Börsenkrach, Strohfeuer oder Sturm im Wasserglas?

Sehr zur Freude der Daytrader, scheint die stoische Bergsteigerei an den Börsen ein Ende gefunden zu haben. Denen ist es im wesentlichen völlig egal ob Kurse stark steigen oder sinken, hauptsache die Ausschläge sind heftig, dann nämlich lassen sich satte Gewinne einstreichen. Völlig anders sehen das Menschen die versuchen ihren Lebensabend über Aktien und Anleihen zu sichern und jene deren Lebensunterhalt von einer florierenden Wirtschaft abhängt. Und wie dramatische Beispiele der Vergangenheit zeigen, sind das mehr als man auf den ersten Blick glauben möchte.

Hätte ich diesen Artikel in den drei Jahren nach 2007 geschrieben, kein Zweifel, ich würde zu 100 Prozent binnen Wochenfrist den Beginn des totalen Ausverkaufs an den Märkten erwarten. Man darf jedoch nicht vergessen, nichts ist mehr rational. Unfassbare Summen sind als Stimulus ausgekippt worden, die Zinsen faktisch abgeschafft und sämtliche Regeln gebrochen worden.

Ehrliche Börsenanalysten könnten in der heutigen Zeit eigentlich auch eine Münze in die Luft werfen und Ober- sowie Unterseite eine Richtung zuweisen. Die Erklärungen wären mindestens genauso fundiert. Während Flashcrashs wie in der vergangenen Woche sich – zumindest teilweise – recht einfach auf Sicherungsysteme in Handelspositionen erklären lassen, bleibt der Rest doch eher im Dunklen verborgen. Weder gigantische Skandale, noch hervorragende Unternehmensergebnisse erzielen heute noch eine nachvollziehbare Wirkung an den Märkten. Was aber will man auch von einem Komapatienten erwarten, der künstlich ernährt wird und an einer Herz-Lungenmaschine angeschlossen am vegetieren ist?

Im Juni letzten Jahres übersetzte und untertitelte ich ein Interview von Jim Rogers. „Es ist Zeit sich Sorgen zu machen, der Kollaps steht bevor„, war die Überschrift. Jim, den ich sehr schätze, prognostiziert darin den Beginn von einem niemals dagewesenen Börsenkrachs für das Ende letzten – oder dem Anfang dieses Jahres.

Selbst George Soros, mein lieblingsmisanthrop und Kirschenpflücker ging letztes Jahr gewaltige Wetten ein und setze auf eine mächtige Korrektur. Obwohl dieser Mann zu den mächtigsten Hedgefondsmanagern der Welt gehört, hatte er offensichtlich seinen Einfluß ein wenig überschätzt und verlor daraufhin etwa 1 Milliarde Dollar. Das brachte ihn mit geschätztem Vermögen von 27 Milliarden natürlich nicht an den Bettelstab, allerdings dürfte es sein Ego aufs tiefste beschädigt haben. Immerhin war er seinerzeit in der Lage das britische Pfund nachhaltig zu kastrieren und das trotz massiver Interventionen der Notenbank.

In den vergangenen Wochen tauchte allerdings noch ein weiterer Mitspieler auf, der keinesfalls zu unterschätzen ist – Bridgewater. Es ist der Größte Hedgefonds der Welt mit einem Anlagevermögen von mehr als 160 Milliarden Dollar. Während Ray Dalio, Gründer und Chef von Bridgewater in öffentlichen Kommentaren den Märkten beste Gesundheit bescheinigte, wettete er mit mehreren Milliarden (via Leerverkauf) auf fallende Kurse. Diese Positionen hat er laut Zerohedge auf fast 10 Prozent des Fondsvermögens ausgebaut, 13 Milliarden US-Dollar. Durch entsprechend hohe Beteiligungen an Firmen besteht eine Mitteilungspflicht, was solche Manöver durchaus gefährlich macht. Um die entstandenen Gewinne zu realisieren, müssen die Aktien natürlich zurückgekauft werden.

Um ein Desaster (Short-Squeeze) wie seinerzeit bei der Volkswagenaktie zu verhindern, wurde breit gestreut und darauf geachtet Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung zu bevorzugen. Trotzdem deckt man solche Positionen nicht mal eben nebenbei ein. Bisher sollen auch erst „wenige“ Hundert Millionen „glattgestellt“ worden sein. Es ist also noch ein ordentliches Volumen vorhanden. Das sollten sowohl die Bullen, als auch die Bären nicht aus den Augen verlieren. Es ist auch unwahrscheinlich, dass Bridgewater ein derart hohes Risiko eingeht, ohne sich die Unterstützung weiterer mächtiger Marktteilnehmer zu sichern.

Betrachten wir das oben Geschriebene einmal nüchtern, ist zumindest alles vorhanden was für massive Volatilität – sprich Kursausschläge – nötig ist. Wie man bei der Ehe sagen würde, in Guten wie in Schlechten Zeiten. Betrachtet man jedoch das Große Ganze, fehlt mir für den totalen Absturz noch die Würze in der Suppe. Im Vergleich zu den gigantischen Mengen an „Spielgeld“ die in die Märkte gekippt wurden und werden, muten Spekulationen wie die von Bridgewater doch eher spielerisch an. Die begonnene Zinswende wird dem auf kurz oder lang ein Ende bereiten, soviel ist sicher – wann das allerdings sein wird, steht noch auf einem anderen Blatt.

Würde die anstehende Korrektur ausschließlich durch eine Austrocknung der sprudelnden „Spielgeldquellen“ von statten gehen, würden meiner Ansicht nach die 30er Jahre wie ein Picknick in Disneyland wirken und die damit einhergehende Weltwirtschaftskrise alles in den Abgrund stürzen. Aus heutiger Sicht halte ich das eher für unwahrscheinlich. Ein kräftiger Anschub mittels eines durchdringenden Triggers könnte hier eine sehr starke, schmerzhafte und konkrete Korrektur herbeiführen. Zum Beispiel eine Eskalation mit Nordkorea. Warum ich diese Option für durchaus möglich halte, werde ich in einem anderen Artikel etwas ausführlicher beschreiben. Das kollabierende Geldsystem könnte dann den Weg freimachen für eine staatlich kontrollierte Cryptowährung, basierend auf der Blockchain. Alleine der Gedanke daran beschert mir schlaflose Nächte und jedem Finanzminister sicherlich einen feuchten Traum.

Carpe diem


11 Responses to Börsenkrach, Strohfeuer oder Sturm im Wasserglas?

  1. Jens Blecker sagt:

    Peter Schiff@PeterSchiff
    Feb 9

    The U.S. is headed for a sovereign debt and currency crisis that will make the financial crisis of 2008 look like a Sunday school picnic. It’s finally time to pay the piper for 9 years of fake economic growth the #Fed purchased with QE and ZIRP. Payback’s a bitch!

  2. Jens Blecker sagt:

    Trader: The Dead Cat Bounce Is Ending, „The Situation Remains Bearish“

    https://www.zerohedge.com/news/2018-02-13/trader-dead-cat-bounce-ending-situation-remains-bearish

  3. EuroTanic sagt:

    Die Wahl wird nicht bei der Stimmabgabe gewonnen, sondern beim Auszählen. So könnte es auch heissen.
    Der Kurswert wird nicht durch Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern durch die Darstellung auf den Bildschirmen dieser Börsenwelt?
    Fragen, die mir noch niemand beantworten konnte.
    Wer erstellt die Charts der Börsenkurse?
    Welcher Algorithmus ist dafür zuständig, und ist dieser Opensource?
    Wer ist der Ersteller der Software dafür, und wo stehen die Server mit den Daten, und wer speisst diese ein und wie? Und wem wem gehör dies alles?
    Und wer kontrolliert das Ganze?
    Ich bitte um Antworten. Danke.

  4. Irmonen sagt:

    Wer sein Dasein, seinen Lebensabend oder sein Leben überhaupt über Börsenaktionen, Zinsen und andere Anlagen bestreiten will, will im Grunde eben auch die „arbeitslose“ Daseinsfürsorge ala Leitungsloses Grundeinkommen (obwohl ich da den Turbo-Stress eines hauptberuflichen Börsenprofis nicht abstreiten will).
    Das Schlarafenland bleibt für Viele eben der ewige Menschheitstraum.

  5. Jens Blecker sagt:

    @ Irmchen
    In Nordamerika ist das die völlig normale Form der Alterssicherung. Klassische Rente ist hier nicht ettabliert.

  6. Irmonen sagt:

    @ Jens
    ja da hast du recht.
    Mir war bereits vor meiner IKN Zeit klar, dass die großen US Rentenfonds, via shareholder value, gerade als das Wort in Old Germany bekannt wurde, auch auf unsere deutschen Kosten, unsere Maloche, ihre Renten zu finanzieren beabsichtigten, und immer noch tun. Oder sehe ich das falsch?

  7. Jean Paul sagt:

    @Jens:
    Der „Krieg“ gegen Europa wird los gehen, wenn Trump seinen
    neuen Mitarbeiter bei der FED platzietr hat.

    Dann wird die EUdSSR EZB und auch Teile der CoL in die Zange genommen.

    Ja, es wird dann sehr ungemütlich werden. Damit rechne ich aber schon seit Mitte 2017. Amerikas Politik hat sich grundlegend geändert. Das stimmt.

  8. Jens Blecker sagt:

    @Jean II: Der „Krieg“ gegen Europa wird los gehen, wenn Trump seinen neuen Mitarbeiter bei der FED platzietr hat.

    Das ist bereits vollzogen, Powell hat am 5.2 den Vorsitz übernommen. Siehe: https://www.federalreserve.gov/aboutthefed/bios/board/powell.htm
    Zitat Anfang: „…Jerome H. Powell took office as Chairman of the Board of Governors of the Federal Reserve System on February 5, 2018…“ Zitat Ende.

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