen. Jeder halbwegs organisierte Geheimdienst in Afrika könnte eine solche Information binnen weniger Stunden über die eigenen Mitarbeiter ausfindig machen.


Mit Spannung haben wir auf die Pressemitteilung zu diesem Fall gewartet, nun ist diese online.

Wie IKNews aus gut informierten Kreisen erfuhr, soll es sich bei dem Journalisten um einen Mitarbeiter des Axel Springerverlages handeln. Dieser hatte seine Anfrage gestützt auf das Landespressegesetz. Er verlangte Auskunft sowie die Nutzung des einschlägigen Archivguts zu der Frage, wie viele hauptamtliche sowie inoffizielle Mitarbeiter der Bundesnachrichtendienst bzw. sein Vorläufer, die Organisation Gehlen, in bestimmten Jahren zwischen 1950 und 1980 hatte und wie viele davon Mitglied der NSDAP, der SS, der Gestapo oder der Abteilung „Fremde Heere Ost“ waren.

Der BND hingegen hielt den Journalisten zunächst hin, mit der Aussage, dass die Bearbeitung dieser Anfrage noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Aufgrund dessen reichte der Journalist eine Untätigkeitsklage ein.

Einer der Richter des 6. Senats, welcher diese Klage behandelt, hatte in seiner Zeit als Ministerialbeamter bereits einen Aufsatz verfasst. Dieser widmete sich dem Thema, ob es angebracht wäre, Landespressegesetze auch auf Bundesbehörden anzuwenden. In seinem Aufsatz kam Prof. Dr. Jan Hecker zu dem Schluss, dass dem nicht so sei. Heute wurde seine Meinung auf den Prüfstand gestellt. Nach Informationen von IKNews lag bis heute kein Befangenheitsantrag gegen diesen Richter vor.

In seinem Urteil kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Landespressegesetze nicht auf Bundesbehörden angewendet werden können. Es wird jedoch auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes verwiesen, wo es heißt:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.[1]

Dazu in der Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichtes:

Mit der Gewährleistung der Pressefreiheit trägt das Grundgesetz der besonderen Bedeutung der Presse in einem freiheitlichen demokratischen Staatswesen Rechnung. Hieraus folgt die Pflicht des Staates zur Erteilung von Auskünften. Fehlt es an einer Regelung des zuständigen Gesetzgebers, ist ein Minimalstandard an Auskunftspflichten in der Weise verfassungsunmittelbar garantiert, dass das Grundgesetz einen klagbaren Rechtsanspruch auf Erteilung einer bestimmten Information zuerkennt, soweit ihm nicht berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen, wie sie beispielhaft in den Landespressegesetzen aufgeführt sind.[2]

Fazit: Mit diesem Urteil wurde zunächst aus unserer Sicht die Pressefreiheit – welche grundgesetzlich verankert ist – genau auf diese Stufe gehoben. Es bleibt nur abzuwarten, in wie weit in Kürze neue Gesetzentwürfe genau dieses wieder unterminieren sollen. Im Zweifel für das Grundgesetz.

Carpe diem

[1] http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html
[2] http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2013&nr=11


11 Responses to Journalismus vs. BND: Urteil – Im Zweifel für das Grundgesetz

  1. BRD-AKUT sagt:

    Es geschehen noch Zeichen und Wunder!Aber man muss dem Bürger ja von Zeit zu Zeit eine Kleinigkeit zugestehen,damit er nicht sofort ausflippt.

    http://brdakut.wordpress.com/

  2. Xander sagt:

    Es war so klar …

    Ich komme nach Hause, mache den Computer an, surfe sofort voller Erwartung auf IKNews und finde sofort den heiß ersehnten Artikel! Fein fein fein weiter so!

  3. Janu sagt:

    B N D
    Beim BND gibt’s nicht nur alte Nazis, sondern auch ’neue‘ und hochaktive Nazis:
    „Der Anwalt räumte ein, daß auf dem Gang des Dienstsitzes seines Mandanten eine Bilderreihe des Brandenburger Tors im Lauf der Geschichte hänge, darunter eine Abbildung aus dem Jahr 1943 mit der Aufschrift »Führer befiehl – wir folgen«.“
    Siehe zur „Verbindungsgruppe 61“ z. B. hier: http://www.jungewelt.de/2013/02-09/053.php .

    Ganz offensichtlich werfen wir da einen Blick in den deutschen „deep state“: http://dtj-online.de/news/detail/1675/tiefe_strukturen_im_deutschen_geheimdienst.html .

    M A D
    Noch mehr dürfte der MAD („Militärischer Abschirm Dienst“) in den „deep state“ à la „Gladio/Ergenekon“ verwickelt sein. Ist doch die Ausgangsbasis des ‚tiefen‘ oder – besser – unterminierten Staates immer das Militär – und damit auch der MAD. .
    Man halte sich vor Augen: Nicht so sehr der Verfassungsschutz als vielmehr gerade der MAD ist zutiefst („deep state“) in die Zwickauer Terrorzelle verwickelt. Diese Zwickauer Terrorzelle wird uns immer als „NSU“ verkauft. Angeblich eine Selbstbezeichnung von Leuten, die nie – anders als z. B. die RAF – um Mitglieder oder „Sympathisanten“ warben und die sogar möglichst unsichtbar sein wollten. Eine Selbstbezeichnung mit dem griffigen „NSU“ kann man also ausschließen (Der Einfachheit bleibe ich aber nachfolgend bei „NSU“).

    Liebdienerisch wurde in den allermeisten Zeitungsartikeln und den Fernsehsendungen die erhebliche (federführend?) Beteiligung des MAD an der NSU-Affäre verschwiegen und nur immer der Verfassungsschutz angegriffen!
    Dabei stand der Verfassungsschutz insoweit natürlich unter der Fuchtel des MAD – und nicht umgekehrt. Denn nicht erst seit dem franz. Fall „Dreyfus“ ist doch klar, daß beim Thema „militärische Sicherheit“ alle anderen Behörden (oft sogar die Justiz!) die Klappe zu halten haben.

    Der MAD, der schon seit langem immer mal wieder abgeschafft werden sollte, kommt durch seine Nazi/deep_state/NSU -Verwicklung natürlich in Bedrängnis. Hinzukommt daß Uwe Mundlos bei der Bundeswehr ‚freie Fahrt‘ für den Nationalsozialismus bekam: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nsu-moerder-wie-die-bundeswehr-uwe-mundlos-gewaehren-liess-a-858909.html . Dabei hätte gerade der – ohnehin schon belastete – MAD hier eingreifen müssen.
    Erst vor wenigen Tagen hatte deshalb der MAD-Chef Birkenheier die Flucht nach vorn angetreten. Und gab erstmals in der Geschichte des MAD ausgewählten Zeitungen gegenüber ein Interview. Hier seine wenig vorteilhaften – ja irgendwie naiven – Äußerungen in der „Welt“: http://www.welt.de/politik/deutschland/article113695087/Geheimdienst-der-Bundeswehr-bricht-das-Schweigen.html

    Birkenheier: „IT-Abschirmung heißt das bei uns, da schützen wir die Bundeswehr mit unseren Mitteln. Deshalb bauen wir gerade ein entsprechendes Expertenteam auf.“
    Siehe: http://www.welt.de/politik/deutschland/article113695087/Geheimdienst-der-Bundeswehr-bricht-das-Schweigen.html
    “ …. schnell wie die Windhunde!“ möchte man da ausrufen! Beim MAD fängt man doch tatsächlich jetzt(!!!) im Jahr 2013(!!!) an, sich um „IT“ (oder so) zu kümmern – sogar mit richtigen „Experten“:

    „Unser Motto ist: ‚Aus der Truppe für die Truppe‘ „,
    so die von Birkenheier offenbar als griffig empfundene Formulierung, die er beim „WELT“-Interview fallen läßt. Daß man aber bei „aus der Truppe für die Truppe“ unwillkürlich an die NSU denken muß ist Birkenheiers Werbespruch wohl eher ein ‚Rohrkrepierer‘. So nennt man das ja wohl beim Militär.

  4. Jens Blecker sagt:

    Naja nur heiß machen ..gilt nicht 😉 Da müssen dann wenn möglich auch die Ergebnisse folgen gell?

  5. valentin711 sagt:

    Toller Beitrag – gleich verlinkt auf http://terranetz.org der Wahrheits-Community.

  6. Agincourt sagt:

    Naja – es fragt sich, ob dieses Recht auf Auskunft als Grundlage der Informationsfreiheit auch durch den Bürger als Teil der Öffentlichkeit gegen die durch die Rechtsprechung mit aliuden Hoheitsrechten ausgestattete Presse durchsetzbar ist:
    Insbesondere der hier offensichtlich klagende Axel Springer Verlag wäre beim Thema „Nazi-Vergangenheit“ der Redaktion doch ein ergiebiges Betätigungsfeld der Recherche – und das beschränkt sich gewiß nicht auf den verblichenen „Hauptschriftleiter“ Axel-Cäsar Springer.

    Nicht wenige wenigstens der frühen „Springer“-Reakteure dürften sich als stramme Nazis ihre Sporen im SS-Propagandastandarte „Eggers“ verdient haben (wie auch Stern-Nannen etc.).

    Man mag zur jetzt getroffenen BVerwG-Entscheidung stehen wie man will: Das das Verdikt ausgerechnet auf die Klage eines „Springer“-Journalisten erging, macht nun wirklich den Bock zum Gärtner.

    Und nicht allein, weil das Hauptprintmedium dieses Verlages so häufig wie kein anderes Boluevardblatt mittles reißerischer Titel mit Nazi- und Hitler-Themen hausieren geht.

    Dieser Hintergrund darf auch hinter der jetzt entschiedenen Klage vermutet werden.

  7. Jens Blecker sagt:

    „Lehrstunde in Sachen Grundrechte“
    Die SPD wertete den Richterspruch als Schlappe für den Minister. „Der Versuch des Bundesinnenministers Friedrich, die Auskunftsansprüche der Journalistinnen und Journalisten einzuschränken, ist gescheitert“, erklärten die SPD-Abgeordneten Michael Hartmann und Martin Dörmann. Sie forderten eine bundesweite Regelung zur Auskunftspflicht von Bundesbehörden.

    Opposition wertet Urteil als Schlappe: Bundesbehörden müssen Auskunft erteilen – weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/politik/deutschland/opposition-wertet-urteil-als-schlappe-gericht-staerkt-medien-informationsrecht-gegen-bnd_aid_924096.html

  8. Jens Blecker sagt:

    Um was geht es in dem Dokument?

  9. Sasmurtas sagt:

    Zitat:
    „Der Versuch des Bundesinnenministers Friedrich, die Auskunftsansprüche der Journalistinnen und Journalisten einzuschränken, ist gescheitert“, erklärten die SPD-Abgeordneten Michael Hartmann und Martin Dörmann. Sie forderten eine bundesweite Regelung zur Auskunftspflicht von Bundesbehörden.

    Gibt es doch bereits:
    http://www.gesetze-im-internet.de/ifg/BJNR272200005.html

    Eine Klage auf Auskunftserteilung, gemäß Art. 5 I 2 GG, i.V.m. § 1 IFG, wäre hier zielführender gewesen als die Feststellung, dass es irgendein Gesetz nicht gibt (hier: „Bundespressegesetz“, oder ähnliches)

    Das ganze Ding ist wieder eine „Blendgranate“ von den „üblichen Verdächtigen“ (Presse, Exekutive, Judikative) um den Souverän auch weiterhin zum Narren zu halten. Pressekodex, Beamten-, Anwalts- und Richtereid hin oder her.

    Dass sich der Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Jan Hecker nicht selbst gem. § 54 Abs. 2 VwGO, i.V.m. § 48 ZPO geoutet hat, spricht nur einmal mehr für die geplante Inszenierung einer weiteren Farce zur Aufrechterhaltung des „Glaubens an den Rechtsstaat“ in diesem, unseren Lande.

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