Japan-Downgrade: Bedingte Obsoleszenz der Ratingagenturen

Bis zum völligen Verfall der moralischen Werte im Bereich der Wirtschaft, hatten die drei Platzhirsche unter den Ratingagenturen – Moody’s, Standard & Poor’s sowie Fitch – eine unglaubliche Macht. Sank der Daumen über einer Nation oder einem Unternehmen, kam dieses einem Erdbeben für die Betroffenen gleich. Die Kosten für Refinanzierungen und Kreditausfallversicherungen stiegen, oder Aktienkurse brachen ein. Aus diesem Grund war ich am Montag auch ein wenig überrascht, dass der größte Bondhalter der USA abgestuft wurde und ich außer bei Reuters dazu nichts fand.


Börsianer sprechen gerne von einem „No-Event“ wenn Meldungen kommen, die keinen Einfluss auf das Geschehen an den Märkten haben. Ein solches schien die Abstufung von Japan zu sein. Keins der renommierten Wirtschaftsmagazine nahm wirklich Kenntnis davon. Fitch hatte das Rating von zuvor A+ auf A und damit ein weiteres Stück in Richtung „Non Investmentgrade“ gesenkt.

Trotz der „Abenomics“ und unglaublicher Anstrengungen der Notenbank endlich den Kreislauf der Deflation zu durchbrechen, kam die Wirtschaft nicht aus der Kabine. Die Staatsverschuldung ist auf einem historischen Hoch, während das BIP den Rückwärtsgang eingelegt hat.

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Betrachtet man in dem Zusammenhang die Renditen auf Staatsanleihen, haben die sich zwar verteuert, aber das Niveau ist doch erstaunlich.

Quelle: Pigbonds.info

Quelle: Pigbonds.info

Ein weiterer Punkt der interessant ist, die Erklärung bei Reuters. Dort heißt es:

Die langfristige Bonität des Fernostlandes wurde um eine Stufe auf die Note ‚A‘ von zuvor ‚A+‘ heruntergesetzt,[…]

Trotz des niedrigeren Ratings stuft Fitch Japan weiter als Staat mit hoher Bonität – im Fachjargon ‚high investment grade‘ – ein. Allerdings wird das Land nunmehr in dieser Kategorie nicht mehr im oberen, sondern nur noch im mittleren Bereich geführt.[1]

An dieser Stelle fragt man sich, ob ein Praktikant bei Reuters den Dreizeiler verfasst hat. Ein „A“ bedeutet die Mitte des „Upper Medium grade“ und nicht wie dort behauptet „high investment grade“. Aber das nur am Rande.

Der stetig steigende Wettbewerb mit China ist für Japan eine enorme Gefahr. Einzig durch die Innovationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit der japanischen Wirtschaft ist die Nation noch nicht in der Versenkung verschwunden. Die Luft wird allerdings immer dünner. Sieht man sich in dem Zusammenhang meinen Artikel „Harakiri-Ökonomie: Japan größter Bondhalter der USA“ an, kommt man durchaus ins Grübeln. Die USA und Japan bilden eine Schicksalsgemeinschaft und beide stehen auf tönernen Füßen im Wasser. Warum also der mediale Blackout hier derart groß ist, bleibt im Reich der Spekulationen.

Wenn das Rating von Russland oder ähnlichen unliebsamen Nationen auch nur schärfer betrachtet wird, führt das binnen Minutenfrist in ein Beben an den dortigen Märkten. Der Nikkei legte am 27. und 28 sogar noch zu. Darum würde ich auch nur von einer selektiven Obsoleszenz der Ratingagenturen sprechen.

Carpe diem

[1] http://de.reuters.com/article/economicsNews/idDEKBN0NI17Y20150427

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